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Niemandes Dorf in der Oase

Mit Schafgarbe-Cocktails, einer Oase und einem fiktiven Dorf, einer Kunstgarage und Gruppenjodeln wollte man gestern Transart schmackhaft machen. Eine (Vor)eröffnung. Heute folgen mit Exhaust und Shortparis laute Töne.
Nobody's Village, Transart
Foto: SALTO
  • Warum die Klammer im Vorspann? Deshalb, weil die Voreröffnung von Transart im gleichen Zuge auch der Startschuss des in der Oasie, Dantestraße 32, eingerichteten Workshop- und Dialog-Programms, „Nobody’s Village“. Schon letztes Jahr hatte man sich am möglicherweise künftigen Wohnort von Ötzi einquartiert, unter gleichem Namen. Das Konzept der Oasie als Ticketbüro, Bar und temporärem Dialograum, behält man bei und setzt in diesem Jahr wieder auf kostenfreie Workshops und Dialogangebote. Hierzu an anderer Stelle mehr.

    Unter einem drohendem, aber letztlich mit dem Veranstalter nachsichtigerem Himmel als heute, erklärte man gestern Abend zu Beginn in schönen Worten, das vom Museion Artsclub erdachte Gesprächs- und Picknick-Format. Dieses soll, in drei aufeinanderfolgenden Phasen ablaufen, die sich vage an den Gründungsphasen eines Dorfes anlehnen. Bis Ende Monat hat man die Themenschwerpunkte „Other Ecologies“ (Gemeinschaft im weiten Sinne), „Queering Bodies“ (Queere Themen mit Centaurus und Alto Adige Pride Südtirol) und „Radical Sounds“ (Elektronische Musikveranstaltungen in Südtirol) gesetzt. Ähnlich kryptisch wie die Titel, ist auch der Veranstaltungsspicker, den man als Tarotkarte austeilt.

  • Nobody's Village: Gemeinschaft, Queerness und Möglichkeiten zum Feiern sollen im Dorf in der Stadt unter einem Zeltdach besprochen werden. Diskussionen mit offenem Ausgang. Foto: SALTO
  • Für eine Programmvorstellung waren aber die wenigsten gekommen, wieviele der Besucher für die Premiere des Festivalcocktails in alkoholischer und analkoholischer Version gekommen waren, wollen wir nicht abschätzen. Kreativ verantwortlich für den Drink ist Irene Hager. Nachdem mit dem süßen, wohlriechend und gut schmeckenden Getränk - ähnlich einem Hugo - angestoßen wurde, gab es eine kurze Kunstperformance im Inneren einer der Garagen, die zur Adresse gehören.

    Zu viele Menschen drängen sich dabei in den kleinen Raum, manche versuchen ums Eck einen Blick auf das Geschehen zu erhaschen. Performt wurde, zwischen Spiegelflächen und Wellenprojektion, von der Tänzerin Santija Bieza. Mit leicht besetzter Stemmhantel und großer Geste begann sie den Raum zu gestalten, zum Flow-of-Conciousness Text der mit leiser Stimme vorgetragen wurde, kam eine einfache Geste: Mit Pinsel und Farbe ging es dem weißen Papier an den Wänden zu Leibe. Erst eine rote Farbfläche, dann ein Wellenmotiv in dunkel funkelndem Schwarz sollten in kontemplativer Langsamkeit gemalt werden, bevor die Einladung ans Publikum erfolgte. Einfache Motive, Muster, Parolen und Sentenzen sammelten sich im Laufe des Abends an.

  • Nunc fluenc: Bewusstseinsströme und andere Einflüsse verband die Tänzerin Santija Bieza zu einer Performance, die nur räumlich schwer zugänglich war. Foto: SALTO

    Markus Prieth unterbrach eine fast heimlich gestartete Performance vom Smartphone mit Wolkengedichten sanft und es wurde weiter das Gefühl vermittelt, dass hier Raum für Kreativität ist. Die Bilder von Wolken, die sich an Berghängen verfangen, gingen über in die mitreißende, anfangs noch zögerliche Gruppenjodelei, zu der er die Besucher animieren möchte. Sprachgruppen-übergreifend geht er immer wieder als Dirigent auf sein (mit)jodelndes Publikum zu, spricht mit Händen, Geige und Englisch zum Publikum. Der Kreis der Beteiligten wird dabei immer größer, die Gruppe der außen stehenden Skeptiker kleiner. Wenn der „Opas Diandl“-Musiker dem Publikum erklären möchte, dass man gerade den ältesten erhaltenen Jodler gemeinsam anstimmt, fehlt ihm das englische Wort für Partitur (score). Es menschelt auf angenehme Art und Weise.

    Nach der Vor-Eröffnung in Ruhe und Langsamkeit, sucht man bei der heutigen Eröffnung das Kontrastprogramm. Mit „Exhaust“ von Kris Verdock, einem „Marsch, einer Demonstration, ein Prozess, soll ein bereits gestern Abend pyrotechnisch präparierter LKW-Motor, am Ende zum Tode verurteilt werden. Ab 18 Uhr macht sich der Umzug von der Dantestraße über den Dominikanerplatz und den Noi-Techpark auf den Weg zur Zoona Magnifique in der Lancia Straße. Dort gibt es russischen Punk von Shortparis auf die Ohren, der ganz anders als ein Jodler klingt.