Politica | Wahlen/Elezioni 23

Tommys kurzes Gedächtnis

Thomas Widmann echauffiert sich über die Aussage von Arno Kompatscher, dass die SVP keine Koalition mit seiner Liste eingehen wird. Dabei sagte er vor 5 Jahren dasselbe.
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Foto: Seehauserfoto
Kohärenz ist in der Politik dünn gesät.
Viele Politiker sagen heute etwas und morgen das genaue Gegenteil davon.
Ein besonderes Musterbeispiel dafür, dürfte Thomas Widmann sein. Das wird jetzt - nachdem der langjährige SVP-Funktionär der Sammelpartei den Rücken gekehrt hat - besonders deutlich. Thomas Widmann, der mit seiner neuen Liste „Für Südtirol mit Thomas Widmann“ zu den Landtagswahlen antritt, scheint damit zu spekulieren, dass es die Menschen eh nicht merken.
 

Kompatscher Nein


Ausgangspunkt ist die Bilanzpressekonferenz von Landeshauptmann Arno Kompatscher. Kompatscher hat am vergangenen Donnerstag im NOI-Techpark ein Art politisches Resümee der vergangenen fünf Jahre gezogen.
Am Rande dieses Auftritt wird der SVP-Spitzenkandidat auch auf die neue Widmann-Liste angesprochen und auf die Möglichkeit, dass nach den Landtagswahlen die SVP mit Widmann eine Koalition eingehen könnte.
 
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Landeshauptmann Arno Kompatscher: „Es gibt nur eine Volkspartei”.
 
 
Kompatschers Antwort auf diese Frage ist klar und eindeutig. So sagt der Landeshauptmann zu RAI Südtirol:
 
“Wir werden jetzt überhaupt keine Koalitionsaussage machen. Aber ich denke, es gilt das Prinzip, dass es nur eine Südtiroler Volkspartei gibt. Das hat der Obmann auch ganz klar zum Ausdruck gebracht. Und es kann auch nicht sein, dass man danach ganz einfach sagen kann: 'Ja, da sind wir wieder'. Dann würde doch jeder sein eigenes Projekt machen, um dann zu sagen: ‘Jetzt hab ich durch die Hintertür einen einfacheren Eingang in die Politik gefunden.‘” 
 
Die Aussage wird von allen als klare Absage einer möglichen Zusammenarbeit der SVP mit der neuen Widmann-Liste gesehen.
 

Verwunderter Widmann

 
Thomas Widmann zeigt sich jetzt über diese Aussagen Kompatschers öffentlich verwundert. Gegenüber der Tageszeitung Dolomiten echauffiert sich Widmann am Samstag:
 
„Normalerweise entscheidet nicht ein einzelner Spitzenkandidat einer Partei vor den Wahlen über mögliche Koalitionen, sondern eine Partei nach den Wahlen – dann, wenn man weiß, wie diese ausgegangen sind.“
 
Laut Widmann liege die Entscheidung als allererstes bei den Wählern. „Wir bieten unser Programm an und dann entscheidet der Wähler, wem er seine Stimme geben wird“, so Widmann im Tagblatt der Südtiroler. Deckungsgleich äußert sich der Listenführer auch im Athesia-Blatt Alto Adige.
 
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Widmann-Interview am 13. Oktober 2018:Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern“.
 
 
Der Ansatz des souveränen Wählers klingt gut: Wäre da nicht eine dokumentierte Vorgeschichte.
Thomas Widmann ist im Wahlkampf 2018 nicht nur SVP-Kandidat, sondern auch Wahlkampfleiter der SVP. Am 21. Oktober 2018 gehen die Landtagswahlen über die Bühne. Acht Tage zuvor gibt Thomas Widmann der Tageszeitung Dolomiten ein großes Interview. Der Titel: Keine Koalition mit Köllensperger“.
Thomas Widmann antwortet auf die Frage von Dolomiten-Chefreporterin Barbara Varesco zur Tatsache, dass das Team Köllensperger mit „Mitregieren“ wirbt:
 
Selbst mit 60 Prozent der Stimmen verpflichtet uns das Autonomiestatut zur Koalition mit einer Partei, die die italienische Bevölkerung vertritt. Das macht das Team Köllensperger nicht, weshalb es nicht als Partner in Frage kommt.“
 
Vor fünf Jahren also hatte Thomas Widmann noch nicht den Wählerwillen entdeckt.
Aber wie sagte schon Konrad Adenauer: „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern!“