Südtirols Medien haben ein unglückliches Bild abgegeben, indem sie den Inhalt einer Presseaussendung der EURAC nur lückenhaft wiedergeben und falsche Schlüsse daraus gezogen haben. Garniert wurde das Ganze mit reißerischen Headlines, so der Vorwurf des Fischereiverbandes, der seinerseits fragt: „Ist die Kleinwasserkraft ökologisch tatsächlich unbedenklich, wie es die Medienberichte der letzten Tage auf Basis einer Presseaussendung der EURAC suggerieren?“
Konkret geht es im
Bericht der EURAC um eine
Studie zum Saldurbach im Matschertal. Ein Forscherteam der EURAC hat die Kleinlebewesen vor und nach Inbetriebnahme eines Kleinkraftwerkes untersucht. Laut Studienergebnisse konnte über fünf Jahre hinweg – bereits seit 2009 betreibt EURAC Research ökologische Langzeitforschung im Matschertal – keine signifikante Veränderung der Gewässerökologie nachgewiesen werden. Noch vor dem
Kraftwerksbau im Jahr 2015 sei der Saldurbach regelmäßig beprobt worden. Untersucht wurden die Makroinvertebraten – wirbellose Kleinlebewesen, an denen sich gut der ökologische Zustand von Gewässern ablesen lässt bzw. wie er sich wandelt. Die Analyse-Ergebnisse hätten in diesem Zeitraum keine signifikanten Veränderungen ergeben, die in Zusammenhang mit dem Laufkraftwerk stehen könnten. Laut EURAC handelt es sich bei der Studie angesichts der Notwendigkeit, mehr Energie aus erneuerbaren Quellen zu gewinnen, und gleichzeitiger Debatten über ökologischen Auswirkungen solcher Kleinkraftwerke um einen
wichtigen Forschungsbeitrag in einem Bereich, wo noch wenig gesichertes Wissen zur Verfügung steht.
Wie der Biologe Alberto Scotti, Hauptautor der Studie, betont, wird das Habitat dieser Lebewesen unter anderem von der Wassermenge und den Sedimenten bestimmt. Daher sei es essentiell, dass ein Kraftwerk nicht zu viel Wasser ableitet, „das Saldurkraftwerk hat offenbar die richtige Dimension.“ Dass kein ökologischer Schaden festzustellen war, liege auch an den Eigenschaften des Saldurbaches im untersuchten oberen Abschnitt: Dort leben nämlich keine Fische. Aufgrund dieser Tatsache und der Berichterstattung in den Medien – die entsprechenden Beiträge wurden fein säuberlich aufgelistet – sah sich der Fischereiverband gezwungen, die „irreführende Presseaussendung“ zu kritisieren. Diese gebe ausgerechnet jenem Faktor unzureichend Raum, welcher ausschlaggebend für das Ergebnis der Studie sei – nämlich die Abwesenheit der Fischfauna. „Und selbstverständlich gilt unsere Kritik auch der Oberflächlichkeit, mit welcher Südtirols Medien die Inhalte dieser Presseaussendung kritiklos und ohne zu hinterfragen wiedergeben“, so Markus Heiss, Präsident des Fischereiverbandes Südtirol. Laut Heiss hätte des Autor der Studie, Alberto Scotti, unter Wahrung der wissenschaftlichen Sorgfaltspflicht in der Aussendung bereits zu Beginn klar ersichtlich und eindeutig auf das Nichtvorhandensein einer Fischfauna hinweisen müssen – und nicht erst am Ende der Presseaussendung.
Die zitierten Medienberichte würden bereits in den Schlagzeilen suggerieren, dass das Kleinwasserkraftwerk ökologisch unbedenklich sei. „Das ist nicht korrekt und im Prinzip als Fakenews zu werten“, so Heiss, der ausführt, dass unzählige Untersuchungen zweifelsfrei belegen würden, dass die Kleinwasserkraft die Fischfauna stark negativ beeinträchtigt. Dabei wird auch auf eine Aussage von Scotti verwiesen, die er im EURAC Magazin Interview (https://www.eurac.edu/de/magazine/unsere-daten-zeigen-keinen-einfluss-des-kraftwerks-auf-die-gewasserokologie) getätigt hat und wo es heißt: „Unsere Studie liefert keinen Grund, sie unter Bedingungen wie am Saldur abzulehnen: also an einem steilen Gebirgsbach, in dem keine Fische leben – mit Fischen wäre die Situation natürlich eine ganz andere.“
Das ist nicht korrekt und im Prinzip als Fakenews zu werten.
Unsauberes Arbeiten wird Scotti auch im weiteren Verlauf der Presseaussendung vorgeworfen. So will der Präsident des Fischereiverbandes beispielsweise wissen, auf welche Daten sich Scotti stützt, wenn er behauptet, dass es in Südtirol und in den ganzen Alpen viele solcher Bäche gebe. „Nach unserem Kenntnisstand ist sie nicht korrekt: Gewässer dieser Größenordnung bzw. mit dieser Wasserführung beheimaten in der Regel viel öfter Fische als nicht. Der Saldurbach stellt eindeutig die Ausnahme und nicht die Regel dar, da es sich um den Typus eines gletscherbeeinflussten Baches mit starker Geschiebeführung handelt, den es im Verhältnis zu nicht oder nicht stark gletscherbeeinflussten Bächen in Südtirol bzw. im Alpenraum viel weniger oft gibt“, erklärt Heiss, der in weiterer Folge kritisiert, dass es irreführend und im Prinzip reines Greenwashing sei, den Ausbau der Kleinwasserkraft mit dem Erreichen der Klimaziele von Paris in Verbindung zu setzten. Um die Klimaziele von Paris zu erreichen, müsse nicht etwa die Energieproduktion aus Wasserkraft zunehmen, sondern bis 2030 die Emission von Treibhausgasen EU-weit um mindestens 40 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 gesenkt werden. „Welchen erwähnenswerten Beitrag die Kleinwasserkraft dazu leisten kann, erschließt sich uns nicht. In Südtirol tragen die über 850 Kleinwasserkraftwerke (der über 1.000 Wasserkraftwerke insgesamt) mit mittlerer jährlicher Nennleistung bis 220 kW beispielsweise lediglich rund drei Prozent zur Stromproduktion bei“, so Heiss, der weiters erklärt, dass es sicher nicht dem Fischereiverband Südtirol obliege, den Mehrwert dieser Forschungsarbeit wissenschaftlich zu beurteilen.
„Wir kritisieren aber aufs Heftigste den leichtfertigen Umgang der EURAC mit dem Thema Kleinwasserkraft, indem eine zu stark verkürzte Presseaussendung versandt wurde, die offensichtlich sehr leicht durch die diversen Medien missinterpretiert wird, zumal in den Meldungen der wichtige Hinweis auf das Nichtvorhandensein der Fische völlig fehlt oder nur am Rande erwähnt wird. ‚Kleinwasserkraft ist ökologisch unbedenklich‘ lautet die Kernbotschaft, die beim Leser in Erinnerung bleibt!“, erklärt der Präsident des Fischereiverbandes und betont, dass Forschungsresultate zu einem einzigen Wasserkörper nicht dazu missbraucht werden sollten, um eine Art Freibrief für die Kleinwasserkraft in der öffentlichen Meinung zu erwirken.
Wenn Roberta Bottarin in der
Wenn Roberta Bottarin in der Rai behauptet, die Eurac betreibe keine Auftragsarbeit, dann ist das schlichtweg falsch. Die Eurac betreibt sehr wohl Auftragsarbeit. Der Anteil an Drittmittelprojekten und Auftragsarbeit nimmt an der Eurac seit Jahren zu (siehe Jahresberichte). Dabei wird von Seiten der Auftragsgebern oft starker Druck ausgeübt und die Forscher der Eurac geben meistens klein bei, da der Fall sonst gleich an die Chefetagen weitergeleitet wird. Das ist schade. Vielleicht sollte die Eurac beginnen die genaue Finanzierung der Projekte (und darausfolgenden Publikationen) offenzulegen. Dies ist mittlerweil eigentlich Standard.
In risposta a Wenn Roberta Bottarin in der di Martin Egger
Herr Egger, die Studie war
Herr Egger, die Studie war keine Auftragsforschung, sondern Ergebnis eines jahrelangen Monitorings, finanziert durch die Autonome Provinz Bozen. Es gab weder Druck von irgendwoher, noch hat irgendjemand klein beigegeben. Die Publikation finden sie hier: https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fenvs.2022.904547/full
Erstaunlich, wie manche lieber die eigene Ahnungslosigkeit offen zur Schau stellen, anstatt sich vorher mit ein paar wenigen Mausklicks oder einem Mail zu informieren.
In risposta a Herr Egger, die Studie war di Georg Niedrist
Lieber Herr Niedrist, die
Lieber Herr Niedrist, die Studie habe ich mir sehr wohl angesehen. Im Artikel finden sich jedoch keine Angabe zum Auftraggeber oder Finanzierung. Dass die Angabe der Finanzierung mittlerweile wissenschaftlicher Standard ist, scheint Ihnen egal zu sein. Sie verweisen nun hier auf Salto.bz auf eine Finanzierung des Projekts durch die Autonome Proviz Bozen. Gab es hierfür eine Direktvergabe durch das Land? Denn in der Leistungsvereinbarung findet sich kein Punkt, welcher dieses Projekt beinhalten würde. Falls es keine Direktvergabe gab, stellt sich mir die Frage wer der Auftraggeber war und vorher die Mittel kamen. Im Sinne der Transparenz (und Einordnung der Resultate) wäre es sehr wichtig zu wissen, wer die Studie finanziert hat. Letztlich, und darauf zielte mein ursprünglicher Kommentar eigentlich ab, sind die Studien der Eurac aufgrund dieser Intransparenz immer schwierig zu beurteilen. Man weiß nie, ob eine Studie nun wissenschaftlicher Natur ist (was bei dieser Studie durchaus möglich ist) oder von einem Verband oder Privaten beauftragt wurde und das Ergebnis schon vorher feststand. Eigentlich schade.