Politica | Standseilbahn Meran

Anstoß, in neuen Bahnen zu denken

Die Diskussion rund um die Meraner Standseilbahn ist festgefahren. Mit Aufklärung möchte die Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt wieder Bewegung in die Sache bringen.
Eine unabhängige und sachliche Bewertung zum Standseilbahn-Projekt „Meran-Schenna-Tirol“ hat heute (13. Juli) der Verkehrsplaner Willi Hüsler im Rahmen einer Pressekonferenz abgegeben. Er zeigte dabei deutlich die Chancen auf, die sich für Meran und die beiden Nachbargemeinden ergeben würden, stellte aber auch klar, dass dieses Projekt nicht die Lösung für alle Probleme sein wird.
Organisiert wurde die Informationsveranstaltung von der Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt und ihrem Präsidenten Alois Kröll sowie von Reinhard Bauer, Referent für Mobilität der Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt.
Hüsler hatte bereits in den Jahren 2016 und 2017 im Auftrag der Bezirksgemeinschaft eine Machbarkeitsstudie für die Errichtung einer Standseilbahn zwischen Meran und Schenna ausgearbeitet, vor Kurzem wurde er von der Gemeinde Dorf Tirol mit der Ausarbeitung des Mobilitätskonzeptes beauftragt.
Wie Bauer eingangs betonte, dürfe die Verwirklichung eines Großprojektes wie der Standseilbahn nur dann erfolgen, wenn ein öffentliches Interesse besteht bzw. ein deutlicher Mehrwert für die Bevölkerung gegeben sei. „Ansonsten darf dieses Projekt natürlich nicht realisiert werden“, so der Mobilitäts-Referent, der erklärte, dass die Diskussion rund um dieses Projekt festgefahren und die Positionen momentan verhärtet sind. Um diese „loszueisen“, sei es der Bezirksgemeinschaft wichtig gewesen, neue Erkenntnisse zu vermitteln sowie eine objektive, aber auch ungeschönte Bewertung eines Experten einzuholen. „Die Bewertung soll als Entscheidungshilfe dienen, denn diese Entscheidung ist bald zu treffen“, so Bauer, der darauf verwies, dass das Land die Rückmeldung seitens der betroffenen Gemeinden braucht, um das Projekt voranzutreiben.
 
 
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Reinhard Bauer, Mobilitäts-Referent der Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt: „Die Bewertung soll als Entscheidungshilfe dienen, denn diese Entscheidung ist bald zu treffen.“ (Foto: Salto.bz)
 
 
Geringe Personalkosten, die Entlastung des Straßennetzes sowie die hohe Flexibilität, was die Transportleistung betrifft, würden für das Projekt der Standseilbahn von Meran nach Schenna sprechen, zeigte sich Hüsler überzeugt. Der Verkehrs-Experte zitierte aus Studien und Erhebungen, wonach die außerordentlich dichten Verkehrsströme im Dreieck Meran, Schenna und Dorf Tirol zu hohen Spitzen zu bestimmten Zeiten führten. Als Beispiel nannte Hüsler die Auslastung der Buslinie nach Schenna, bei welcher im Februar zwei Prozent des Jahresverkehrs befördert wird, im September dagegen 14 Prozent. Im September wurden somit fünf bis sechsmal soviel Fahrgäste befördert wie im Februar. „Diese stark schwankenden Verkehre mit den unglaublich hohen Spitzen sind mit Bussen nur mit einem sehr hohen Aufwand an Personal zu bewältigen“, erläuterte Hüsler die Beweggründe, weshalb eine Seilbahn bzw. in diesem Falle eine Standseilbahn in Erwägung gezogen worden ist. Denn dass die Busse teilweise so ausgelastet sind, dass an der Straße wartende Fahrgäste nicht mehr mitgenommen werden können, sei nicht mehr tragbar. Finde man keine Alternative, so müssten die Busverbindungen massiv ausgebaut und die Taktfrequenz erhöht werden. Die Bezirksgemeinschaft sei jedoch – genauso wie Meran – der Ansicht, dass auch der Busverkehr zurückgeschraubt und stattdessen ein straßenunabhängiges Personen-Transportsystem eingeführt werden sollte. Insbesondere der Rennweg stelle mit den vielen Haltestellen ein großes Problem dar und zeige die Grenzen der Erschließung mit Buslinien auf, so Hüsler.
 
 
Diese stark schwankenden Verkehre mit den unglaublich hohen Spitzen sind mit Bussen nur mit einem sehr hohen Aufwand an Personal zu bewältigen.
 
 
Als größte Herausforderung bezeichnete der Verkehrs-Experte die Finanzierung, die mit rund 90 Millionen Euro zu Buche schlägt. Aufgrund des beinahe vollautomatisch betriebenen Systems und der dadurch geringeren Personalkosten im Vergleich zu einer Busflotte sowie der hohen Langlebigkeit gleichen sich diese Kosten jedoch wieder aus. Kurz zusammengefasst: Zwar sind die Investitionskosten sehr hoch, die Betriebs- und Instandhaltungskosten machen diesen Nachteil jedoch wieder wett.
 
 
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Verkehrs-Experte Willi Hüsler: „Die Errichtung der Standseilbahn bedeutet für Meran, dass man in einem erheblichen Maß auf den Bus als Transportmittel verzichten kann.“ (Foto: Salto.bz)
 
Auch auf einen Kritikpunkt, der in den vergangenen Wochen häufig von den Gegnern des Projektes genannt wurde, kam Hüsler zu sprechen, nämlich „die auf den ersten Blick“ fehlende Anbindung an den Bahnhof Meran. Von der Mittelstation, die in der Handwerkerzone Dorf Tirol errichtet werden soll, können das Stadtzentrum und der Bahnhof mit den neuen Schnellbussen in rund vier Minuten erreicht werden. Denkbar sei auch die Errichtung von Parkplätzen in dieser Gewerbezone, die voraussichtlich noch weiter ausgebaut werden soll. Die Pendler könnten somit ihr Auto dort abstellen und mit der Standseilbahn in die Meraner Innenstadt gelangen. Viel zuwenig in der Diskussion um Für und Wider sei die hohe Flexibilität, welche die Standseilbahn bietet, berücksichtigt worden, so Hüsler. Denn die Transportkapazität könne ohne zusätzlichen Personalaufwand an das Fahrgastaufkommen angepasst werden. Die 50 Sitzplätze, welche eine Kabine bietet, könnten durch das Hochklappen einfach und unkompliziert in 200 Stehplätze verwandelt werden.
 
 
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass manche Menschen Schwierigkeiten damit haben, in neuen Bahnen zu denken.
 
 
„Die Errichtung der Standseilbahn bedeutet für Meran, dass man in einem erheblichen Maß auf den Bus als Transportmittel verzichten kann“, so Hüsler, der sich jedoch dafür aussprach, eine „Minimal-Verbindung“ nach Schenna beizubehalten. In der Diskussion um die Talstation gab der Verkehrs-Experte dem Standort in der Galilei-Straße, der bereits in der genannten Machbarkeitsstudie als solcher vorgesehen war, klar den Vorzug – auch um die Menschenflüsse in der Innenstadt zu entzerren und besser zu verteilen. „Die Standseilbahn ist eine große Chance, um in diesem Dreieck Meran, Schenna und Dorf Tirol, den Verkehr fußgängerfreundlicher zu gestalten“, erklärte Hüsler und verwies auf eine weitere Chance, die sich derzeit bietet, nämlich finanzielle Mittel aus Rom zu erhalten. Abschließend berichtete Hüsler noch von einer denkwürdigen Erfahrungen in Zusammenhang mit Großprojekten. So war der Schweizer Verkehrs-Experte von Beginn an auch in die Planungen zur Realisierung der Vinschger Bahn eingebunden. Er habe sich immer sehr mit diesem Projekt identifiziert und sich bei der Eröffnung am 5. Mai 2005 entsprechend gefreut. „Aber ich kann mich an eine Informationsveranstaltung in Schlanders erinnern, die im Vorfeld abgehalten wurde und bei der uns ein grauenhafter Empfang bereitet worden war“, so Hüsler, der berichtete, dass die Hoteliere keine Eisenbahn wollten, sondern eine Autobahn verlangt hatten. Aus den ehemaligen Gegnern seien mittlerweile jedoch regelrechte Fans der Eisenbahn geworden. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass manche Menschen Schwierigkeiten damit haben, in neuen Bahnen zu denken. Es handelt sich dabei meistens um konservative Menschen, die Angst davor haben, etwas zu verlieren. Wir müssen versuchen, auf diese Leute zuzugehen.“