Giftanschlag: Der Fall Ahorn-Esche

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Auf einem Privatgrundstück in der Rosengartenstraße in Meran wurde ein rund 50 Jahre alter, 10 Meter hoher Baum bei einer Nacht-und-Nebel-Aktion vergiftet. Nach Aussage der Besitzer, war der Baum Gegenstand nachbarschaftlicher Differenzen und somit liegt das Motiv für einen derartig perfiden Angriff wohl auf der Hand. Verwunderlich bleibt nur, wie beliebt Vandalismus und schwere Sachbeschädigung im Vergleich zu konstruktiven Lösungsdialogen zu sein scheinen.
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Bereits im Juni 2024 wurde zum Schutze des Eschen-Ahorns ein Baumgutachten des Technischen Büros für Arboristik, Gartenbau und Umwelt von Agronom Valentin Lobis erstellt. Dessen fachliches Urteil bezeichnete den „Acer Negudo“ als „gesund, verkehrssicher und erhaltenswert“. Der grüne Freund „spendet Schatten bei sommerlicher Hitze, dient als Sichtschutz, produziert Sauerstoff und besitzt ohne Zweifel sowohl eine hohe ökologische Bedeutung als auch eine positive psychologische Wirkung“.
Besitzer und Experte geben übereinstimmend an, dass die überhängende Äste des Baums regelmäßig ordnungsgemäß zurechtgeschnitten wurden, um Problemen mit den Nachbarn vorzubeugen. Rechtlich sehr gut abgesichert ist auch der knappe Abstand des Baums zur Grundstücksgrenze. So war der zehn Meter hohe Baum dem Täter wohl ein Dorn im Auge, der nicht mit vernünftigen Mitteln wegdiskutiert werden konnte. Ausweg bot für den Täter scheinbar nur noch ein heimtückischer Anschlag auf die Ahorn-Esche. Die Diagnose im aktuellen Gutachten ist eindeutig: Vergiftung.
Der Giftanschlag auf einen unliebsamen Baum in Meran ist in Südtirol längst kein Einzelfall. Der zertifizierte Experte für Baumpflege, -kontrolle und -sanierung, Valentin Lobis, ist jährlich mit diversen Vergiftungsfällen konfrontiert. Er erkennt Symptome und Vergiftungstechnik sofort mit bloßem Auge: „Ende 2024 wurden in Obermais erst fünf Steineichen vergiftet.“ Im Gespräch erinnert er auch an die Giftanschläge 2024 in Brixen auf eine öffentlichen Linde und den Mammutbaum im Ex-Lido-Park. Ein prominenterer Fall ereignete sich zudem 2022 mit der Vergiftung der großen Pappeln in der Mailandstraße in Bozen. Weiter zurück liegt die Vergiftung der sieben Pappeln auf der Meraner Passerpromenade. Pappeln sind in Südtirol offenbar nicht sehr beliebt.
Durch die Baumanschläge wird eines deutlich: In den vorliegenden Fällen neigen die beteiligten Konfliktparteien dazu, Kommunikation schnell als gescheitert anzusehen und verzichten darauf, einen Kompromiss auszuhandeln. Motive für derartige Taten, so Valentin Lobis, seien zum einen das Laub- und das Lichtproblem, zum andern: die penible „Ordnungsliebe der Mitteleuropäer“.
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Rechtslage
Steht der Baum zu nah ander Grundstücksgrenze?
Nach italienischem Zivilrecht (Artikel 892) muss zwischen Bäumen mit hohem Wuchs und der Grundstücksgrenze ein Mindestabstand von 3 Metern bestehen – es sei denn, ihr Standort blieb über einen Zeitraum von 20 Jahren nach Anpflanzung unbeanstandet. In diesem Fall greift das Prinzip der Ersitzung (Usucapione), gemäß Artikel 1158, welches durch ein Urteil des italienischen Kassationsgerichtshofs aus dem Jahr 2007 auf den Standort von Bäumen bezogen wurde.
Unabhängig davon dürfen Nachbarn das Entfernen überhängender Äste fordern oder eindringende Wurzeln selbst entfernen – jederzeit und ohne Frist. -
Ein leiser Tod, der laut spricht
Nicht nur aus fachlicher Perspektive ist klar: Das Debakel wäre durch einen Perspektivenwechsel besser lösbar gewesen. Ein Laubproblem kann auch als entspannendes Grün vor dem Fenster und ein Lichtproblem als angenehmer Schatten im Sommer gesehen werden. Wenn der Baum wenigstens zum stillen Märtyrer für die Idee wird, Kompromissen eine Chance zu geben und aus Windhauchen nicht gleich Feindbilder zu kreieren, um Anschläge auf uns und unsere Umwelt zu rechtfertigen – dann hätte selbst dieser perfide Angriff einen Sinn.
„Eine Schweinerei, es ist kein Kavaliersdelikt einen Baum zu vergiften! Ebenso wenig wie ein fremdes Auto zu demolieren.“
Der Giftanschlag auf den Meraner Eschen-Ahor wird von den Geschädigten demnächst zu Anzeige gebracht. Die Vorwürfe: Hausfriedensbruch, Vandalismus und Sachbeschädigung. Experte Lobis hat dazu eine klare Meinung: „Eine Schweinerei! Es ist kein Kavaliersdelikt einen Baum zu vergiften.“
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Früher mussten nur die "fasischtischen Alber" entlang der Drususstraße bis hinaus nach Sigmundskron dieses Schicksal erleiden.... :-)