Richard Franchi: "Ich will die Firma meines Bruders kaufen"
Herr Franchi, der Konkurs der Firma Schönhuber-Franchi wurde mit 10. März gerichtlich bestätigt. Sie steigen als Retter in den Ring?
Am Samstag in der Früh kommt die alte Firma unter den Hammer. Mein Angebot hab ich bereits unterbreitet. Wenn ich mitbieten kann, dann bin ich bereit, die Firma meines Bruders Federico, der ja die Firma aufgebaut hat, zu übernehmen.
Können Arbeitsplätze erhalten werden?
Nach meinen Plänen möche ich 18 MitarbeiterInnen übernehmen. Ich kaufe das Magazin zurück und die registrierten Rechte der alten Firma. Immobilien besitzt Schönhuber-Franchi keine. Ob jemand am Samstag mitbietet, mich überbietet, das weiß ich leider nicht.
Wie geht es einem damit, wenn der Familienbetrieb der Großeltern den Bach runter geht.
Es ist eine harte Zeit. Doch damit meine ich jetzt nicht das Sentimentale. Wir sind jetzt in der vierten Generation tätig. Was mich erschreckt ist die Zeit, in der wir leben. Wir haben jetzt seit 70 Jahren keinen Krieg mehr. So tragisch Kriege auch sind, aber da wurde viel kaputt gemacht, und dann musste wieder alles aufgebaut werden. Heute haben wir doch alles, und wenn wir es nicht haben, dann brauchen wir es auch nicht mehr unbedingt. Wenn wir zu Hause bei unseren Eltern am Dachboden einen Schrank aufmachen, dann finden wir Geschirr, können das eine und andere verwenden. Man muss nichts Neues mehr kaufen. Nicht unbedingt.
Wir haben jetzt seit 70 Jahren keinen Krieg mehr. So tragisch Kriege auch sind, aber da wurde viel kaputt gemacht, und dann musste wieder alles aufgebaut werden. Heute haben wir doch alles, und wenn wir es nicht haben, dann brauchen wir es auch nicht mehr unbedingt.
Der Bedarf ist gestillt?
Sicher. Was dazu kommt ist, dass die Bevölkerung nicht mehr zunimmt. Im Grund genommen haben die meisten ihre eigenen vier Wände und können darin relativ gut leben. Der Konsum ist rückläufig, da man halt versucht mit dem auszukommen, was man hat. Wenn manche mit 1.000 Euro netto im Monat auskommen müssen, dann frag ich mich, wie das gehen kann. Da ist es logisch, dass sich das Konsumverhalten ändert. Von der Wegwerfgesellschaft gehen wir wieder weg.
"Täglich schließen in Italien 134 Geschäfte und Lokale. Seit Beginn der Krise 2008 haben 224.000 Geschäftsinhaber ihre Arbeit verloren", betont der Präsident des Kaufleuteverbands Confesercenti, Marco Venturi. Er schätzt, dass im Handel in sechs Jahren 1,6 Millionen Jobs verloren gegangen sind. Den ganzen Beitrag lesen Sie hier.
Die Krise hat sich langsam abgezeichnet?
Die Firma Schönhuber-Franchi war zu 99 % in Italien unterwegs. Unser Name steht für gute Qualität, unsere Vertreter sind überall in Italien unterwegs, Venedig, Rom, Sizilien. In hervorragenden Hotels, Restaurants, Bars. Aber das Schlimme ist: es gibt keine Zukunftsvisionen mehr. Und dann haben wir ja eine Politik, die ein Saustall ist. Wer traut sich denn noch zu investieren, an wen soll man denn noch die Sachen verkaufen, wenn niemand liquide ist?
Aber das Schlimme ist: es gibt keine Zukunftsvisionen mehr. Und dann haben wir ja eine Politik, die ein Saustall ist.
Hoffen Sie auf Matteo Renzi?
Wir werden sehen, was er zustande bringt. Er will ja 10 Milliarden Euro einsparen, den Leuten wieder mehr Geld in die Hand geben. Funktionieren tut in Italien momentan eigentlich ja gar nichts. In unserer Branche der Hotelerie-Zuflieferung ist der Markt in den letzten vier Jahren um die Hälfte eingebrochen. Eine Tragödie. Wir haben drei Millionen Aussenstände, ohne Aussicht, da je wieder etwas zu bekommen. Verschiedene Gastronomiebetriebe sind einfach nicht mehr zahlungsfähig.
In unserer Branche der Hotelerie-Zuflieferung ist Markt in den letzten vier Jahren um die Hälfte eingebrochen. Eine Tragödie.
Funktioniert denn Ihr Konzept als Unternehmen noch in Zeiten wie diesen, wo billig Zulieferer den Markt überrollen.
Der Markt ist schon vorhanden. Aber wir wollen kleiner werden. Wir gehen ja von 46 auf 18 Mitarbeiter zurück. Das sagt eigentlich alles aus. Was schrecklich ist, das ist die Bürokratie. Daran erstickt ein mittlerer Betrieb.
La Stampa zitiert den italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi:
«Mi ci gioco la faccia, mercoledì taglio le tasse di dieci miliardi, e andranno tutti alle famiglie. Stiamo lavorando ad un piano articolato che prevede più cose, ma sono soldi che entreranno nelle busta paga degli italiani».
Mitarbeiter verlieren ihre Arbeite, die bei Schönhuber-Franchi wahrscheinlich ein Leben lang tätig waren.
Ja, natürlich. Das sind menschliche Tragödien, die sich da abspielen. Das sind Mitarbeiter, die in unserem Betrieb seit über 30 Jahren dabei sind. Die Personalkosten sind einfach immens. Hier geht es um das Überleben eines Unternehmens, wir haben keine andere Wahl als zu entlassen.
Und Ihr Sohn steht Ihnen zur Seite?
Nein, ich zieh das jetzt alleine durch. Mein Sohn führt das Geschäft in der Dr. Streiter Gasse. Ich bin jetzt 65 Jahre alt, befristet auf fünf Jahre mach ich diese Begleitaktion. Wenn am Samstag alles gut geht. Ich hab zu meinem Bruder gesagt, „ich mach das gerne, aber wer weiß, was die Gesundheit bringt.“ Ich bin nicht mehr der Jüngste. Und dann möchte ich, wenn alles so geht, wie ich es mir vorstelle, die neue Firma ja wieder an die Söhen meines Bruders weitergeben.
Zähne zusammen beißen und durch?
Ich finde es ist eine schlimme Zeit momentan, Rezepte wie es weiter gehen soll, die hab ich nicht. Ich hoffe, wir können am Montag wieder starten. Wir haben einen Kundenstock von 3.000 Betrieben, die warten auch auf eine Entscheidung. Italien ist schon ein Fall für sich, alle wollen abwarten und schauen wie sich die politische Situation entwickelt. Eine absolute Sicherheit kann momentan niemand geben, aber ein gesundes Vertrauen ist wichtig.