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„Was Platter wollte, war unerfüllbar"

Landeshauptmann Arno Kompatscher über den Brenner-Gipfel, Günther Platters Show, das Zusatz-Protokoll und seine Überzeugung, dass das Meeting ein großer Erfolg war.
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Foto: Foto USP/Peter Daldos.
Salto.bz: Herr Landeshauptmann Kompatscher, der Nordtiroler Landeshauptmann Günther Platter hat das Brenner Meeting fast zum Platzen gebracht. Fühlen Sie sich von Platter im Stich gelassen?
 
Arno Kompatscher: Nein, es geht hier um unterschiedliche Interessenlagen. Für uns war und ist das Memorandum of Understanding von enormer Bedeutung. Auch weil die neue Regierung aus Lega und 5stelle das Memorandum mitunterzeichnet hat. Das war nicht von vornherein klar. Die Regierung steht damit zum Brennerkorridor, zu allen Investitionen und auch zu den Zulaufstrecken im Süden. Gerade das betrifft Südtirol im Besonderen. 
 
Sie sagen die Unterschrift von Verkehrsminister Danilo Toninelli ist für Südtirol eine Absicherung?
 
Absolut. Die Trasse Waidbruck-Franzensfeste ist bereits finanziert. Aber alles andere im Süden muss von der Regierung noch genehmigt werden. Jetzt aber hat Minister Toninelli dieses Abkommen unterzeichnet. Das ist mehr als nur eine politische Absichtserklärung. Vor dem Hintergrund, dass die neue Regierung vor kurzem erklärt hat, dass sie die Strecke Turin-Lyon nicht finanzieren wird, war dieser Schritt enorm wichtig.
Für uns ist das Memorandum von enormer Bedeutung. Auch weil die neue Regierung das Memorandum mitunterzeichnet hat. Die Regierung steht damit zum Brennerkorridor, zu allen Investitionen und auch zu den Zulaufstrecken im Süden.
Wer hat Verkehrsminister Toninelli überzeugt?
 
Es hat mehrere, persönliche Gespräche mit ihm in den vergangen Tagen gegeben. Ich kann sagen, dass es harte Überzeugungsarbeit war. Deshalb wäre es absolut unverständlich gewesen, wenn ich dieses Memorandum nicht unterzeichnet hätte.
 
Welcher Teufel hat Günther Platter geritten, dass er das Meeting an den Rand des Scheiterns brachte?
 
Das Ganze war am Ende - nicht nur für mich - nicht mehr ganz nachvollziehbar. Denn das was Platter verlangt hat, war unerfüllbar. Er wollte von Seiten Deutschlands und Bayerns eine ausdrückliche Zustimmung zu Blockabfertigung. Sie hätten sagen müssen: Das ist ein gute Sache.
 
War kein Kompromiss möglich?
 
Man hat alles versucht. Es ist von allen Teilnehmer vorgeschlagen worden, stellen wir das außer Frage, lassen wir dieses Thema beiseite. Denn hier gibt es unterschiedliche Auffassungen. Niemand hat von Platter verlangt, auf die Blockabfertigung zu verzichten. Bayern hat gesagt, wir kritisieren das und Platter hätte gesagt, wir ziehen das durch. Das wäre von allen so zur Kenntnis genommen worden und Schluss. Platter hat sich hier aber quergestellt.
 
Aus der Sicht der Transitgegner ist er jetzt ein Held?
 
Ich weiß nicht, ob das sein Ziel war. Zu verlangen, dass alle ausdrücklich der Blockabfertigung zustimmen und davon die eigene Unterschrift abhängig zu machen, das ist für mich ein Signal, dass man von vornherein nicht unterschreiben wollte.
Zu verlangen, dass alle ausdrücklich der Blockabfertigung zustimmen und davon die eigene Unterschrift abhängig zu machen, das ist für mich ein Signal, dass man von vornherein nicht unterschreiben wollte.
Von der Südtiroler Freiheit bis zu den Grünen ist sich die Opposition einig: Sie haben bei diesem Gipfel versagt und sind vor der Frächterlobby eingeknickt?
 
(lacht) Die Südtiroler Grünen sollten sich zuerst einmal in Innsbruck bei der grünen Vizelandeshauptfrau und Tiroler Verkehrslandesrätin Ingrid Felipe erkundigen, was ihre Position zum Abkommen ist. Felipe ist zwar mit Platter gegangen, aber sie hat vorher ihre Position ganz klar zum Ausdruck gebracht. Und diese Aussagen gehen kaum mit der Kritik der Südtiroler Grünen konform. Wer das Zusatz-Protokoll liest, das wir zum MoU unterzeichnet haben, der wird das Ergebnis kaum so auslegen können.
 
Was steht in diesem Zusatz-Protokoll?
 
In diesem Zusatz-Protokoll geht es um konkrete Vorschläge zur Erhöhung der Maut südlich des Brenners. Diese Vorschläge habe ich erarbeitet und auch eingebracht. Und nicht wie von meinem Nordtiroler Kollegen in der Presse anders dargestellt. Dazu finden sich in diesem Zusatz noch andere wichtige Maßnahmen, die man jetzt ins Auge fassen wird. Etwa zum Dieselpreis. Die Unterzeichnung dieses Zusatzes ist ein großer Erfolg.
 
Das Zusatz-Protokoll wurde auch vom österreichischen Verkehrsminister Norbert Hofer unterzeichnet?
 
Das war für mich eine Bedingung. Denn ich habe meine Unterschrift unter das Memorandum davon abhängig gemacht, dass Hofer auch das Zusatz-Protokoll unterzeichnet. Er hat das dann umgehend zugesagt. Hofer hat offen in der Sitzung erklärt, dass eine Nichtunterzeichnung des MoU und ein Scheitern dieses Brenner-Gipfels ein großer Schaden für alle, aber besonders für die Tiroler Bevölkerung wären.
Politik ist sehr oft auch öffentliche Darstellung. 
Ist Ihr Verhältnis zu Günther Platter nach diesem Eklat nachhaltig gestört?
 

Es gibt zwischen uns in allen Punkten hundertprozentige Übereinstimmung, was die Notwendigkeit der Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene betrifft, die Vermeidung des Umwegverkehrs, der Einführung einer Umweltmaut und aller anderen begleiteten Maßnahmen. Ich bin auch überzeugt - und ich habe das beim Meeting mehrmal betont - dass selbst solche Maßnahmen wie die Blockabfertigung in Kufstein nötig sind, solange sich nicht wirklich etwas bewegt. Uneinigkeit gibt es nur bei der Forderung; Deutschland müssen dieser Maßnahme zustimmen. Ich denke diese Forderung bringt keinerlei Mehrwert, sondern es ist eine reine Frage der politischen Optik. Und daran alles scheitern zu lassen, wäre aus meiner Sicht ein gravierender Fehler gewesen. 
Auch Platter hat erklärt, dass die Unterzeichnung wichtig war. Nur unterschreiben sollten die Anderen. 
Hat Günther Platter auf dieser internationalen Plattform einfach einmal seine Tiroler Schneid zeigen wollen?
 
Politik ist sehr oft auch öffentliche Darstellung. Platter wusste, dass es am Ende zur Unterzeichnung kommen würde. Klar war auch: Wenn auch ich die Unterschrift verweigern würde, dann hätte Pat Cox das Ganze platzen lassen. Somit lag es dann auch in meiner Verantwortung die Unterzeichnung des MoU zu retten. Auch Platter hat erklärt, dass die Unterzeichnung wichtig war. Nur unterschreiben sollten die Anderen. Aber es geht in der Politik manchmal ganz einfach darum, Verantwortung zu übernehmen.
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Karl Gudauner Gio, 06/14/2018 - 10:59

Treffend argumentiert und inhaltlich und strategisch nachvollziehbar. Die kleinen Tiroler Regionen können den großen Ländern auf der Transitroute Brenner nur schrittweise Zugeständnisse abringen, um den Lebensraum der Bevölkerung entlang der Brennerachse besser zu schützen und die Belastungen zu reduzieren. Das MoU ist ein wichtiger Meilenstein hierfür, von Pat Cox gut eingefädelt. Es ist eine Riesenherausforderung, die großen Länder (mit den großen wirtschaftlichen Interessen, die dahinter stehen) davon zu überzeugen, aus Rücksicht auf die Bevölkerung die Verkehrspolitik großräumig neu aufzustellen und am Prinzip der Nachhaltigkeit auszurichten. Der Tiroler LH Platter hat mit der Nichtunterzeichnung auch zumindest einen positiven Effekt erzielt: Er hat zu verstehen gegeben, dass die Bevölkerung Nicht-Lösungen und das Auf-die-lange-Bank-Schieben nicht akzeptieren kann.

Gio, 06/14/2018 - 10:59 Collegamento permanente