Beppe Grillo auf Bossis Spuren
Es war ein gelungener Handstreich. Im Justizausschuß des Senats bejubelte die M5S-Fraktion am Mittwochabend ihren überraschenden Erfolg. Mit einem Abänderungsantrag stellten die Senatoren Maurizio Buccarella und Andrea Cioffi die Mehrheitsverhältnisse auf den Kopf. Der Abschaffung des Bossi-Fini-Gesetzes stimmten neben dem M5S der Partito Democratico und Montis Scelta Civica zu, die Regierung unterstützte den Antrag. Der Jubel währte freilich nicht lange. Schon wenige Stunden später traf die Akteure der rüde Bannstrahl von Beppe Grillo und Robert Casaleggio. Erzürnt rüffelten die ergrauten Hohepriester der direkten Demokratie die Protagonisten des Handstreichs: "Il M5S non è nato per creare dei dottor Stranamore in Parlamento senza controllo." Der Abänderungsantrag sei "un invito agli emigranti dell'Africa e del Medio Oriente a imbarcarsi per l'Italia." Grillo und Casaleggio schöpften in ihrer Stellungnahme reichlich aus dem fremdenfeindlichen Vokabular der Lega Nord. Unter das Foto einer alten Frau, die am Markt weggeworfenes Obst sammelt, rückten sie die populistische Frage:" Quanti clandestini siamo in grado di accogliere se un italiano su otto non ha i soldi per mangiare?" Auch in demokratiepolitischer Hinsicht enthielt der Text eigenartige Blüten:" Sostituirsi all'opinione pubblica, alla volontà popolare è la pratica comune dei partiti che vogliono "educare" i cittadini, ma non è la nostra". Daß die traditionellen Parteien die Bürger jemals erzogen hätten, ist pure Erfindung. Der gewohnt autoritäre Stil stieß nicht nur unter den frustrierten Parlamentariern auf Verärgergung. Auf Grillos Blog entlud sich ein wahres Gewitter, viele rückten den Ex-Komiker in eine Reihe mit Umberto Bossi.
" Finalmente la maschera del guitto ligure é caduta mostrando il fez ed il moschetto che ha sempre cercato di nascondere con
demagogia e populismo." In einem zweiten post stellte Grillo unmißverständlich klar, daß die Parlamentarier "nur Gesetze zu Themen einbringen dürfen, die auf dem Programm der Bewegung stehen". Doch gegen den vor zwei Tagen präsentierten Vorschlag zur Reduzierung der Häftlingsgszahlen in den Gefängnissen, den das M5S sogar im Quirinal erläutern durfte, hatte Grillo keine Einwände geltend gemacht. Auch der stand nicht am Programm. "Da deputati portavoce a cittadini portaordini", spottet Il fatto quotidiano. Jetzt gärt es unter den M5S-Parlamentariern, von denen viele Grillos autoritäre Bevormundung gründlich satt haben. Viele sind gewillt, sich dem Diktat des Parteigründern nicht zu beugen. Zum Schlagabtausch wird es zu Beginn nächster Woche kommen, wenn Grillo sich mit den Parlamentariern trifft. Dann wird man sehen, ob die Risse in der Bewegung ein weiteres Mal notdürfig gekittet werden oder ob es zu neuen Austritten kommt.