Società | Brauchtum

Heiliger für alle?

Martinsumzug oder Laternenfest? Pünktlich zum Fest des Heiligen Martin startet auch heuer eine politische Diskussion über Brauchtum in Zeiten von Multikulti.
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Foto: Facebook

„Martinsumzüge müssen Martinsumzüge bleiben“, findet SVP-Fraktionsvorsitzender Dieter Steger am Tag vor Martini. Anlass für diese Feststellung? Berichte, wonach in mehreren Südtiroler Gemeinden aus Rücksicht auf neue MitbürgerInnen aus anderen Kulturen auf die traditionellen Martinsumzüge verzichtet werde. Oder konkreter gesagt: In den meisten Fällen finden die Umzüge in diesen Tagen dennoch statt – wenn auch unter neutralen Bezeichnungen wie Laternenfest oder Laternnenumzug.

Für die Freiheitlichen nicht das erste Mal ein gefundenes Fressen: „Jedes kleine Abrücken von Traditionen und Bräuchen unserer Heimat aufgrund einer falsch verstandenen Toleranz gegenüber verschiedenen Einwanderergruppen ist eine Bankrotterklärung unserer Wertegemeinschaft“, donnert die freiheitliche Fraktionssprecherin im Landtag, Ulli Mair. „Mit der Umbenennung der St. Martinsumzüge in Lichterfeste oder Sonne-Mond-und-Sterne-Feste wird ein beispielloser Kulturrelativismus betrieben, der den christlichen Kontext ausblendet und künstliche Allerweltfeste schafft.“ Laut der Freiheitlichen gehen dadurch der tiefere Sinn und die eigentliche Wertevermittlung – und damit auch ein Stück Heimat – verloren. Mair forderte von Schullandesrat Philipp Achammer zu der Thematik Stellung zu beziehen und vor allem Aufschluss über die Situation an Südtirols Schulen und Kindergärten vorzulegen.

"Tradition ladet ein"

Vorerst übernahm das am Tag vor dem eigentlichen Martini-Fest allerdings der SVP-Fraktionssprecher. Und der teilt in der Frage inhaltlich mehr oder weniger die freiheitliche Position.  „Diese Art der Solidarität ist falsch“, verurteilt auch Dieter Steger künstliche Abänderungen des traditionellen Festes.  Wenn unsere Kinder plötzlich das Martinslied nicht mehr singen dürfen und die Legende des sympathischen Heiligen Martins nicht mehr erzählt oder nachgespielt werden darf, dann werden sich in Südtirol Verständnislosigkeit und Unmut breit machen“, meint er. „Auf wessen Kosten dieser Groll letztendlich geht, versteht sich wohl von selbst.“

Vor allem, ist sich der SVP-Fraktionsvorsitzende sicher, dass jeder „solidaritätsbewusste Einwanderer“  die Bräuche seiner neuen Heimat akzeptieren werde. „Wahrscheinlich will er sie sogar besser kennenlernen und verstehen. Kein Einwandererkind wird sich an der Mantelteilung des Heiligen Martins stoßen", so Steger. Vielmehr sei es Aufgabe aller, Kindern einen solchen Solidaritätsgedanken mit Bedacht zu vermitteln. „Tradition gehört zu uns, sie prägt unseren Charakter, macht unsere Gastfreundschaft aus, sie hält uns zusammen und sie ladet ein", betont er. Umso mehr hofft der SVP-Fraktionsvorsitzende, dass die einfachen Laternenumzüge am Martinstag die Ausnahme bleiben und sich stattdessen viele Immigrantenkinder an traditionellen, schönen und echten Martinsumzügen erfreuen können.“