Die Geburt eines Stars (?)
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2022 erschien ein kleiner, unscheinbarer Horrorfilm des Regisseurs Ti West. Er nannte sich schlicht X und war eine Hommage an die Slasher-Horrorfilme der 1970er. Werke wie Texas Chainsaw Massacre standen Pate. Eine Gruppe junger Erwachsener, die eigene Pornos drehen, geraten in die Fänge eines unheimlichen, alten Ehepaars. Bald fließt das Blut, und nur eine kommt am Ende lebend aus der Sache heraus. Ihr Name ist Maxine, und sie wird erfolgreich Karriere als Pornostar machen. Das zeigt der Film nicht, er endet zuvor. Ti West lieferte noch im selben Jahr mit Pearl die Vorgeschichte zu X. Der Film erzählt den Werdegang der in X gealterten Antagonistin Pearl, die in den 50er Jahren, ähnlich wie Maxine, eine Karriere im Showbusiness anstrebt. Pearl orientiert sich stark an den Technicolor-Filmen jener Zeit, kommt in satten Farben und beinahe einer Kitsch-Ästhetik daher. Maxxxine schließt die Trilogie nun vorläufig ab. Wieder geht es um die namensgebende Maxine, die nun im Los Angeles der 1980er gestrandet ist. Die Pornoindustrie möchte sie zurücklassen, ebenso die Erinnerung an das Massaker aus dem ersten Film. Doch kaum aus dem heißen Slasher-Sommer entkommen, entführt Ti West seine Protagonistin in einen Sumpf aus Gewalt und Thrill, präsentiert im Gewand eines Neo Noir Thrillers oder Giallos.
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Brian de Palma und Dario Argento
Die beiden genannten Filmemacher stehen wohl Pate für Maxxxine. In kräftige Farben ist das oft nachts gezeigte Los Angeles getaucht. Es ist dreckig, versifft, trieft und blutet im wahrsten Sinne des Wortes. Denn zeitgleich mit der Ankunft Maxines in der Stadt treibt auch ein Serienmörder sein Unwesen. Und immer wieder sterben Menschen, die in irgendeiner Weise mit Maxine in der Verbindung stehen. Sie wiederum gibt ihr Bestes, Karriere zu machen. Geht zu Castings, erhält auch eine Rolle in der Fortsetzung eines Horrorfilms. Sie möchte die neue „Scream-Queen“ werden, ein Starlet im Horrorgenre und genau das, was Hauptdarstellerin Mia Goth auf bestem Wege ist, auch in der echten Welt zu werden. Ihr Weg durch das finstere, dann aber wieder sonnendurchflutete Los Angeles ist stark ästhetisiert. Neon, Schatten, Dampf und Rauch, Blut und schwarzes Leder, oftmals im Splitscreen gezeigt. Brian De Palma und Dario Argento sind offensichtliche, visuelle Referenzen. Aber auch Hitchcock und ein Hauch Lynch wehen durch diesen Film. Chinatown ebenso, wenn es darum geht, einen abgehalfterten Privatdetektiv mit Nasenpflaster zu zeigen. Man muss das Spiel mit der Referenz mögen, um mit Maxxxine Spaß zu haben. Aber so ist das eben, mit den Hommagen.
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Schwelgen in dem, was war
Maxxxine leidet also nicht unter zu geringen Schauwerten. Inhaltlich kennt man das alles aber schon. Der Aufstieg in Hollywood, die Bereitschaft, über sonst klar gesteckte Grenzen zu treten, die Verdorbenheit dieser Branche, geheime Kult etc. Ti West erzählt hier nichts Neues. Viel spannender wird der Film im Kontext zu seinen beiden Vorgänger. Erst dann wird klar, dass der Regisseur hier zum dritten Mal in ein Jahrzehnt amerikanischer Filmhistorie abtaucht. Denn stilistisch unterscheiden sich die drei Filme sehr wohl, im Look, aber auch im erzählerischen Ton. Im besten Fall dienen sie als eine Erinnerung und Einladung, sich mit den Filmen zu beschäftigen, die tatsächlich aus jener Zeit stammen. Denn die sind sich ihrer filmhistorischen Bedeutung nicht bewusst, agieren deshalb freier und weniger verkrampft. Sie sind das Produkt ihrer Zeit, während X, Pearl und Maxxxine im Vergleich wie Attrappen wirken. Sie geben sich Mühe, ihre Vorbilder zu imitieren, unterhalten dabei auch gut, sind am Ende aber deshalb nicht mehr als das: Eine Hommage, und keine besonders clevere. Das soll Horror-Fans aber nicht davon abhalten, Maxxxine und den Vorgängerfilmen mit ihrer überzeugenden Hauptdarstellerin Mia Goth eine Chance zu geben.
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