Multiple Krisen und Journalismus
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Nach dem sehr erfolgreichen ersten start.klar Dialogabend (wer ihn verpasst hat, findet hier die Aufzeichnung), steht bereits der zweite in den Startlöchern. Am Mittwoch, 15. Jänner ab 20:00 Uhr diskutiert Markus Lobis mit Lissi Mair und Christian Stöcker zum Thema „Multiple Krisen und Journalismus – Fehlt der Durchblick?“
Lissi Mair war bis zu ihrer Pensionierung Journalistin bei der Nachrichtenagentur ANSA und von 2021 bis 2023 Präsidentin der Journalistenkammer von Trentino-Südtirol. Sie ist gerade dabei, ihr Philosophiestudium abzuschließen und beschäftigt sich schon länger intensiv mit Fragen der journalistischen Ethik.
Christian Stöcker ist Kognitionspsychologe, Journalist, Publizist und Professor für Digitale Kommunikation. In seinem aktuellen Buch Männer, die die Welt verbrennen zeigt Stöcker auf, wie die Erdölwirtschaft agiert, um ihr Geschäftsmodell möglichst lange zu erhalten. Dass sie dabei durchaus auch erfolgreich ist, führt Stöcker auch auf ein komplexes Medienversagen zurück.
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Moderation: Markus Lobis Regie und Kamera: Michele Colman, MICROFILM DIGITAL - https://www.microfilmdigital.it
Eine Produktion von Jugend- und Kulturzentrum UFO gemeinsam mit Zigori LAB & KVW-Bezirk Pustertal Eine Zusammenarbeit von Jugend- und Kulturzentrum UFO Bruneck und SALTO
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Einige Gedanken zum…
Einige Gedanken zum interessanten Beitrag:
1. Gatekeeperfunktion des Journalismus. Durch moderne Technologien fällt diese Funktion in gewisser Weise. Das betrifft aber nicht nur den Journalismus, sondern alle Branchen. Auch beim Arzt ist es so, dass ein Patient heute durch eine relativ kurze Recherche rausfinden kann, ob der Behandler ihm einen Blödsinn auftischt oder nicht. Durch die abhandenkommende Monopolsstellung, müssen Journalisten einfach besser arbeiten, eben weil sie die Reichweite nicht mehr automatisch bekommen. Das ist gut, weil man dadurch einfach mehr Qualität liefern muss.
2. Es wird angesprochen, dass die Verkürzung der Inhalte ein Problem ist. Im Beitrag wird sinngemäß gesagt, dass man in einem Tweet inhaltlich nie das unterbringen kann, was z.B. auf einer Zeitungsseite Platz hat. Außerdem wird kritisiert, dass neue Medien auf Kurzlebigkeit und "Suchtcharakter" aufbauen. Das ist nur die eine Seite der Medaille: Viele der erfolgreichsten Podcasts machen nämlich zwei- bis teilweise sogar vierstündige Interviews. Die Digitalisierung schafft sozusagen mehr Platz, als sie jede Zeitung und jedes Magazin hat. Gerade hier liegt eine der größten Stärken neuer Medien. Viele Journalisten könnten heute gar nicht mehr mehrstündige Interviews machen, einfach weil sie es nicht mehr gewohnt sind. Ein Hauptkritikpunkt an den klassischen Medien von Seiten der alternativen Medien ist ja gerade die Verkürzung der Inhalte.
3. Weniger Einnahmen der klassischen Medien erschweren Qualitätsjournalismus? Ich sehe es eher umgekehrt: Wie viel Qualität haben die "Qualitätsmedien" noch? Wenn ich mir z.B. einen Podcast von einem Stanford- oder Harvardprofessor mit Millionen Followern zu medizinischen Themen anschaue und mir das mit so manchen deutschsprachigen "Ärztezeitungen" welche u.a. auch von den Ärztekammern herausgegeben werden, dann muss ich sagen, dass die modernen, dezentralen Formate deutlich mehr Qualität haben. Hier gibt es auch Überschneidungen mit Punkt 2: Es fehlt bei den klassischen Medien oft der Tiefgang, daher darf man sich nicht wundern, dass irgendwelche YouTuber und Podcaster heute ein Millionenpublikum haben.
4. False Balance gibt es nicht. Herr Stöcker macht hier einen Fehler: In Talkshows und in Parlamenten wird nämlich selten diskutiert, ob es den Klimawandel gibt. Die Frage ist fast immer eine andere, nämlich die Frage was sinnvolle Maßnahmen sein könnten und was nicht. Hier geht es um demokratische Entscheidungen und entsprechend müssen Alternativen einfach diskutiert werden. Wer nicht genehme Sichtweisen nicht zu Wort kommen lässt, macht die alternativen Medien nur noch stärker.
Zusammengefasst würde ich sagen: Qualitätsjournalismus setzt sich am Ende immer durch, weil der Mensch ein Bedürfnis nach Informationen hat. Beweisend dafür ist der Erfolg von den zahlreichen Langformaten im Internet. Das Problem ist eher, dass es extrem schwer ist, Tag für Tag Qualität gepaart mit Relevanz zu liefern. Viele alternative Medien haben trotz geringem Budget eine überraschend hohe Qualität, insbesondere wenn es um Nischenbereiche geht. Auch der Trend zur Globalisierung erschwert es klassischen Medienmachern erfolgreich zu sein, denn heute ist es einfach wie nie, sich z.B. aus angloamerikanischen Quellen zu informieren.