Renzi in der Sackgasse

Eine Reform pro Monat wollte der neue Premier stemmen.
Doch der Motor des Turboreformers ist ins Stottern geraten.

Renzis rasantes Tempo scheitert an den in Italien schon immer starken Kräften der Beharrung. Seit Jahren werden Reformen  von mächtigen Lobbys und Korporationen nach Kräften verzögert.

Die seit Monaten angekündigte Abschaffung des Senats wird nach vier Lesungen in Kammer und Senat bestenfalls im Frühjahr 2015über die Bühne  gehen. Das umstrittene Wahlrecht mit seinen drei Sperrklauseln ist Gegenstand heftiger Polemiken. Forza Italia droht damit, die Reform des Senats platzen zu lassen, falls Renzi einige Vorschläge der Fünfsterne-Bewegung akzeptiert. Reformen müssen freilich nicht nur beschlossen, sondern auch durchgeführt werden. Hier zeichnet eine Mitteilung der Regierung ein geradezu desaströses Bild: für Gesetze der Regierungen Monti, Letta und Renzi fehlen insgesamt 812 Durchführungsbestimmungen. Im Klartext: 40 Prozent der Gesetze Montis, 75 Prozent jener Lettas  und 16 Prozent jener Renzis sind nie in Kraft getreten, weil die entsprechenden Durchführungsbestimmungen fehlen.  

Wichtige Dekrete Renzis wie die Reform der öffentlichen Verwaltung liegen in den Parlamentsausschüssen und sind vom Verfall bedroht, wenn sie nicht innerhalb weniger Wochen verabschiedet werden. Das Grundübel: während Großbritannien mit 3000 Gesetzen auskommt, sind es in Italien über 150.000. Gleichzeitig produziert der Amtsschimmel ununterbrochen neue Normen: 629 Bestimmungen hat allein die Steuerbehörde in den letzten sechs Jahren erlassen. Die Hinterziehung von geschätzten 150 Milliarden Euro jährlich wurde dadurch nicht nennenswert reduziert. 46 verschiedene Arbeitsverträge mit entsprechendem Regelwerk machen Unternehmern das Leben schwer. Für den vom Parlament gebilligten Jobs act fehlen noch immer die begleitenden Bestimmungen. Verantwortlich dafür sind die von Renzi gehaßten Ministerialbürokraten - eine der mächtigsten Lobbys des Landes. Ein erster Versuch der Regierung, die Durchführungsbestimmungen in die Zuständigkeit des  Chigi-Palastes zu verlegen, ist vorerst gescheitert.

Ergebnis: von den 33 im Amtsblatt veröffentlichten Gesetzen Renzis sind 24 noch nicht in Kraft getreten, weil die erforderlichen Durchführungsbestimmungen fehlen. Um diese Mißstände abzustellen, wird der ungeduldige Premier einen langen Atem benötigen.