Politica | Haushaltsgesetz

Kein Manöver für die Märkte

Auch wenn sich diese Regierung in der öffentlichen Meinung gut „vermarktet“, ist das Haushaltsgesetz für abhängig Beschäftigte und Rentner untragbar!
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Foto: marco_rubino_shutterstock
  • Daher sind zwei Streiks eine erste Antwort, ein nationaler des öffentlichen Dienstes und der dazugehörigen ausgelagerten Dienste, der Bildungseinrichtungen, der Post, des Transportwesens und der Umweltdienste am 17. November. Am 24.11 folgt ein regionaler Streik des gesamten Privatsektors. Der Streik wurde von der gesamtstaatlichen CGIL und der UIL ausgerufen.

    Die Auswirkungen des Haushaltsgesetzes werden auch in der Provinz Bozen, wo die hohen Lebenshaltungskosten seit langem ein Problem für einen großen Teil der Bevölkerung darstellen, nicht weniger negativ sein als auf dem restlichen Staatsgebiet.

    In Rom schreitet der Abbau des öffentlichen Gesundheitswesens weiter voran, und eines der Hauptziele unserer Gewerkschaften wird es sein, dies im Südtiroler Haushaltsgesetz, angesichts der lokalen Finanzierung des Gesundheitswesens, zu verhindern.

    In Bezug auf das nationale Haushaltsgesetz hat die CGIL einen kritischen Ansatz: Wir fordern ein Haushaltsgesetz für die Arbeitnehmer, die Rentner, die prekär Beschäftigten und die jüngeren Generationen, denn das eigentliche Problem ist nicht nur die Staatsverschuldung, sondern auch das Bruttoinlandsprodukt, das nicht zuletzt aufgrund der Politik der Regierung stagniert.

    Die entscheidende Frage ist also, wie man,  auch zur Sicherung der öffentlichen Finanzen, Investitionen, Wachstum und BIP wiederbeleben kann. Wir können die positive und enthusiastische Einschätzung der Regierung nicht teilen, die von einem „Expansionsgesetz“ gesprochen hat.  Dies ist nicht der Fall; im Gegenteil, viele Fachleute sind überzeugt, dass die vorhergesehene Wachstumsrate der Regierung zu hoch angesetzt ist. Auch sind die Investitionen inflationsbereinigt in vielen Bereichen niedriger als 2022, obwohl nominal anscheinend mehr Geld zur Verfügung steht.

    So werden die öffentlichen Ausgaben über den Dreijahreszeitraum im Durchschnitt real um bis zu 10 % gekürzt, angefangen bei Gesundheit und Bildung.

    Aber die Regierung lässt es nicht dabei beruhen. Mit dem Manöver kehrt sie nämlich zur alten Politik der linearen Kürzungen zurück, indem sie auch die nominalen Ausgaben der Ministerien (2 Milliarden) und der Regionen und lokalen Autonomien (600 Millionen pro Jahr von 2024 bis 2028) kürzt. Dies hat sich bereits in der Vergangenheit als Trugschluss herausgestellt und gefährdet die Funktionen und die erbrachten öffentlichen Dienstleistungen, es sei denn, es kommt zu einer Erhöhung der regionalen und kommunalen Steuerlast, die hauptsächlich die Arbeitnehmer und Rentner trifft.

    Die für die Erneuerung der Kollektivverträge der öffentlich Bediensteten 2022/2024 angekündigten Mittel reichen nicht einmal annähernd aus, um die in den vergangenen Jahren verlorene Kaufkraft zu garantieren. Unter der Annahme, dass die im Haushaltsgesetz vorgesehenen 5 Milliarden tatsächlich einem Anstieg der Gehälter von +5,78 % entsprechen, muss man laut Istat davon ausgehen, dass sich der kumulative Kaufkraftverlust für den Zeitraum von 2022/2024, wie im technischen Bericht angegeben, auf 16,9 % beläuft. Diese Daten reichen aus, um zu verstehen, dass unter diesen Umständen die schleichende Verarmung der betroffenen Arbeitnehmer sich endgültig zu verfestigen droht.

    Das Haushaltsgesetz enthält also keine Antwort auf die allgemein dramatische Lohnnotlage, die angesichts der hohen Inflation der letzten Monate die Kaufkraft von Millionen von Arbeitnehmern und Rentnern bereits ausgehöhlt hat und weiter aushöhlt. Trotz sinkender Inflationsraten bleiben die Preise hoch und auch das viel gepriesene "Trikolore-Quartal" wird daran wenig ändern.

    „Wehret den Anfängen!“ Das erste Kapitel der Steuerreform - die Zusammenlegung der ersten beiden Steuerklassen – macht das System weniger progressiv und zielt ausdrücklich auf eine Flat Tax ab. Diese bringt aber nur den höheren Einkommen größere Vorteile.  Außerdem ist eine Steuerreform, die nur ein Jahr Gültigkeit hat, ein Absurdum, außer man hat eigentlich andere Absichten. Auch dauert die bestätigte Beitragsreduzierung für abhängig Beschäftigte für 2024, ein Hauptpfeiler des Haushaltsgesetzes, nur bis 31.12.24.  Unter dem Strich wird auch das nächste Haushaltsgesetz 2025 mit einer Hypothek belastet, denn in einem Jahr müssen wir erneut ca. 15 Milliarden auftreiben, um diese Maßnahmen zu bestätigen, oder die Gehälter der Arbeitnehmer um denselben Betrag kürzen. Wir haben hingegen eine strukturelle Maßnahme im Haushaltsgesetz gefordert.

    Obwohl Armut, soziale Not, Ausgrenzung und Ungleichheit zunehmen, kürzt man weiter längerfristig die Mittel für die lokalen Gebietskörperschaften und stellt keine Gelder für die Finanzierung universeller Instrumente zur Armutsbekämpfung und Einkommensstützung bereit.

    Das Kapitel Renten ist ebenfalls kritisch. Die Mehrheit hatte versprochen, das „Monti/Fornero-Gesetz "abzuschaffen, stattdessen wird es sogar noch verschärft: Man neutralisiert de facto die ohnehin schon unzureichenden Maßnahmen zur Flexibilität beim Ausscheiden aus dem Erwerbsleben; man kürzt die künftigen Rentenbezüge vieler Beschäftigter des öffentlichen Dienstes durch eine rückwirkende Revision der Renditesätze, die wir für verfassungswidrig halten; man bestätigt die Kürzung der Inflationsanpassung der bestehenden Renten; de facto kehrt man ab 2024 mit nur wenigen Ausnahmen zur Altersrente mit  67 Jahren oder der vorgezogenen Rente mit 42 Jahre und 10 Monate (ein Jahr weniger für Frauen) zurück.

    In der Praxis versucht die Regierung bei den Renten Kasse zu machen, wobei sie insgesamt 2,7 Milliarden (Quelle: DPB) aus dem System entnimmt. Für junge Menschen und Frauen fehlt hingegen jeglicher Hinweis auf eine „Garantierente“.

    Die große Abwesende dieses Haushaltsgesetzes ist die Arbeit: Es gibt keine Politik zur Schaffung von Arbeitsplätzen, angefangen bei der öffentlichen Verwaltung, es gibt nichts gegen unsichere Arbeitsplätze und gegen schlechte Arbeit und Schwarzarbeit. Für den Mindestlohn gibt es eine Absage trotz der Liberalisierung der befristeten Arbeitsverträge bis hin zur Ausweitung der Gelegenheitsarbeit und der Voucher, die durch das sogenannte "Arbeitsdekret" ermöglicht werden. Anstatt einer Anhebung der Löhne setzt man auf Steuererleichterungen und auf Prämien und Benefits.  Aber ohne stabile, sichere und qualitativ hochwertige Arbeitsplätze, ohne höhere Löhne, ohne Stärkung der öffentlichen und territorialen Dienstleistungen (Kinderbetreuung, Kindergärten, Beratung, Sozialdienste usw.) und ohne Vereinbarkeit Arbeit und Familie sind monetäre Zuwendungen für Familien und berufstätige Mütter wenig sinnvoll. Den  Geburtenrückgang, den wir seit Jahren erleben, kann man damit sicherlich nicht umkehren.

    Die Behauptung, dass man sich in einem besonders komplizierten Szenario und bei knappen Ressourcen sich dafür entschieden habe, die schwächsten Kategorien zu unterstützen, wobei der Schwerpunkt auf der Arbeit liege, ist also weit hergeholt. Die Wahrheit ist, dass man mit diesem Haushalt zur alten Sparpolitik zurückkehrt, weil man nicht gewillt ist, die Ressourcen dort zu holen, wo sie sind: große Vermögenswerte, Immobilien- und Finanzrenten, Extragewinne in allen Sektoren und bei der Steuer- und Abgabenhinterziehung.