Sicher rodeln mit Kindern
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Sicherheitsaspekte beim Rodeln
Rodeln ist ja auch ganz einfach, das kann doch jede:r – auf die Rodel sitzen und ab geht die Post! Leider sprechen die Einsatzzahlen des Weißen Kreuzes eine andere Sprache: In den Jahren 2020–2022 eilte das Weiße Kreuz 360 Verletzten aufgrund von Rodelunfällen zur Hilfe. Bei 50 weiteren Rodel-Verunfallten war in diesem Zeitraum der Einsatz der HELI-Flugrettung notwendig. Der Schweregrad der Verletzungen war in 9 Fällen leicht bis mäßig, in 37 Fällen mäßig bis schwer, 3-mal schwer und in einem Fall bestand akute Lebensgefahr. Zwar beträgt das Durchschnittsalter der vom Weißen Kreuz versorgten Rodel-Verletzten etwa 30 Jahre, doch auch die Zahl der verletzten Kinder ist groß. Umso mehr gilt es, bereits Kindern die wichtigen Sicherheitsaspekte des Rodelns beizubringen. Wir haben uns mit dem Rodel-Experten Martin Psenner, ehemaliger WM-Bronzemedaillengewinner und 2-facher Vize-Europameister im Naturbahnrodeln und Mitbegründer des Vereins „Sicher Rodeln“, unterhalten, wie wir Rodelunfälle vermeiden und was wir besonders beim Rodeln mit Kindern unbedingt beachten sollten. Viele dieser Sicherheitsregeln gelten übrigens ebenso für das bei Kindern und Jugendlichen im AVS beliebte Ski-Böckl-Fahren.
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Werden die Gefahren beim Rodeln unterschätzt?
Martin Psenner: Ja, viele denken, rodeln kann jede:r, draufsitzen und losfahren. Mittlerweile hat sich dank vieler Sensibilisierungskampagnen aber doch rumgesprochen, dass zum Rodeln mehr gehört. Die größte Gefahr ist die Unwissenheit, wenn wir uns nicht an die Regeln halten, das eigene Können überschätzen und somit uns und andere Rodler:innen gefährden, sowie unzureichende und falsche Ausrüstung.
Welche sind die wichtigsten Verhaltensregeln beim Rodeln?
Psenner: In erster Linie durch verantwortungsvolles Handeln Rücksicht auf andere Rodler:innen zu nehmen. Besondere Achtsamkeit schenken wir den Hinweisschildern und Kreuzungen mit Wanderwegen- und Skipisten. Die Geschwindigkeit und Fahrweise passen wir kontrolliert unserem Können und den Bahnverhältnissen an, halten einen Mindestabstand von 8 Metern auf die Rodler:innen vor uns und überholen ausschließlich an übersichtlichen Stellen. Dasselbe gilt fürs Anhalten, wobei wir enge Stellen schnellstmöglich verlassen. Bei einem Sturz halten wir die Rodel am Riemen fest, hat sich jemand verletzt, sichern wir die Unfallstelle, helfen der Person und setzen eventuell den Notruf 112 ab. Bei Rodelbahnen ohne Aufstiegsanlage erfolgt der Aufstieg immer am Bahnrand und in Kurven auf der Bahninnenseite. Rodeln auf Skipisten ist verboten!
Welche Ausrüstung braucht es beim Rodeln?
Psenner: Die richtige Ausrüstung ist das Wichtigste beim Rodeln und besteht aus warmer Kleidung, knöchelhohen Schuhen mit guter Profilsohle, eventuell auch Bremsaufsätzen oder Spikes, Helm mit Brille und Handschuhen (keine Stoffhandschuhe!). Beim Kauf einer Rodel ist die Größe entscheidend, Einsitzer oder Doppelsitzer, zudem sollte sie beweglich und somit gut lenkbar sein. Bei Kindern darf die Sitzfläche nicht zu breit und nicht zu hoch sein, damit sie sitzend mit beiden Füßen den Boden gut erreichen. Mit nach vorne gestreckten Beinen sollten die Fußgelenksknochen die nach vorne führenden Lenkholme berühren können. Seit 2022 besteht Helmpflicht bis zum 18. Lebensjahr. Auffahrunfälle mit Kopf- und Rückenverletzungen sind die am häufigsten zu beklagenden Unfälle!
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Was ist besonders beim Rodeln mit Kindern zu beachten?
Psenner: Bis zum 5. Lebensjahr sollten Kinder zusammen mit Erwachsenen auf einer 2-Sitzer-Rodel mitfahren. Erst ab 6 Jahren ist es sinnvoll, sie auf einer kindgerechten Rodel allein erste Versuche machen zu lassen. Dabei müssen beide Füße beim Bremsen den Boden erreichen. Als Erstes sollten Kinder lernen, richtig zu bremsen, indem die ganze Schuhsohle flach zum Boden zeigt, um die bestmögliche Bremswirkung zu erzielen. Das Kind fährt voraus und wir Erwachsene in einem Abstand von 8 Metern hinterher, um Gefahren zu erkennen und abzuwenden.
Mit kleinen Kindern fahren Eltern gemeinsam auf der Rodel. Was gilt es zu beachten, damit Kinder nicht abrutschen, sich den Fuß verdrehen oder von uns selbst sogar „überfahren“ werden?
Psenner: Wir sollten unbedingt eine 2-Sitzer-Rodel verwenden. Das Kind nimmt vorne Platz und die Füße des Kindes müssen immer nach außen zeigen und nicht zwischen den Längsholmen sein, damit bei Unebenheiten der Rodelbahn oder Schnee/Eisknollen die Füße des Kindes nicht unter die Rodel gezogen werden. Die Länge des Lenkriemens wählen wir so, dass er gerade bis zur Sitzfläche der Rodel gelangt, somit haben wir Kind und Lenkseil fest in beiden Händen.
Das Mondscheinrodeln ist sehr beliebt. Worauf gilt nachts oder bei schlechter Sicht zu achten?
Psenner: Beim Mondscheinrodeln führen wir eine gut aufgeladene (Stirn)lampe mit, die wir auch beim Aufstieg einschalten, um von abfahrenden Rodler:innen gesehen zu werden. Es ist ratsam, reflektierende Kleidung oder Leuchtstreifen zu tragen. Der Aufstieg erfolgt am Bahnrand im Gänsemarsch. Vor der Abfahrt und am Ziel zählen wir die Anzahl der Personen unserer Gruppe. Alkoholisiert Rodeln ist absolut tabu!
Mit dem Verein „Sicher Rodeln“ bietest du Rodelkurse an. Was lernen die Teilnehmer:innen dabei?
Psenner: Seit 2012 betreue ich in den Skigebieten Reinswald und Rittner Horn einen Rodelpark und biete Familien mit Kindern, Schulklassen oder Vereinen Rodelkurse an. Im Rodelpark sind mehrere Stationen aufgebaut, um das richtige Bremsen, Lenken und Kurvenfahren zu lernen. Kinder können unter Anleitung eines Rodelexperten die ersten Schritte mit eigens zur Verfügung stehenden Kinderrodeln ausprobieren. Bei Rodelkursen lehren wir alles rund ums Rodeln: richtige Ausrüstung, Verhaltensregeln auf Rodelbahnen, die Bauweisen von Rodeln, wie man den Lift samt Rodel benutzt sowie richtiges Bremsen, Lenken und Kurvenfahren. Damit Spaß und Sicherheit gesichert sind!
Ralf Pechlaner, Mitarbeiter AVS-Referat Jugend & Familie