"Ich lasse mich da nicht hineinziehen"
Er hat zweifelsohne für den Aufreger der Woche gesorgt. Ein „historischer Fehler der SVP“ – so bezeichnete Senator Francesco Palermo das Versäumnis der Volkspartei, nicht schon vor zehn Jahren die Reform des Autonomiestatuts angegangen zu sein. Ein Stich ins Wespennest, wie vor allem die umgehende Reaktion der alten SVP-Riege zeigten: Ob Luis Durnwalder, Helga Thaler Außerhofer, Siegfried Brugger – sie alle weisen die Kritik des Verfassungsrechtlers nicht nur aufs Schärfste zurück, sondern retournieren sie an den Absender.
Vor zehn Jahren habe man das Erreichte mit Händen und Füßen verteidigen müssen, heute dagegen seien die Voraussetzungen für einen Ausbau der Autonomie besser als je zuvor, so ihr Tenor. „Mir gefällt es überhaupt nicht, dass man die Fehler in der Vergangenheit sucht, weil man in der Gegenwart zu schwach ist, die Probleme zu lösen“, feixte Alt-Senatorin Thaler Außerhofer via Dolomiten. Der Freiheitliche Fraktionssprecher Pius Leitner sieht die aktuelle Diskussion wiederum als weiteren Beweis für die Sackgasse, in die das Bündnis der Volkspartei mit dem PD geführt hat. „Ein Land wie Südtirol, das heute mehr Eigenständigkeit und Autonomie will und das jeden Tag bemerkt, dass uns die Zugehörigkeit zu Italien in den wirtschaftlichen, finanziellen und politischen Ruin treibt, kann nicht mehr länger mit ansehen, wie eine SVP politische Geschäfte mit einem PD macht, der unseren Südtiroler Interessen diametral entgegensteht“, schreibt er.
„Ich wurde damals gefragt, für den Senat zu kandidieren, um bei den Reformen der Verfassung und des Statuts meinen Beitrag zu leisten, aber sicher nicht, um mich über Parteien und Personen zu äußern.“
Am Dienstag Nachmittag griff der Verfassungsrechtler und Senator noch einmal in die Diskussion ein. „Ich bedaure sehr, dass meine Äußerungen zum Autonomiestatut für politische Polemiken instrumentalisiert wurden“, stellt Francesco Palermo via SVP-Pressedienst klar. Er sei an solchen Polemiken zwischen den Parteien und einzelnen Akteuren nicht interessiert und lasse sich auch nicht hineinziehen – „auch weil ich damals gefragt wurde, für den Senat zu kandidieren, um bei den Reformen der Verfassung und des Statuts meinen Beitrag zu leisten, aber sicher nicht, um mich über Parteien und Personen zu äußern.“
Hier Francesco Palermos Stellungnahme in vollem Wortlaut:
Ich bedauere es sehr, dass meine Äußerungen zum Autonomiestatut für politische Polemiken instrumentalisiert wurden. Als Nicht-Politiker schaue ich vielleicht zu sehr auf den Kern des Ganzen und beachte dabei vielleicht viel zu wenig alles Drumherum. Meine Äußerung war aber eine einfache Feststellung: als Jurist habe ich mich darauf beschränkt anzumerken, dass man besser daran getan hätte, das Statut nach der Verfassungsreform von 2001 anzupassen, und ich hatte dies außerdem auch immer so geschrieben und geltend gemacht. Es war für mich eine banale Aussage, abseits von jeglicher Polemik.
Ich bin mir bewusst, dass die politischen Bedingungen für eine Anpassung des Statuts seit 2001 nie besonders günstig waren und dass die versäumte Anpassung keine böse Absicht war, sondern dass man sie zum Wohle unseres Landes noch nicht angegangen ist. Es stimmt aber auch, dass die Bedingungen nie günstig sein werden und dass es nie ein leichter Weg sein wird. Ich will also weder bei der SVP noch bei anderen für Polemiken wegen der gegangenen Wege in der Vergangenheit sorgen.
Ich will auch nicht klagen, sondern nach vorne blicken und mit konstruktiven Vorschlägen die angesammelte Verspätung aufholen. Er freut mich, dass man sich allseits der Notwendigkeit bewusst ist, das Statut schnellstmöglich abändern zu müssen. Dies ist genau das, was zählt. Die Polemiken zwischen den Parteien und einzelnen Akteuren interessieren und betreffen mich nicht. Ich lasse mich da nicht hineinziehen, auch weil ich damals gefragt wurde, für den Senat zu kandidieren, um bei den Reformen der Verfassung und des Statuts meinen Beitrag zu leisten, aber sicher nicht, um mich über Parteien und Personen zu äußern.
Ich versuche stets, meine Arbeit mit größter Gewissenhaftigkeit durchzuführen, und wenn meine Kernaussagen aus politischen Gründen instrumentalisiert werden, dann trifft die Schuld jene, die dies machen. Wenn die Polemiken aber dazu beitragen, für die Notwendigkeit der Reformen zu sensibilisieren, dann soll mir dies recht sein. Ich möchte mich allerdings nicht an den Polemiken beteiligen.
Der Grund warum das Statut
Der Grund warum das Statut nach der Verfassungsreform 2001 nicht angepasst wurde ist einfach: Die Verfassungsreform sah das Subsidarietätsprinzip vor, das bis in die kleinsten Einheiten wie den Gemeinden gehen sollte.
Hätte man das Autonomiestatut angepasst, so hätte man auf Landesebene einen Teil der Macht aufgeben müssen. Dies wollte man nicht, man liebt ja den Landeszentralismus mit dem man den Gemeinden die Daumenschrauben anlegen kann und unter anderem auch Gemeinden strafen kann, die es wagen keinen SVP-Bürgermeister zu wählen, so wie es im Ahrntal passiert ist.
Es ist ein historisches Versäumnis der Ära Durnwalder, in der man gerne alle Fäden in der Hand hält, mit Morgenaudienzen und Zettelwirtschaft Schattenstrukturen jenseits der formalrechtlichen Institutionen benützt und, dabei sträflich vernachlässigt Amts- und Rechtswege aufzubauen.
Gemeinden mit mehr Spielraum waren nur störend für den Landeszentralismus den wir die letzten Jahrzehnte erleben mussten. Nun droht uns wieder der Staatszentralismus, weil wir ein Konstrukt auf tönernen Füßen stehen gelassen haben. Wen wir dafür zu danken haben, müsste jetzt verständlich sein.
"in ein Wespennest gestochen"
"in ein Wespennest gestochen"? Wer reinen Gewissens ist, muss sich nicht "aufregen". Die Indikationen von Giorgias (Umbau Staats- zu Landeszentralismus und jetzt vice-versa) finde ich zutreffend. Wiewohl ein Schulter- und Schenkelklopfen in Rom auch durch Peterlini und seine Nachfolger praktiziert wird, zulasten der hart-korrekten und originären SVP-Linie.