Ambiente | Almerschließung

„Ein Schelm, wer Böses dabei denkt“

Die Südtiroler Biologen Vereinigung fordert, von einer Erschließung der Lahner Alm abzusehen – und vermutet ein weitaus größeres Projekt hinter dem Straßenbau.
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Foto: HPV
„Das Projekt einer Erschließungsstraße zur knapp 2.000 Meter hoch gelegenen Lahner Alm im Naturpark Rieserferner Ahr wurde sowohl von der Dienstellenkonferenz des Landes als auch von den zuständigen Ämtern aufgrund der massiven landschaftlichen Eingriffe in ein fast unberührtes Gebiet mehrmals klar abgelehnt“, betont Norbert Dejori. Der Vorsitzende der Vereinigung Südtiroler Biologen vermutet, dass das Vorhaben durch politischen Druck dennoch realisiert werden soll. Dejori beruft sich dabei auf Stellungnahmen von Robert Steger, Bürgermeisters von Prettau, die dieser dem Online-Portal Salto.bz und dem Sender RAI Südtirol gegeben hat.

 

 
 
Darin erklärte Steger, dass ohne die Bewirtschaftung der Alm das Gebiet verwildern würde, was Nachteile für die Biodiversität zur Folge habe. Diese Aussagen seien laut Dejori nicht nur sonderbar, sie entbehrten auch jeglicher fachlicher Grundlage. „Nachdem wir Südtiroler Biolog:innen das betroffene Gebiet kennen, wäre die ‚Verwilderung‘ der Lahner Alm aus rein ökologischen Gründen und Gründen der Biodiversität kein ‚Horrorszenario‘, wie es sich anhört, sondern im Gegenteil hier wohl eher zu begrüßen: Es hat sich nämlich gezeigt, dass sich Almerschließungen in der heutigen Zeit meist ziemlich nachteilig auf Landschaft, Lebensräume und Natur insgesamt, d.h. auf Biodiversität, auswirken“, so der Vorsitzende der Vereinigung der Südtiroler Biologen.
 
 
 
Die „Verwilderung“ der Lahner Alm ist aus rein ökologischen Gründen und Gründen der Biodiversität kein „Horrorszenario“, wie es sich anhört, sondern im Gegenteil hier wohl eher zu begrüßen.
 
 
Dejori verweist dabei darauf, dass Erschließungen solcher Art fast immer eine intensivere Bewirtschaftung zur Folge hätten. Im Zuge dieser Entwicklung würde die natürliche alpine Flora zunehmend zurückgedrängt, sensible Lebensräume wie Moore würden stark gestört, Bergwiesen noch mehr verarmt und triviale Allerweltsarten – rein durch den Wegebau – bis in alpine Bereiche gefördert. Zudem befinde sich die Lahner Alm in einem Natura2000-Gebiet und der geplante Weg würde durch sensible Lebensräume, allen voran Quellbereiche, Grünerlengebüsch und Hochstaudenfluren – Lebensräume der Flora-Fauna-Habitatrichtlinie und EU-weit unter besonderem Schutz – verlaufen und diese in Teilen zerstören.

 

 

 

„Immerhin wächst im Bereich des Wegverlaufes die Hochtal-Weide (Salix hegetschweileri), ein sehr seltener Alpen-Endemit, der in Italien nur an wenigen Stellen Südtirols vorkommt und für den laut Rote Liste die Provinz Bozen eine besonders große Verantwortung hat“, so Dejori, der weiters erklärt, dass die Baukosten in Höhe von 400.000 Euro volkswirtschaftlich nicht vertretbar seien. Die Alm sei darüber hinaus nur begrenzt landwirtschaftlich nutzbar. In den letzten Jahren wurde nur vier bis sechs Wochen gealpt. Mist kann ohnehin nur auf  0,75 Hektar Wiese ausgebracht werden. Der Großteil der 1,9 Hektar großen Bergmahd darf überhaupt nicht gedüngt oder gegüllt werden, weil es sich um ein ausgedehntes Feuchtbiotop handelt und in Gewässernähe liegt. „Abgesehen davon ist die Alm mit einer Materialseilbahn bereits gut erschlossen und über einen Gehweg in 30 Minuten erreichbar. Der Bau einer 800 Meter langen, teilweise extrem steilen Zufahrtstraße (34 Prozent Steigung) soll rund 400.000 Euro betragen, finanziert zu 70 Prozent aus öffentlichen Geldern“, kritisiert der Vorsitzende.
 
 
Es ist mittlerweile bekannt, dass von österreichischer Seite ein Fahrweg bis zum Joch auf der Lahner Alm gebaut werden soll.
 
 
Es stelle sich hier die Frage, ob die enormen Kosten dieses landschaftlich großen und umstrittenen Eingriffs für eine kleine Alm mit einer derart begrenzten Nutzung überhaupt gerechtfertigt seien, oder ob hier das private Interesse einer Person vor das Gemeinwohl gestellt werden dürfe. Dejori vermutet noch einen weiteren Grund hinter der straßentechnischen Erschließung. Denn es sei mittlerweile bekannt, dass von österreichischer Seite ein Fahrweg bis zum Joch auf der Lahner Alm gebaut werden soll. Damit könnte, falls auch der Erschließungsweg gebaut ist, eine neue attraktive Mountain-Bike-Route eröffnet werden, mit der Lahner Alm als Biker-Treff.
„Ein Schelm, wer Böses dabei denkt“, so Dejori und erklärt: „Nicht nur aus diesem Grund spricht sich die Vereinigung Südtiroler Biolog:innen gegen die den Bau des Erschließungsweges aus und fordert die Landesregierung auf, dieses Projekt nicht zu genehmigen.“
 
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Salto User
Roberto Milesi Gio, 02/09/2023 - 16:37

Festzuhalten gilt außerdem, dass in den letzten drei Jahren die Starkregen Ereignisse den Almboden der Lahner Alm bis zu zwei Drittel komplett vermurt haben. Schutt, Steine und Geröll statt grüne Wiese. Somit ist eine landwirtschaftliche Nutzung realitätsfremd. Im steilen Gelände, das den Almboden umgibt finden Rinder kaum halt und die spärliche Nahrung reicht dort oben nicht aus. Dass hinter diesen gepushten Straßenbau eine weitere strassentechnische Erschließung an der orographisch rechten Seite des Tales Richtung Obere Tauernalm stehen könnte ist nicht ganz auszuschließen, denn von der Oberen Tauernalm erreicht man mit dem E-Bike das Krimmler Joch, der Treffpunkt vieler E-Biker von der österreichischen Seite. Weiters verläuft von der Oberen Tauernalm der Höhen - Forstweg, immer an der orographisch rechten Seite des Tales, zur Fuchsalm und weiter bis zum Hundskehljoch, wo auf der Österreichischen Seite ein gut erschlossener Biker Weg bereits besteht. Die Spekulation einer Hochalpinen Biker Strecke ist hier nicht von der Hand zu weisen. Es geht hier um eine touristische Erschließung, von wegen einer Zufahrtstrasse für den Tierarzt oder einer Verwilderung des Almbodens, der zu zwei Drittel mit Geröll verschüttet ist.

Gio, 02/09/2023 - 16:37 Collegamento permanente
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Evi Keifl Ven, 02/10/2023 - 13:05

AHA! Jetzt ist die Katze aus dem Sack! Von wegen Kühe! Gemolken sollen auf der Alm künftig Biker werden! SO schaut’s aus! Aber dafür liebe Töllderer werden wir unser Steuergeld nicht kampflos hergeben!

Ven, 02/10/2023 - 13:05 Collegamento permanente
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G. P. Ven, 02/10/2023 - 18:50

400.000 Euro Baukosten? Ganz einfach: Ich schlage vor, der Fahrweg wird NICHT gebaut, und der Bauer bekommt dafür 300.000 Euro. Er ist glücklich mit dem Batzen Geld, die Natur ist glücklich und wird es danken und der Steuerzahler hat auch noch 100.000 Euro gespart. Gewinner auf allen Ebenen also ...

Ven, 02/10/2023 - 18:50 Collegamento permanente