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Società | Medaillenkehrseiten

Zweiwöchiges Fahnenschwingen

Die Fernsehübertragung der olympischen Spiele vermittelte ein Bild der Vielfältigkeit der Menschheit und ein Bad in der planetaren Monochromie des Nationalismus.
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale dell’autore e non necessariamente quella della redazione di SALTO.
Olympische Ringe
Foto: Hert Niks/Pixabay
  • Seit der beeindruckenden Eröffnungsfeier bot die Olympiade in Frankreich täglich in zahllosen Sportdisziplinen in einer kaum verarbeitbaren Dichte Glanzlichter und Tragödien. Jubelnde Gesichter und Luftsprünge begleiteten Leistungsexplosionen und Rekorde. Spontane Umarmungen und fahnenschwingende Stadionrunden verliehen der Euphorie des Medaillenerfolges Ausdruck und ließen die Zuschauer:innen im Stadion und vor den Fernsehern daran teilhaben. Irgendwer hatte immer die passende Fahne bereit, um sie den Athlet:innen über die Schulter zu legen. Ihre Gefühlsausbrüche bei der Medaillenverleihung und der Abspielung der Hymne des siegreichen Landes gaben dem Zeremoniell eine sentimentale Note. Wer mit dem Anspruch oder zumindest mit der Hoffnung auf eine Medaille angereist war und es nicht auf’s Treppchen geschafft hat, musste das Gefühl des Scheiterns verkraften. Viele waren sicher in der Lage, das erzielte Resultat als kleinen Erfolg einzuordnen und werden das Erlebnis Olympia als prägenden Moment der sportlichen Karriere betrachten. Für Sportlerinnen und Sportler sind Niederlagen ja eine stets präsente Facette ihrer Laufbahn. Bei manchen wird das Ausscheiden aus dem Wettbewerb, das oft knapp und unglücklich war, noch lange nachhängen, bis sie wieder neue Ziele ins Auge fassen. Viele, die in den Qualifikationsrunden gescheitert sind, werden mit den ungünstigen Bedingungen oder Verletzungen hadern oder sich darüber ärgern, dass einfach die Tagesform nicht gepasst hat, um weiter vorne zu landen. Viele werden aber auch dankbar sein, dass sie von ihrem Land für die Teilnahme an diesem mythischen Großereignis nominiert worden sind und dadurch eine große Bereicherung erfahren durften.

    Als Fernseholympionike habe ich wenig Ahnung von den quälenden Trainingspraktiken und den eng getakteten Tagesabläufen, denen sich die Sportlerinnen und Sportler unterziehen müssen, die auf internationaler Ebene konkurrenzfähig sein wollen oder gar Weltrekorde aufstellen möchten. Ist ja alles wissenschaftlich bis ins letzte Detail analysiert und programmiert, von den Trainingsmethoden über die Schlafrhytmen bis zur Ernährung. Kontinuierliche Leistungssteigerung und kein Gramm Fett am Körper sind auch eine Frage der Disziplin. Die Bereitschaft zum Leiden muss einem gegeben sein. Und sie wird, wie kürzlich ein Bericht auf Arte bestätigt hat, einem auch von Trainerteams eingebläut, die wissen, wie Talente entwickelt werden. Der Umfang der Investitionen in den Leistungssport und die politische Nutzbarkeit für die Selbstdarstellung sind dafür verantwortlich, dass der Erfolg oft zur einzigen Richtschnur des Förderungssystems erhoben wird. 

    Es ist aber auch aufschlussreich, das Medienereignis und seine aufgrund der Reichweite und der Dauer tiefgreifenden Effekte in den Fokus zu rücken. Ein paar Hintergrundberichte im Fernsehen blenden auch die Leidensgeschichten der Athlet:innen ein, am liebsten, wenn es eine Come-Back-Saga ist wie bei der Turnerin Simone Biles. Im Allgemeinen reduzieren die Medien ihre Berichterstattung zu Olympia auf zwei Botschaften: Medaillen und Fahnen. Notgedrungen bei dem dicht gedrängten Programm. Die Medaillen stehen für die Leistung als zentralem Credo der Sportindustrie, das – wundersame Fügung – dem gesellschaftlichen Leitbild in allen Ländern entspricht. Die Fahnen laden dieses Credo emotional auf und schaffen eine machtvolle Identifikationsschablone mit großer Sogwirkung. Da die Politik bei Olympia systematisch und notwendigerweise ausgeblendet wird – eine afghanische Athletin, die mit dem Mut der Verzweiflung eine Botschaft zur Befreiung der Frauen auf ihrer Kleidung trug, ist disqualifiziert worden - dient die Veranstaltung der Inszenierung und der Legitimation der jeweiligen Regierung und des Establishments. Mit Tom Cruise hat ein Superstar und ausgewiesener Vertreter des US-Establishments die Aufgabe übernommen, die olympische Fahne nach Los Angeles zu bringen. Vielleicht ist auch das eine Botschaft, ganz unverfänglich platziert.

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Salto User
nobody Lun, 08/12/2024 - 23:07

Habe mir gefühlte drei Minuten der Abschlusszeremonie gegeben. Und hoffe darauf, dass wieder was Gscheits im ÖRR gesendet wird (ist zugegebenermaßen ein ambitionierter Wunsch).

Lun, 08/12/2024 - 23:07 Collegamento permanente