Sport | Thai Boxen

„Mit seinen Ängsten kämpfen“

Am Samstag geht die Reihe von Prestige- und Titelkämpfen der Muay Thai-Damen Südtirols weiter. Wir sprechen mit Desireé Righi, die vom Fußballplatz in den Boxring ging.
Desireé Righi
Foto: SALTO
  • Frau Righi, wie kam es dazu, dass Sie sich für Muay Thai entscheiden haben? Sie waren bereits als Defensivspielerin beim FC Südtirol…

     

    Desireé Righi: Die Passion für den Kampfsport war immer schon da. Als ich noch klein war, war ich im Passeiertal Teil des Kickboxvereins für einige Jahre. Dann musste ich mich entscheiden, ob ich mit dem Fußball oder dem Kampfsport weitermache und meine Laufbahn ging mehr zum Fußball. 2019 bin ich dann nach Thailand gefahren und habe dort das erste Mal Muay Thai praktiziert. Kampfsport hatte mich immer schon fasziniert und ich beschloss, wieder mehr in diese Richtung zu gehen und habe in Thailand Muay Thai trainiert. Als ich wieder in Südtirol ankam, habe ich erst etwas Kickboxen im Passeiertal trainiert und bin dann durch Franz (Haller) nach Bozen gekommen um effektiv Muay Thai zu machen.

  • Desireé Righi: „Man darf nicht wütend werden, ansonsten geht das schief.“ Foto: SALTO

    Welches waren die Umstellungen, wie wird Kampfsport in der Halle von Sing Noi Muay Thai anders praktiziert als im Passeiertal?

     

    Ich muss sagen, dass Muay Thai schon mal anders ist als Kickboxen an und für sich, weil man auch Ellenbogen und Knie zur Verfügung hat. Der ganze Ablauf ist dadurch anders, statischer. Man kann auch dynamisch kämpfen, aber es ist anders als beim Kickboxen. Wir „Clinchen“ auch viel im Muay Thai, was mir sehr gut gefällt. Da war ich mir am Anfang nicht so sicher, aber mittlerweile bin ich darin besser geworden.

  • Was gibt Ihnen Muay Thai das Sie beim Fußball vermisst haben?

     

    Ich muss sagen, ich habe wieder eine Herausforderung gefunden. Nach einer langen Zeit beim Fußball verliert man diese Herausforderung vielleicht etwas und ich wollte immer nach oben und das wird hier in Südtirol schwierig in der Serie A und den oberen Ligen zu spielen. Am Kampfsport gefällt mir an sich das Training sehr gut. Ich bin sehr zielstrebig und habe mein Leben lang sehr viel trainiert. Da braucht es ganz viel Disziplin um in den Ring zu steigen und mit sich selbst und seinen Ängsten zu kämpfen. Das gibt mir sehr viel. 

     

    Im Fußball ging es also nicht mehr weiter. Über die Professionalisierung des Frauenfußballs in Italien wurde bis zum 1. Juli 2022 lang geredet. Ist das ein strukturelles Problem, das dazu führte, dass Sie in diesem Sport keine Zukunft für sich sahen?

     

    Genau. Es ist sicher in den letzten Jahren vieles weitergegangen, nachdem ich mir gesagt habe, dass es so wie es ist, passt. Es ist einfach schwierig im Frauenfußball gerade in Südtirol weiter nach oben zu kommen. Dafür hätte ich weggehen müssen und ich bin sehr „heimatverbunden“, was auch ein Grund war.

  • Zu den Kämpfen

    Für Desireé Righi geht es am Samstag in 5x3 Runden gegen Marika Pagliaroli um den Italientitel (bis 61 Kilo). Sing Noi Muay Thai-Kollegin Magdalena Pircher hingegen wird ebenfalls über 5x3 Runden mit der Ägypterin Hoda Walid um den MMU Mediterranean Title (bis 51 Kilo) kämpfen. Vier weitere Athletinnen der Halle werden Prestigekämpfe über 3x3 Runden bestreiten.

     

    Die Defensivspieler im Männerfußball gelten als die gröbsten am Platz. Helfen Erfahrungen im Kampfsport und eine gewisse Aggressivität oder sollte man das besser vom Platz lassen?

     

    Ich hatte sowohl im Fußball eine defensive Position, als auch aktuell, wenn ich in den Ring steige. Dort bin ich jemand, der gerne auskontert und bin nicht jemand, der sofort nach vorne stürmt. Es ist aber immer gut, wenn man beide Seiten, die Offensive und Defensive trainiert. Das ist eine große Herausforderung für mich, da aus mir selbst herauszukommen und das zu lernen.

  • War die für den Kampfsport notwendige Grundaggression bereits vor dem Einstieg in Muay Thai und Kickboxen da oder mussten Sie sich diese antrainieren und Hemmschwellen abbauen, um nicht daran zu denken, dass man jemanden verletzen könnte?

     

    Ich muss sagen, da tue ich mir generell schwer damit. Die Kampfsportlerinnen, die ich kenne, sind eher ruhig und auch beim Training geht es nicht aggressiv zu. Man muss das schon „erwecken“, eine gesunde Aggressivität. Der Kopf muss immer da sein, man darf nicht wütend werden, ansonsten geht das schief. Ich muss sagen, das ist eine Frage der mentalen Vorbereitung.

     

    Wenn wir vom Lernen sprechen: Was üben Sie in der Vorbereitung auf den Kampf am 9. Dezember besonders?

     

    Ich versuche, meine Gegnerin vor dem Kampf zu studieren und mich auf das vorzubereiten, was mich im Ring erwartet. Ich versuche mich technisch zu steigern und auch meine Kondition zu verbessern. Ein Titelkampf geht über 5 mal 3 Minuten, ansonsten sind es 3 mal 3. Dafür muss auch die Luft passen.

     

    Wie schätzen Sie Ihre Gegnerin ein? Wo sehen Sie Marika Pagliarolis Stärken und Schwächen?

     

    Ich habe vor jedem Gegner Respekt und das denke ich ist auch wichtig. Die Gegnerin, auf die ich im Dezember treffen werde, bewegt sich gut, hat viel Erfahrung und ist locker. Sie ist auch eher defensiv konternd und wartet erst mal eher ab. Das wird sicher spannend.

  • Rot gegen Blau: Die Farben sind die gleichen geblieben, der Sport ist ein ganz anderer. Foto: Fabio Fazzari und Mara Ramella

    Am 25. November war Tag gegen Gewalt an Frauen. Gibt es etwas, das Sie zu diesem Thema sagen möchten?

     

    Ich bin neben dem Kampfsport auch Fitnesstrainerin und biete auch Selbstverteidigungskurse an. Es ist ausgesprochen wichtig, dass Frauen das Recht und die Möglichkeit haben, „Nein“ zu sagen. Da ist das Vertrauen in einen selbst ganz wichtig und mir ist es wichtig, dass man daran auch in Zukunft viel arbeiten kann.

  • Ist es wichtiger die Mädchen zur Selbstverteidigung zu schicken, oder die Buben so zu erziehen, dass sie körperliche Autonomie anerkennen und einsehen, dass Gewalt in einer Beziehung nichts verloren hat?

     

    Das ist sicherlich auch wichtig und auch eine Erziehungssache. Es ist aber auch wichtig, dass sich die Frau auf dem gleichen Punkt wie der Mann und als nicht minderwertig sieht und dafür braucht es Selbstsicherheit. 

     

    Vielfach geht es auch um ein Sicherheitsgefühl. Fühlen Sie sich, seit Sie Kampfsport praktizieren, auf der Straße sicherer?

     

    Ja, aber nicht, weil ich eine Kampfsportlerin bin und reagieren könnte. Wenn auf der Straße etwas passiert, dann sind das immer Ausnahmesituationen. Auf der Straße ist es sicher etwas anderes, als im Sport, wenn man in den Ring steigt. Im Sport sieht das anders aus. Weil man aber auch selbstbewusster und selbstsicherer ist, fühle ich mich einfach auch sicherer.

     

    Wie sicher fühlen Sie sich vor Ihrem nächsten Kampf?

     

    Der Kampfgeist kommt und geht. Es gibt Momente und Momente. Ich weiß, ich habe gut trainiert und werde mich, was das anbelangt, auch sicher fühlen, aber es ist wie im Training ein Auf und Ab und tagesabhängig. Ich freue mich jedenfalls.

  • Die Kämpfe finden am 9. Dezember im Bozner Four Points (Buozi Straße) statt. Einlass ist ab 17.30, Veranstaltungsbeginn um 18.30 Uhr. Karten gibt es hier.