„Die Gesellschaft ist gespalten“
salto.music: Doggi, nicht schon wieder Jürgen Wirth Anderlan…?
Markus „Doggi” Dorfmann: Why not!? Anderlan hat ohne Zweifel eine besondere Anziehungskraft. Allein die äußere Erscheinung macht neugierig: langer Bart, Harley, Tattoos, Schützenanzug – in Zeiten von Instagram und Facebook ein Hingucker. Ich hatte auch schon die Ehre mit ihm ein Telefongespräch zu führen: nett, offen für neue Ideen, sympathisch, schleimig.
salto.music: Dir gefällt ganz und gar nicht, dass der sich der ehemalige Landeskommandant der Schützen plötzlich unter die Rapper mischt?
Markus „Doggi” Dorfmann: Von mir aus kann sich jeder unter die Rapper mischen, ich hab's ja auch getan. Was mich aber stört ist die Tatsache, dass Anderlan als Schütze für Respekt und Werte für das Heilige Land Tirol einsteht und dann den HipHop mit Füssen tritt. Von einem, der sich politisch gerade positioniert, würde ich mir mehr Ehrlichkeit erwarten. Als Fan von Anderlan würde ich mich schon fragen ob er für das steht was er predigt? Im Falle der „Kunst“ die er produziert ist es in meinen Augen nicht so und das macht mich stutzig.
salto.music: Im Refrain deines Songs „Anderlan Du“ heißt es: „Die Kunst ist frei aber gehört auch respektiert“.
Markus „Doggi” Dorfmann: Natürlich ist Kunst frei und jeder kann sich mit ihr entfalten wie er will. Aber die Frage, was Kunst für eine Aufgabe hat in einer Gesellschaft, die gerade dabei ist, sich selbst zu zerstören, beschäftigt mich. Wenn ich Begriffe wie Kreativwirtschaft höre, stehen mir die Haare zu Berge. Kunst muss politisch sein und in der heutigen Zeit Impulse geben, wie wir aus diesem Schlamassel wieder herauskommen.
Zuerst Tata Tirol, dann Mama Tirol, kommt dann noch die Oma und der Opa, die Schwägerin und das Enkelein und dann fehlt noch die Putzfrau, oder wie? Jemand muss ihn doch stoppen!
salto.music: Du sagst das, was viele denken: Dass er nicht singen kann?
Markus „Doggi” Dorfmann: Dass er nicht singen kann, weiß und sagt er auch selber. Musikalisch sind die Lieder, vor allem die Rhythmik eintönig und langweilig. Vom Inhalt will ich gar nicht sprechen. Aber was heißt das schon, singen können. Ich selbst bin auch nicht gerade eine Leuchte beim Singen. Vielleicht bin ich ja nur neidisch, dass er mehr Fans hat als ich.
salto.music: Deine Hoffnung scheint, dass Anderlan seine Rapper-Karriere an den Nagel hängt?
Markus „Doggi” Dorfmann: Zuerst Tata Tirol, dann Mama Tirol, kommt dann noch die Oma und der Opa, die Schwägerin und das Enkelein und dann fehlt noch die Putzfrau, oder wie? Jemand muss ihn doch stoppen!
Markus „Doggi” Dorfmann: Nein. Ich hatte ihn markiert, deshalb die schnelle Reaktion. So wie ich ihn einschätze, tut er sich nicht schwer, auf die Leute zuzugehen. Ist mir auf jeden Fall lieber, als jene die schweigen und sich hinter deinem Rücken das Maul zerreißen.
salto.music: Andere Kommentatoren schlagen eine „Rap Battle, live – 16 Zeilen, 3 Runden“ vor. Bereit dafür?
Markus „Doggi” Dorfmann: Keine Ahnung wie man das macht. So gesehen bin ich nicht viel besser wie der Anderlan. Ich punkte in meinen Songs mit Inhalt und nicht mit ausgefeilter Rap-Technik. Wenn ich mich mit meinem lieben Freund Jonas, der in Lüsner Dialekt rapt, über HipHop und seine Feinheiten unterhalte, dann fühl ich mich als der totale Anfänger. Es wird zu keinem Rap-Battle kommen.
Wenn ich Begriffe wie Kreativwirtschaft höre, stehen mir die Haare zu Berge.
salto.music: Du drohst dem strammen Schützenrapper an, sollte er nicht mit dem Singen aufhören, dass du dann beim nächsten Schützenaufmarsch mittanzen wirst. Mit Gewehr oder ohne?
Markus „Doggi” Dorfmann: Ich habe 1983 den Militärdienst gemacht, weil ich zu faul war, mich für den Zivildienst anzumelden. Heute würde ich es tun. Ich versuche Pazifist zu sein, so schwer es mir auch fällt. Alles was mit Waffen und Märsche zu tun hat, ist mir zuwider. Mein Vater war in Gefangenschaft in Russland. Daheim hat er nie ein Wort darüber verloren. Er ist an seinem Schweigen zerbrochen. Diese kollektiven Traumen unserer Väter fliegen uns jetzt um die Ohren. Gerade werden „gscheite Leute tumm“. Die Gesellschaft ist gespalten und jeder in seinem Denken starr. Ja, tanzen würde helfen, aber ob diese Zeit noch bleibt bezweifle ich.
Vor Corona hatten wir die Linken und die Rechten. Jetzt sieht man Hippies mit Neo-Nazis für mehr Freiheit marschieren.
salto.music: Wäre es nicht gescheiter, wenn man Jürgen Wirth Anderlan mit Frei.Wild auf Tour schicken würde? Ideologisch und musikalisch dasselbe Niveau. Jürgen hätte Erfolg und wir unsere Ruh.
Markus „Doggi” Dorfmann: Diese Frage hätte vor Corona gut gepasst. Jetzt ist es aber so, dass Frei.Wild, so wie viele andere Künstler und Bands auch, aus bekannten Gründen nicht auf Tour gehen können. Etwas kommt noch dazu: vielleicht ist die Band Frei.Wild für die Impfung und Anderlan dagegen. Das wäre ein Grund, sich nicht zum Singen treffen zu wollen. Vor Corona hatten wir die Linken und die Rechten. Jetzt sieht man Hippies mit Neo-Nazis für mehr Freiheit marschieren. Verkehrte Welt und keiner weiß wo's hingeht.
Man muss dem Schmarrn vom
Man muss dem Schmarrn vom Anderlan gar nicht noch mehr Aufmerksamkeit verschaffen. An besten ignorieren.