Die Vorstellung, die Lega könne eine traditionell linke Hochburg wie Pisa erobern, konnte bisher bestenfalls ein müdes Lächeln auslösen. Doch seit Sonntag ist das Unvorstellbare Realität.
Nicht irgendwo im Veneto, sondern in der durch Jahrzehnte roten Vorzeigeregion Toskana. In Pisa rückte die Lega zur stärksten Partei auf - von 1 auf 25 Prozent. Damit überholte sie den Partito Democratico. Die Folgen des politischen Erdbebens, das diese Gemeindewahlen ausgelöst haben, sind noch nicht absehbar. Denn der oberste Populist des Landes nutzte die Wahl zu einem demonstrativen Akt, um die verhasste Immigration zu stoppen. Er schloss kurzerhand die Häfen des Landes für alle Flüchtlingsschiffe und forderte die Hilfsorganisationen auf, Kurs auf Malta zu nehmen. Das von einer deutschen Hilfsorganisation gecharterte Schiff Aquarius liegt seither mit 629 Migranten zwischen Sizilien und Malta vor Anker. Die Vorräte reichen noch für 40 Stunden.
Ein weiteres Schiff, die Seawatch 3, kreuzt vor der libyschen Küste. Es ist eine Kraftprobe mit ungewissem Ausgang, in der Innenminister Salvini die Nato einlädt, Italien "wirksam vor einer fremden Invasion zu schützen". Die anachronistische Kriegsmaschine aus der Zeit des kalten Krieges, die Milliarden für neue Waffensysteme ausgibt, schweigt vorerst.
Wenige Tage nach seiner Kür zum Inneninister ist Matteo Salvini damit bereits am Ziel seiner Wünsche.
Wenige Tage nach seiner Kür zum Inneninister ist Matteo Salvini damit bereits am Ziel seiner Wünsche. Seine Partei hat die Wahlen deutlich gewonnen, Italien ist in den Blickpunkt der Weltöffentlichkeit gerückt, die EU wird kaum weiterhin wegsehen können. Die Lega hat neben ihrem Wahlsieg noch ein weiteres Ziel erreicht und Berlusconis ratloser Partei den Rücken gestärkt.
Eine bizarre Situation. Denn Forza Italia siegt im Bündnis mit jener Partei, der Berlusconi im Parlament vor wenigen Tagen das Misstrauen ausgesprochen hat. Verlierer des Urnengang ist die Fünf-Sterne-Bewegung, die in den wichtigen Städten keinen einzigen Kandidaten in die Stichwahlen brachte und den Erfolg der jüngsten Parlamentswahlen nicht wiederholen konnte. Der gebeutelte Partito Democratico schnitt besser ab als befürchtet und bestätigte seinen Bürgermeister in Brescia, während das Rechtsbündnis Vicenza und Treviso eroberte.
Alle restlichen Bürgermeister werden nun in zwei Wochen in den Stichwahlen ermittelt - in einem hochsommerlichen Wahlgang, bei dem die Beteiligung weiter sinken dürfte - vermutlich unter die 50 Prozent-Marke