Società | Terrorzelle

“Keine Panik, aber…”

Die Freiheitlichen warnen davor, alle islamischen Mitbürger unter Generalverdacht zu stellen. Sie wiederholen ihre Forderung nach Kontrolle. Die Grünen setzen auf Dialog.

Sie waren unter den ersten, die auf die Nachricht der Verhaftung sieben mutmaßlicher islamistischer Terroristen in Meran, Bozen und am Ritten, reagierten. Umgehend beriefen die Freiheitlichen am Freitag Morgen ein Mediengespräch ein. “Die Aushebung der islamistischen Terrorzelle in Meran ist mit Sicherheit kein Grund zu einer allgemeinen Panik, auch weil die Sicherheitskräfte exzellent gearbeitet haben”, eröffnet Sigmar Stocker die Pressekonferenz. Von einer Schließung der Gebetsräume, wie sie etwa die Lega Nord im Trentino fordert, halten die Freiheitlichen nichts. “Aber”, fährt Stocker fort, “es braucht künftig harte und scharfe Kontrollen der islamischen Vereine und Gemeinschaften in unserem Land.”


Sicherheit durch Kontrolle

Er erinnert daran, dass er bereits mehrfach bei Landeshauptmann und Regierungskommissäriat um Auskunft über die Anzahl und Tätigkeiten der in Südtirol existierenden Islam-Vereine gefragt hatte. “Doch im Gegensatz zu 2012, als mir der damals zuständige Landesrat Roberto Bizzo sehr wohl eine zufrieden stellende Antwort gegeben hat, hieß es von Arno Kompatscher und Elisabetta Margiacchi 2014 und 2015: keine Auskunft.” Es gebe keine Informationen darüber. Und das könne nicht sein, wie die Ereignisse in Meran und im Rest des Landes gezeigt hätten, so die Freiheitlichen. “Denn wer weiß, vielleicht waren die nun Festgenommenen sogar Mitglieder in einem solchen Verein?”, stellen sie eine brisante Frage in den Raum.

Spekulationen schüren nur Ängste. (Ulrich Ladurner im RAI-Morgengespräch)

v.l.: Roland Tinkhauser, Tamara Oberhofer, Sigmar Stocker, Walter Blaas, Pius Leitner

Was die Blauen jetzt fordern sind allerdings “keine Schnellschüsse” und “keine Leichtfertigkeit” sondern “eine klare Linie von der Landesregierung”. “Wir müssen uns auf härtere Zeiten einstellen und daher in mehr Sicherheit investieren”, meinen sie. Dazu gehöre eben auch, die islamischen Vereine zu kontrollieren. Wie sie sich das vorstellen? “Festhalten, welche Tätigkeiten dort vonstatten gehen, wer die Mitglieder sind, in welcher Sprache und mit welcher Einstellung zum Beispiel Kenntnisse über Kultur und Religion an die Kinder vermittelt wird, wo die Geldflüsse zur Finanzierung herkommen und so weiter.” Darüber hinaus brauche Südtirol endlich mehr Zuständigkeiten in Sachen Einwanderungspolitik. Denn, so die Freiheitlichen, “die Verantwortung für die Sicherheit tragen nicht alleine die Ordnungskräfte, sondern vor allem die Politik”. Offene Tore und verteufelte Grenzen seien zu einem Großteil für die “immer schlechtere Sicherheitslage in Europa” verantwortlich. “Die anhaltenden Flüchtlingsströme sind geradezu eine Einladung an Terroristen, nach Europa zu reisen”, befürchten die Blauen.


Zusammen wehrhaft

Davor, Migration und Terror zu vermischen, warnt indes der gebürtige Meraner DIE-ZEIT-Journalist Ulrich Ladurner. “Das muss man auseinanderhalten”, mahnt er im RAI-Morgengespräch. Außerdem dürften nach den Vorfällen von Donnerstag Morgen jetzt Ängste nicht noch bedient, sondern es müsse “rational und sachlich” diskutiert werden. Der Nahost-Experte ist sicher: “Wir haben kein Islamisten-Problem, sondern müssen heute, wie früher zu Zeiten des RAF und der Brigate Rosse, mit dem Terrorismus leben.” Die Sicherheitskräfte hätten auch ausgeschlossen, dass Südtirol Ziel von Anschlägen der festgenommenen Mitglieder der Terrorzelle gewesen sei, daher “braucht es nun keine Spekulationen, diese schüren nur Ängste.” Ähnlich sehen es auch die Grünen. “Unser Land war ideale Tarnung, nicht Operationsgebiet.” Sie begrüßen es, dass sich religiöse Vertreter unmittelbar nach der Festnahme von der islamistischen Terrorszene in aller Schärfte distanziert hätten. “Das bestätigt ein weiteres Mal, wie sehr der Islam und sein Ansehen unter dem Islamismus leiden”, so die Grünen.

Für sie gilt es nun, auf Dialog, Inklusionsmaßnahmen und die “Förderung guten Zusammenlebens der Religionen in Südtirol” zu setzen. Auch, wenn sie sich bewusst seien, dass “Südtirol keine Insel der Seligen, sondern wie alle anderen Länder Teil einer globalisierten Welt” sei. “Ja, uns hat es voll erwischt, und wir sind kein Land der Seligkeit mehr”, sagen auch die Freiheitlichen. Doch könne nicht von der Hand gewiesen werden, dass Südtirol sehr wohl ein Sicherheitsproblem habe. “Wir dürfen uns nicht trennen lassen”, warnt Ulrich Ladurner: “Denn Hass und Angst verbreiten ist das, was die Terroristen wollen. Wir aber sind eine starke Gesellschaft und müssen uns an jene Werte erinnern, die uns zu einer solchen machen: Offenheit, Toleranz und Wehrhaftigkeit.”