Politica | Landtag

Recht auf Gewerkschaft

Der Landtag treibt die Überprüfung des ASGB auf seinen Status als "repräsentativste Gewerkschaftsorganisation" voran. Steger: "Tägliche Verteidigung der Autonomie."

“Der italienische Zentralismus erfordert eine tägliche Verteidigung der Autonomie.” Unmissverständlich tut Dieter Steger seine Meinung kund. Es geht im Landtag um die “repräsentativste Gewerkschaft der deutschen und ladinischen Arbeitnehmer”, den ASGB, als der SVP-Fraktionssprecher meint, auch das Recht einer Minderheit, sich selbstständig in einer Gewerkschaft zu organisieren, sei mit dem alltäglichen Kampf gegen zentralistische Tendenzen im Stiefelstaat verbunden. Dass sich der Landtag nach Jahren endlich wieder mit dem ASGB und seinem Sonderstatus, den der Gewerkschaftsbund seit seiner Gleichstellung mit den konföderierten Gewerkschaften 1978 einnimmt, beschäftigt, hat mit dem Schiedsspruch des Verwaltungsgerichts im Frühjahr dieses Jahres zu tun. Darin fordern die vier Richter den Landtag auf, die vorgeschriebene periodische und seit Langem ausstehende Überprüfung, ob der ASGB die Kriterien der “repräsentativsten Gewerkschaftsorganisation” erfüllt, über die Bühne zu bringen. Doch niemand wusste bislang so recht, wie eine solche Überprüfung durchzuführen sei.

“Der Entscheidung des Verwaltungsgerichts muss man Folge leisten, aber sie ist sehr schwer umzusetzen”, gesteht Dieter Steger im Laufe der Landtagsdebatte ein. Warum es dem Landtag bislang offensichtlich unmöglich war, den Status des ASGB zu überprüfen, zeichnete ein salto.bz-Artikel bereits im Mai dieses Jahres nach:

Laut Gesetz ist der ASGB eine Minderheitengewerkschaft der Deutschen und Ladiner. Demnach hat die Gewerkschaft nur deshalb einen Sonderstatuts. Doch der ASGB hat seit vielen Jahre auch italienische Mitglieder oder Ausländer, die in den Bund eingeschrieben sind. Damit aber – so die einhellige Meinung aller Gewerkschafts-Experten – muss die Südtiroler Gewerkschaft den Status der “repräsentativsten Gewerkschaftsorganisation” verlieren. Weil er nicht mehr jene Kriterien erfüllt, die ihm diesen Statuts zuerkannt haben.

Genau hier aber beginnt ein größeres Problem. Obwohl es unbestritten ist, dass der ASGB unzählige Mitglieder hat, die nicht Deutsche oder Ladiner sind, wird die Umsetzbarkeit des Schiedsspruches mehr als schwierig.
Denn wie soll man die ethnische Zugehörigkeit der Mitglieder erheben? Der ASGB kann von seinen Mitgliedern nicht die Sprachgruppenzugehörigkeit verlangen. Vor allem aber gehört diese Angabe zu den sensiblen Daten einer Person. Sie darf damit auch dem Landtag nicht ausgehändigt werden.

Und genau an diesem Punkt setzt der Beschlussvorschlag des Landtagspräsidiums, der im Anschluss an die Debatte mehrheitlich angenommen wurde, an: Der Landtag wird bei der Datenschutzbehörde klären lassen, ob er zur Sammlung und Verarbeitung geschützter Daten, konkret, der Angaben zur Sprachgruppenzugehörigkeit, berechtigt ist. Dazu hatte Steger einen Änderungsantrag vorgelegt, mit dem Schritte gefordert werden, um eine Änderung der einschlägigen Autonomiebestimmungen zu erreichen – eine Anpassung der Datenschutzbestimmungen.

Einer, der sich klar für die Annahme von Stegers Änderungsantrag ausspricht, ist Helmuth Renzler. Er warf dem SGB/Cisl, der das Urteil vor dem Verwaltungsgericht erwirkt hatte vor, dem ASGB die Gleichstellung mit den gesamtstaatlichen Gewerkschaften aberkennen und eine eigenständige Vertretung der Südtiroler Arbeiterschaft “mundtot” machen zu wollen. “Minderheitenschutz besteht nicht nur im Tragen der Tracht und in der deutschen Schule”, so Renzler wörtlich. Sondern eben auch darin, das Recht einer Minderheit, sich autonom in einer Gewerkschaft zu organisieren, zu garantieren. Zustimmung durch die Bank, auch von den deutschsprachigen Oppositionsparteien. So kam es schließlich, dass die Prämissen des Vorschlags, ebenso wie der 4. Teil (Abänderungsantrag von Dieter Steger) mit jeweils nur einer Enthaltung angenommen wurden. Die anderen Teile wurden mit einer Gegenstimme und sechs Enthaltungen abgesegnet.