Società | Stadtgeschichten

Der Blumenkünstler verlässt Bozen

Nach 13 Jahren schließt Mario Woche seinen legendären Blumenladen in der Bozner Innenstadt und lässt Bozen geordneter - aber ohne seine Blumenkunst zurück.
Mario Woche
Foto: Salto.bz

Der Urwald an Blumen und Pflanzen, der aus den dicken Mauergewölben von Mario Woches Blumenladen in der Dr. Streitergasse hervorquoll, gehörte zum Inventar der Bozner Innenstadt. Ein Inventar, das sich - anders als die vielen sauber geordneten Cafés, Läden und Restaurants der Stadt - in einem farbenfrohen Chaos auf den Pflastersteinen ergoss. Auf diese Weise schaffte Mario Woche, zwischen Fischbänken und Obstmarkt eingeklemmt, seine ganz eigene Kunstwelt - und ärgerte damit Stadtverwaltung und Nachbarn. Seit dem gestrigen 8. März bleibt Mario Woches Blumenladen geschlossen. Woche zieht weiter - und lässt Bozen mit einer kleinen offenen Wunde und um einen der letzten Blumenläden der Innenstadt ärmer zurück.

 

“Ich habe Lust auf einen Neuanfang”, erklärt Woche zwischen Aufräumarbeiten und einigen letzten Verkäufen. “Ich habe das schon ein Paar Mal im Leben gemacht und ich freue mich darauf, jetzt alles neu zu machen. Mich am Morgen zu fragen, wie ich den Tag beginnen werde”. Woche, der ursprünglich aus Deutschland stammt, nun aber schon seit 20 Jahren in Bozen lebt und seit 13 Jahren den Blumenladen in der Streitergasse führt, verkaufte Blumen, Pflanzen, Antiquitäten und andere Kuriositäten. In seinem Laden fanden Weihnachtskugeln, mit Affen verziertes Geschirr und kleine Porzellanvögelchen ganz natürlich zwischen ausgefallenen Pflanzen, Blüten und bunt blühenden Tulpen aus Holland Platz.

 

“Es war ein wichtiger Schritt, den Laden hier aufzumachen”, sagt Woche, “aber im Laufe der Zeit hat sich vieles verändert”. Sowohl im Blumenmarkt, in der Stadt und in seinem eigenen Leben. Die Corona-Pandemie, gestiegene Blumenpreise, sein Freund der in Florenz wohnt, und eine striktere Stadtverwaltung, die ihm alle zwei, drei Monate wegen der überquellenden Blumenpracht einen Strafzettel anhängte. “Sie haben mich 13 Jahre lang in Ruhe gelassen”, berichtet Woche lachend, “bis sich irgendwann einige Nachbarn beschwert haben und die Stadtpolizei mich nach meiner Genehmigung für die Blumen auf der Straße gefragt hat - die ich natürlich nicht hatte”. Daraufhin habe er zwar eine Genehmigung beantragt und bekommen, irgendetwas sei aber immer falschgelaufen - entweder standen die Blumen zu weit rechts, zu weit links oder zu weit in der Straße. Eine Entwicklung, die Woche dem Bestreben der Stadtverwaltung, “alles ein bisschen gleicher, ein bisschen geputzter zu gestalten”, zuschreibt.

 

Dies sei aber kaum der Grund, warum er Bozen verlasse: “Ich werde in die Toskana ziehen und mich dort weiter mit Blumen zu beschäftigen”, so Woche. “Aber auf eine andere Art und Weise: mit mehr Augenmerk dafür, woher die Blumen stammen, weg von Blumen aus Holland und der Konzentration auf den Preis”. Zwischen Arbeit und sozialen Verpflichtungen habe er hier in Bozen kaum Zeit dafür, sich neue Ideen einfallen zu lassen und auch keine Motivation für weitere zehn, zwanzig Jahre alles noch mal von vorne abzuspielen. “Und auch meine Beziehung hat eine Chance verdient”, erklärt Woche gut gelaunt.

 

Zurück bleiben die sich rasch leerenden Gewölbe in der Streitergasse in Bozen, für die bis dato noch kein*e neue*r Besitzer*in gefunden wurde. Ob hier irgendwann ein neuer Blumenladen aufmachen wird, sei noch ungewiss. Es gäbe zwar kaum mehr Blumenläden in der Innenstadt, aber es sei auch nicht ganz einfach, sich hier in diesem Sektor selbstständig zu machen. Nachdem Woche im Dezember beschlossen hatte, den Laden zu schließen, war aber noch kaum Zeit gewesen, um sich um eine Nachnutzung zu kümmern. Ob Woche selbst irgendwann wieder zurückkommen wird? “Wer weiß! Ich will nicht das reumütige Schaf spielen. Jetzt leg ich erst mal los.”