Politica | Migration

Römischer Protest

Nun, wo die österreichischen Bagger am Brenner auffahren, meldet sich die italienische Regierung zu Wort: Wiens Grenzmanagement-Pläne seien unverhältnismäßig.

Der erste Spatenstich zur Errichtung der österreichischen Grenzmanagement-Anlagen am Brenner hat die italienische Regierung aus ihrer bisherigen Zugeknöpftheit in der Flüchtlingsfrage geholt. Nachdem gestern (13. April) am Brennero die Bagger aufgefahren sind, meldet sich Premierminister Matteo Renzi aus Teheran zu Wort: Rom will nun in Brüssel abklären lassen, ob die Wiederaufnahme der Grenzkontrollen mit EU-Recht vereinbar sind. Außenminister Paolo Gentiloni und Innenminister Angelino Alfano fordern in einem Schreiben an die EU-Kommission eine „Überprüfung“ der österreichischen Pläne für den Brenner – ein Schritt, der für die Tageszeitung La Stampa einer Kriegserklärung gleichkommt. Indes erklärt der EU-Kommissar für Migration Dimitris Avramopoulos, dass das, „was an der italienisch-österreichischen Grenze passiert, nicht die Lösung“ der Flüchtlingsfrage sein kann. Und der Direktor von Amnesty International Italia, Amnesty Italia, Gianni Rufini, schlägt dramatische Töne an: Am Brenner, sagt er, könnte „ein zweites Idomeni“ entstehen.

Baustelle am Brenner: die Asfinag hat gestern damit begonnen, die Anlagen fürs österreichische Grenzmanagement zu errichten. Über der Autobahn soll ein Flugdach errichtet werden, nördlich des Grenübergangs ist ein Registrierungszentrum geplant (Bild: Marco Angelucci).

Der italienische Protest basiert auf der Einschätzung, dass die Vorbereitungen Österreichs auf einen Flüchtlingsansturm am Brenner „unverhältnismäßig“ sind. In den letzten Monaten wurden nämlich mehr Flüchtlinge von Italien nach Österreich zurückgeschickt als umgekehrt. „La decisione dell'Austria di ripristinare i controlli interni con l'Italia non appare suffragata da elementi fattuali“, schreiben Alfano und Gentiloni in ihrer Stellungnahme an die EU. Wien wiederum kontert mit dem Argument, dass die Baustelle am Brenner als Vorkehrungsmaßnahme gedacht ist. Nach der Schließung der Balkan-Route müssten die Flüchtlinge alternative Wege nach Österreich, Deutschland und Nordeuropa suchen, und die wahrscheinlichste Route führe über den Brenner, lautet die österreichische Position. Sich darauf vorzubereiten, sei notwendig und richtig, erklärt Bundeskanzler Werner Faymann.

Landeshauptmann Kompatscher will nächste Woche mit Innenminister Alfano (im Bild) die Lage am Brenner erörtern.

Die EU-Kommission will nun prüfen, ob die österreichischen Kontrollen an einer EU-Innengrenze rechtens sind. Kommissar Avramopoulos hat Innenministerin Johanna Mikl-Leitner bereits um eine Stellungnahme ersucht, für die der römische Protest „unerklärlich“ ist. Seit Wochen macht sich Landeshauptmann Arno Kompatscher für einen italienisch-österreichischen Dialog in der Brenner-Frage stark  – ohne großen Erfolg. Während auf regionaler Ebene die Polizeibehörden von Bayern, Tirol, Südtirol und Trentino in einer eigenen Task Force zusammenarbeiten, war bisher von einer Verständigung zwischen Rom und Wien in der Flüchtlingsfrage nicht viel zu spüren. Nächste Woche wird der Landeshauptmann voraussichtlich erneut mit Innenminister Alfano zusammentreffen, um mehr Zusammenarbeit zu urgieren, aber nicht nur: Südtirol will durchsetzen, dass das Innenministerium in Süditalien Registrierungsstellen einrichtet, die die Flüchtlinge erfassen und dann gemäß vereinbartem Schlüssel auf alle italienienischen Regionen verteilen. Damit soll verhindert werden, dass das Gros der Flüchtlinge, die übers Mittelmeer nach Italien gelangen, bis nach Südtirol dringt und hier wegen der österreichischen Grenzkontrollen stecken bleibt.

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Waltraud Astner Mer, 04/13/2016 - 13:09

Ob am Brenner scharf kontrolliert wird, das liegt an Italien selbst. Wenn die Flüchtlinge nämlich wie in Griechenland schon beim Eintreffen in der Eu registriert würden und dort ihr Asylverfahren abwarten müssten, was der normale Weg wäre, dann gäbe es keinen Grund bis nach Mitteleuropa vorzudringen. Flüchtlinge schon vor Abschluss des Asylverfahrens zu verteilen, kommt den Flüchtlingen selbst am allerwenigste zugute. Da werden unrealistische Hoffnungen geweckt, die meiste abgelehnten Migranten tauchen unter, einige werden kriminell. An den Eu- Außengrenzen gibt es Schutz vor Verfolgung und Krieg. Für eine Eingliederung in eine europ. Gesellschaft gibt es kein Recht. Es gibt lediglich ein legales Resettlement für besonders Schutzbedürftige, ob und in welchem Umfang bestimmt aber die Aufnahmegesellschaft. Überhaupt sollten Ansuchen um Asyl nur in den Hotspots möglich sein, alle die es anderswo probieren sollten in die Hotspots zurück gebracht werden. Da gibt es keinen Grund mehr illegal durch ganz Europa zu reisen. Das ist der einzig gangbare Weg, der bisherige förderte das Schleppertum, verleitete Flüchtlinge sich auf gefährliche Überfahrten zu machen und begünstigte junge, gesunde männliche und wohlhabende Menschen. Also, es liegt an Italien selbst ob die Brennergrenze offen bleibt. Für ein Managment an den Ankommenspunkten sollen auch europ. Hilfsgelder fließen, wie eben in Griechenland.

Mer, 04/13/2016 - 13:09 Collegamento permanente