Klangreise zwischen Natur und Instrument

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salto.music: Verena und Stefan, stellt euch unseren Leserinnen und Lesern bitte kurz vor. Woher kommt ihr und wie ist euer musikalischer Werdegang? Welche musikalische Erfahrungen in Bands oder mit Solo-Projekten habt ihr bislang gemacht?
Verena Dezini: Ich bin ursprünglich aus Tramin und lebe seit 12 Jahren in Brixen. Musik begleitet mich schon mein ganzes Leben lang. Nach meiner musikalischen Ausbildung in Blockflöte, Klarinette und Schlagzeug habe ich mich auf Perkussionen (Darbouka, Cajon, Rahmentrommel) und später auf die indische Bambusflöte (Bansuri) konzentriert. Der angenehme und entspannende Klang dieses Instruments tut mir sehr gut.
Musikalische Erfahrungen habe ich in verschiedenen Projekten gesammelt, wie zum Beispiel mit dem Perkussiven-Duo Vibemo und mit Tonka Loba, ein Geschichtenerzähler Duo, bei dem wir auf Mittelalterfestivals in Südtirol und Deutschland, sowie in Bibliotheken Geschichten für Kinder aber auch Erwachsene erzählt haben. Schon damals und auch jetzt erzähle ich hauptsächlich Natur- oder Tier-Geschichten, die musikalisch von mir begleitet und umrahmt werden.
Mein musikalischer Weg hat auch meine berufliche Laufbahn beeinflusst. Neben meinem pädagogischen Studium in Brixen habe ich ganzheitliche multimediale Kunsttherapie in Wien studiert. Meine Abschlussarbeit war das 10 Minuten lange Musikstück „Die Einweihung“, das einen intensiven Veränderungsprozess darstellt, und das ich live mit einer Loop-Station aufgenommen und gespielt habe. Im letzten Jahr habe ich meine Ausbildung zur Wildnispädagogin abgeschlossen. Diese hat meine Liebe zur Natur und besonders zu den Vögeln noch verstärkt. Seit drei Jahren organisiere ich in Brixen die „Vogelwanderung“ mit Hugo Wassermann.
All diese Erfahrungen sind nun in meinem neuen Projekt der Selbstständigkeit „Klang der Wildnis“ vereint, das unter anderem darauf abzielt, Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene die Natur durch unterschiedliche Zugänge näher zu bringen, aber auch zum Musizieren mit einfachen Rhythmusinstrumenten zu motivieren. Parallel dazu, hat sich unser Duo Aves & Echo entwickelt.
Stefan Degasperi: Ich komme aus Bozen und spiele seit meiner Jugend Bass. Schon in den 80er-Jahren war ich in verschiedenen Bands aktiv – darunter Garlic, mit Werner Bauhofer und Georg Clementi und auch in der Musikkapelle Bozen. Diese frühen Erfahrungen haben mir ein breites Fundament zwischen Rock, Funk, Country, Liederszene Südtirol und Blasmusik gegeben.
Nach der Matura zog es mich nach Bologna, wo ich am DAMS Musikwissenschaften und Theater studiert habe. Dort kam ich intensiv mit der Stimmimprovisation in Berührung – unter anderem mit dem Teatro della Voce und der Theaterkompanie Rompere gli Argini. Diese Jahre haben mich stark geprägt, weil ich gelernt habe, Stimme und Körper als Instrumente im künstlerischen Ausdruck einzusetzen.
Danach führte mich mein Weg nach Mailand. Dort war ich mit der ProgRock-Band Spire unterwegs und habe einige Veröffentlichungen im Bereich experimenteller Musik und Noise gemacht. Gleichzeitig habe ich als professioneller Ton- und Eventtechniker gearbeitet, was meine technische Seite sehr bereichert hat und mir auch heute in vielen Projekten zugutekommt.
Zurück in Bozen spiele ich seit über zehn Jahren Bass bei Mia Loto, wo ich neben dem Bass auch die Live-Electronics betreue und letzthin auch das Theremin spiele. Außerdem wirkte ich in der elektronischen Experimental-Formation Vector Decay mit, ebenso bei Crazy Day, und bringe mich immer wieder gerne spontan in unterschiedlichste musikalische Projekte ein.
Heute fließen all diese Erfahrungen in das Projekt Aves & Echo ein. Dort kann ich meine verschiedenen musikalischen Sprachen – Bass, Theremin, Obertongesang, akustische Gitarre mit Effekten, Live-Loops und Elektronik – verbinden und gemeinsam mit Verena eine Klangwelt erschaffen, die sowohl aus der Tiefe meiner Biografie schöpft, als auch offen für das Neue bleibt. -
salto.music: Ihr bezeichnet euer Projekt Aves & Echo als eine „Klangreise zwischen Natur und Instrumenten“. Wie habt ihr zum Musik-Duo zusammengefunden? Erzählt uns etwas mehr über die „Verbindung von akustischen Elementen mit moderner Looptechnik“ in eurer Musik.
Verena Dezini: Wir sind ein Paar – in der Musik und im Leben. Unsere Verbindung entstand durch die gemeinsame Leidenschaft für Natur, Musik und das Experimentieren mit Klängen. Ich liebe die akustischen Instrumente und besonders durch meine Erfahrung in Wien, auch das „Loopen“ von Klängen und Melodien. Im Projekt Aves & Echo geht es für uns um ein „Zurück zur Natur“. Wir möchten Aufmerksamkeit schaffen für was und wer uns umgibt, bewusstes Zuhören und Beobachten fördern.
Stefan Degasperi: Mich hat von Anfang an fasziniert, dass Verena so viele ethnische Instrumente spielt, ihre Erfahrung als Geschichtenerzählerin einbringt und einen sehr nahen Bezug zur Natur hat. Das ergänzt perfekt meinen Part mit Technik, Loops und elektronischen Instrumenten. Als Paar stärkt und ergänzt uns dieser Gegensatz – so entsteht ein Dialog zwischen Natur und Technik, der unsere Klangreisen prägt. -
salto.music: Ende Mai 2025 hattet ihr im Circomix in Vintl euer erstes Live-Konzert. Wie ist es gelaufen?
Verena Dezini: Es war ein wundervoller Abend – das Publikum war offen, neugierig und begeistert. Es hat sich mit uns auf die Reise mit den Vögeln und Naturklängen eingelassen. Zum Abschluss gab es unsere rhythmischen Stücke, wo das Publikum ausgelassen tanzte. Die intime Atmosphäre hat perfekt zu unserer Musik gepasst.
Stefan Degasperi: Wir sind mit einer Idee auf die Bühne gegangen, die uns schon seit Jahren begleitet, die sich aber erst durch den Druck der Kommissionierung in den letzten drei Wochen vor dem Auftritt wirklich herauskristallisiert hat. Für mich war spannend zu erleben, wie sich die beiden Teile des Abends entwickelten: zuerst ein ruhiger, meditativ-intensiver Moment, danach ein spielerisch-rhythmischer Abschluss. Besonders faszinierend war, wie das Publikum auf die Kombination aus akustischen Klängen, Live-Loops und elektronischen Elementen reagierte – es hat sich wirklich auf unsere experimentelle Klangwelt eingelassen. Für uns war das eine klare Bestätigung, dass unsere Idee, Natur und Technik in einem Live-Erlebnis zu verbinden, funktioniert. -
salto.music: Seit kurzem ist euer Clip zum Song „Die Zwergohreule“ auf YouTube online. Hierbei verbindet ihr den Ruf der Zwergohreule mit Gitarre, Bass und Bansuri-Flöte. Was könnt ihr zum Stück und zum Clip sagen?
Verena Dezini: Die Zwergohreule hat für uns eine ganz besondere Bedeutung. Zum ersten Mal haben wir ihren Ruf an einem Sommerabend am Meer in einer Pineta gehört – dieser Ruf hat uns nicht mehr losgelassen. Wir haben lange gebraucht, um zu verstehen, dass es sich hierbei um eine sehr kleine Eule handelt. Ihre Größe und ihre Feder-Tarnung machen sie tagsüber fast unsichtbar. Ihr monotoner Ruf wiederholt sich oft stundenlang und ist unverwechselbar.
Stefan Degasperi: Für den Clip haben wir uns bewusst für eine sehr reduzierte Bildsprache entschieden: man sieht nur einen Baum von unten, die Blätter, die im Wind tanzen, die Sonne, die durch die Blätter scheint. So kann man sich ganz auf die Musik einlassen, einfach unter dem Baum liegen, beobachten und loslassen, ohne von zu vielen visuellen Elementen abgelenkt zu werden. Wir haben mehrere Versionen für das Musikvideo ausprobiert, auch klassische Aufnahmen von uns am Strand bei Sonnenaufgang musizierend, aber am Ende hat uns die Schlichtheit überzeugt. So rückt der Vogelgesang in den Mittelpunkt, zusammen mit der Verbindung zur Natur, die wir musikalisch aufgreifen. -
salto .music: Würde es euch stören in die Schublade „Entspannungs- und Wellness-Musik“ gesteckt zu werden?
Verena Dezini: Wir sehen unsere Musik eher als Einladung, sich Zeit zu nehmen und genauer hinzuhören und sich zu fragen, was uns denn eigentlich umgibt? Auf jeden Fall kann unsere Musik entspannend wirken. Einige Stücke sind jedoch auch sehr rhythmisch, wie zum Beispiel „Der Grünspecht“ oder „Der Rabe“. Diese Lieder regen hoffentlich zum Tanzen an.
Stefan Degasperi: Für mich ist unsere Musik zudem ein Versuch, sich wieder mit sich selbst und mit dem, was uns umgibt, zu verbinden – nicht nur mit der Natur, sondern auch mit der Technologie und den Klängen unserer Zeit. Natürlich möchten wir uns nicht in eine Schublade stecken lassen, aber ich kann mir gut vorstellen, dass unsere Musik in Wellness-Momenten, bei Klangreisen im Wald oder an einem See ihre Wirkung entfalten kann.
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salto.music: Habt ihr bereits Pläne für die nahe Zukunft?
Verena Dezini: Wir möchten in den kommenden Monaten alle zehn Lieder veröffentlichen, die wir bei unsrem ersten Konzert gespielt haben und einige Live-Auftritte spielen. Wir möchten an Plätzen spielen, wo Entspannung und Natur einen hohen Stellenwert haben. Menschen in unserer engen Umgebung, die alle zehn Lieder bereits kennen, erzählen, dass sie durch diese Musik, die Umwelt, die Vogelgesänge im täglichen Leben viel intensiver und anders wahrnehmen! Ich denke, das ist auch eines unserer Ziele mit Aves & Echo.
Stefan Degasperi: Im Moment arbeiten wir daran, die improvisierten Stücke von unsrem ersten Konzert zu fixieren, sie jeweils mit passenden Videos zu versehen und sie in regelmäßigen Abständen zu veröffentlichen. Gerade liegt unser Fokus auf dem Stück, das dem Uhu gewidmet ist, während wir gleichzeitig Ideen für das Video zur Möwe entwickeln. -
Aves & Echo: „Die Zwergohreule“, (Offizieller Musikclip), 2025.(c) Aves & Echo
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Info:
Verena Dezini Facebook: https://www.facebook.com/verena.dezini
Verena Dezini Instagram: https://www.instagram.com/verena.dezini/
Stefan Degasperi Facebook: https://www.facebook.com/stefan.degasperi
Stefan Degasperi Instagram: https://www.instagram.com/stefan_degasperi/
Aves & Echo Instagram: https://www.instagram.com/aves_echo/
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