Fast könnte man meinen - wie das Wochenmagazin L´ Espresso spottet - PD stehe für "partiti diversi." So vehement muten die Grabenkämpfe im Partito Democratico vor der anstehenden Wahl des neuen Parteichefs an. Um das Amt bewerben sich zwei Kandidaten/innen, die gegensätzlicher kaum sein könnten: der 56-jährige Präsident der Region Emilien, Stefano Bonaccini und seine bisherige Stellvertreterin Elly Schlein, 37. Beide stehen für unterschiedliche und kontrastreiche Welten. Der eine für die langjährige Tradition einer Regierungspartei, die bei der jüngsten Wahl eine herbe Niederlage erlitten hat und auf die Oppositionsbänke wechseln musste. Die andere, vierssprachig und weltgewandt, mutet an wie das exakte Gegenteil des scheidenden und farblosen Parteichefs Enrico Letta, der nach seinem Rücktritt im nächsten Jahr für das EU-Parlament kandidieren will.
Schlein hat nun für eine Zerreissprobe in der Partei gesorgt: der neue Vorsitzende solle nicht wie herkömmlich mit Stimmzetteln in den einzelnen Sektionen gewählt werden, sondern online. Für Bonaccini "una proposta da sciagurati i". Gianni Cuperlo, ehemaliger Parteipräsident und ebenfalls Kandidat, reagiert fassungslos: "Non ci si può dividere sulle regole." Was die Lage noch chaotischer erscheinen lässt: ein Teil des Fussvolks besteht auf einer Verschiebung der Wahl auf Ende Februar - wegen Überschneidung mit den Regionalwahlen in der Lombardei und in Latium.
Zu den Kandat/innen gehört neben Schlein eine zweite Frau: die 50-jährige Ex-Ministerin Paola De Micheli, deren Erfolgschancen als gering eingeschätzt werden. Hinter dem Tauziehen um das Wahlsystem verbirgt sich auch ein Generationenkonflikt: für die älteren Parteimitglieder sind die sezioni ein gewohnter Treffpunkt, in dem man sich auch zum Kartenspiel, einem Glas Wein oder politischen Diskussionen traf - eine Tradition, die in vielen Parteisitzen in den letzten Jahren zunehmend abgeflaut ist. Das Ergebnis der Wahl ist offen. Prognose der Tageszeitung La Stampa: "Con il sostegno della sinistra di Orlando e Provenzano e delle truppe di Zingaretti e Franceschini, Schlein potrebbe spuntarla."
Hinter dem Tauziehen um das Wahlsystem verbirgt sich auch ein Generationenkonflikt.
Der Streit kommt ungelegen - die Partei ist bereits gespalten, die Umfragewerte haben einen absoluten Tiefpunkt von 14 Prozent erreicht. Auch bei den bevorstehenden Wahlen in der Hauptstadtregion Latium und in der wirtschaftlich mächtigsten Lombardei gilt der PD nach Umfragen als sicherer Verlierer. Zur Forderung Schleins, die Wahlen online abzuwickeln, vertritt der scheidende Parteichef Letta die These "Non si possono cambiare le regole a un mese dalle primarie. Non posso sostenere dei mutamenti che non sono condivisi da tutti i candidati."
Am heutigen Mittwoch soll die Parteileitung darüber entscheiden, ob die umstrittenen primarie endgültig auf 26. Februar verschoben werden sollen - nach den Regionalwahlen. Ein Delegierter: "Se andiamo avanti cosi, rischiamo l' estinzione".
Das lange Tauziehen um den voto online endete schließlich mit einem Kompromiss: "Si potrà votare anche online, ma solo in alcuni casi molto precisi e registrandosi almeno due settimane prima."
Treffende Schlagzeile der Tageszeitung La Stampa: "Un partito in cerca della sua anima."