Sport | Salto Gespräch
Digitale Wölfe auf Punktejagd
Foto: HC Pustertal E-Sports
Hannes Stoll, der beim HC Pustertal das Tor gehütet hat, geht nun als Flügel digital auf Torjagd. Lukas Purer, Center und Mannschaftskapitän bringt E-Sports Erfahrung mit an die Konsole. Die beiden erzählen von Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen Sport und E-Sport, analogem und digitalem Wettkampf.
Herr Stoll, Herr Purer, was hatten Sie zuerst in der Hand: Einen Hockeyschläger oder einen Gaming-Controller?
Hannes Stoll: Ich zuerst einen richtigen Hockeyschläger, mit drei oder vier Jahren. Der Controller kam dann später, mit 13, 14 Jahren.
Lukas Purer: Bei mir sah es gleich aus. Ich habe zum Spaß, nebenbei Hockey gespielt, das Spiel an der Konsole kam dann später.
Das Eishockey Spiel NHL erscheint nur für Konsole, nicht für den PC. Ist auf der Konsole spielen zu müssen für Sie ein Nachteil? Man denkt bei E-Sports eher an den PC…
Purer: Ich glaube nicht, es hängt eher von der Sparte des E-Sports ab. Am PC sind mehr Anpassungen möglich, das schafft mit anderen Set-Ups ungleiche Voraussetzungen. An den Konsolen hat jeder die gleichen Vorzeichen, das gleiche Werkzeug.
Stoll: Ich spiele auch mit Monitor, das heißt, man achtet schon darauf, dass die Latenz-Zeiten, die Verzögerungen, auch durch Glasfaser, möglichst niedrig sind.
Wie kam es zur Idee eine E-Sports Mannschaft des HCP zu gründen? Das war wahrscheinlich nicht eine Idee die der Verein hatte…
Stoll: Wie Sie sagen, der HCP hatte nicht die Idee. Es gab in der vergangenen Saison ein Turnier dass der HC Pustertal und der HC Bozen über die Seite ESL (Electronic Sports League) veranstaltet haben, das Lukas Purer mit anderen im Team gewonnen hat. Solange ich noch aktiv Hockey gespielt habe, hatte ich auch nicht so viel Zeit. Lukas hat im Anschluss für den Verein eine Präsentation gestaltet, die gut ankam und man hat sofort Unterstützung zugesichert.
Im Prinzip sind die Abläufe ähnlich, wie bei einer Eishockey-Mannschaft... (Lukas Purer)
Wie kann man sich das Training für das Turnier vorstellen?
Purer: Im Prinzip sind die Abläufe ähnlich, wie bei einer Eishockey-Mannschaft: Es gibt fixe Trainingstage, an welchen Teamtrainings stattfinden, zu denen man vorbereitet kommt und weiß, was trainiert wird: Gewisse Szenen oder Aktionen werden dann nachgestellt. Taktiken und Set Plays werden auch trainiert. Ansonsten wir individuell trainiert: Schießen und Passen lassen sich auch im 1 gegen 1 Modus üben, den es auch im Spiel auch gibt. 6 gegen 6 wird gespielt, wenn die Mannschaft zusammen spielt.
Stoll: Wenn wir Teamtraining haben, sind das meistens an die zwei Stunden, von 8 bis 10 Uhr. Wir verabreden uns dann, jeder nimmt seine Position ein und dann sucht man sich Gegner, die vom Spiel an den eigenen Skill-Level angepasst werden.
Purer: Dazu muss man sagen, wir sind während dem Spiel im Voice-Chat und geben uns Anweisungen. Wie typisch beim Eishockey gibt es Kurzanweisungen, Teamsport-Talk.
Es gibt wohl auch weniger Störfaktoren als auf dem Eis - läuft die Kommunikation anders ab?
Stoll: Wie Sie sagen, es sind da keine Fans, die laut sind. In Bezug auf die Kommunikation ist das sicher ein Vorteil. Wenn jemand etwas sagt, dann hört es jeder.
Purer: Ja, aber es ist normal, dass man im Teammodus etwas nervöser ist und unter Strom steht. Dann wird es von allen Seiten etwas lauter, aber nicht böse.
Also kommt Trashtalk vom Gegner?
Purer: Klar, das gehört immer dazu, es hält sich aber alles in Grenzen. Teilweise kennt man sich auch. Da ist es wie bei einem richtigen Eishockey-Spiel und man schaut, dass man noch abklatschen und sich die Hand geben kann.
Es ist natürlich auch Reaktionsgeschwindigkeit sowohl am Eis, als auch an der Konsole etwas vom Wichtigsten (Hannes Stoll)
Herr Stoll, welche Fähigkeiten konnten Sie vom Eishockey-Feld mit in die Simulation nehmen?
Stoll: Ausdauer, man muss bereit sein zu arbeiten und bekommt nichts geschenkt. Man muss dran bleiben und viel trainieren und ausprobieren. Man muss lernfähig sein und sich von anderen etwas sagen lassen. Es ist natürlich auch Reaktionsgeschwindigkeit sowohl am Eis, als auch an der Konsole etwas vom Wichtigsten. Auch im Bezug auf die „Kabine“ ist es wichtig auch über anderes miteinander zu sprechen, also teamfähig zu sein.
Was mussten Sie erst erlernen?
Stoll: Das Spiel an sich. Auch trifft man sich ja nicht real und sieht seine Mitspieler nicht. Man hört sich zwar, aber wenn man die Gestik während des Spiels sieht, ist das etwas anderes. Unser Team ist auch recht verstreut, wir haben etwa zwei Engländer mit dabei. Die Entfernung ist immer eine gewisse Hürde.
Wie lautet das Ziel für die erste Saison? Aufstieg?
Purer: Ich denke auf jeden Fall Aufstieg. Das ist auch ein realistisches Ziel und wir haben hart darauf hingearbeitet und die Mannschaft ist dafür zusammengestellt und darauf eingestellt, dass wir heuer zumindest in die Playoffs kommen. In unserer Division sind etwa 30 Mannschaften, das Ziel ist es einen Deep Run zu starten. Ich denke die Mannschaft hat es in sich.
Stoll: Es ist vielleicht wichtig zu wissen, dass nicht nur das erstplatzierte Team das Recht hat aufzusteigen, die Mannschaften die in der KO-Phase weit genug kommen, haben die Berechtigung für das nächste Turnier ein Qualifyer um den Aufstieg zu spielen.
Herr Purer, als Kapitän, wie schwierig ist es digital für Zusammenhalt zu sorgen?
Purer: Teambuilding und die Dynamiken im Team zu verstehen sind jeden Tag Herausforderungen. Auch Anmerkungen sind, wenn es sie mal braucht, schwierig zu machen. Es gilt den richtigen Ton zu treffen. Das ist auch eine Meinungsfrage: Im Team gibt es verschiedene Charaktere.
Geben Sie während des Spiels taktische Anweisungen?
Purer: Während dem Spiel kommen die Anweisungen sicher viel von mir. Nicht nur von mir, denn wenn jemand einen möglichen Spielzug sieht, kommt das vom Team. Aber klar, taktische Züge wie den Torwart mit in den Angriff zu nehmen oder ein Powerplay zu nutzen, das kommt viel von mir, aber auch von Hannes, der das taktische Verständnis aus dem richtigen Eishockey mitbringt. In der Leadership-Rolle bin ich zum Glück nicht allein und werde von den anderen Assistant-Captains unterstützt.
Im Laufe der zwei Stunden Stream hatten wir über 600 Geräte die vorbei geschaut haben, mit einem Spitzenwert von 140. Das ist nicht schlecht, fast mehr als bei manchen Spielen am Eis. (Hannes Stoll)
Wo gibt es die Möglichkeit die Spiele der E-Sports Mannschaft des HC Pustertal zu sehen?
Stoll: Wir haben auf twitch.tv einen offiziellen Kanal erstellt, auf dem wir bereits einen Testlauf hatten. Sobald unsere Spieltage feststehen werden wir diese auf Facebook und Instagram veröffentlichen. Beim Probe-Stream waren wir von den recht guten Zuschauerzahlen überrascht: Im Laufe der zwei Stunden Stream hatten wir über 600 Geräte die vorbei geschaut haben, mit einem Spitzenwert von 140. Das ist nicht schlecht, fast mehr als bei manchen Spielen am Eis. im Turnier versuchen wir den technischen Standard, der beim Test-Stream nicht schlecht war, mit Gesichtskameras, Intros, Grafiken zu verbessern.
Gibt es dabei ein Spielkommentar, oder sind im Audio die Spieler zu hören? Und wird es eine Nachbesprechung geben?
Purer: Der erste Stream war, wie gesagt, ein Test, für Hardware und Szenenabläufe. Das wird gerne unterschätzt, dahinter steckt eine ganze Regie, die jemand übernehmen muss. Da gibt es auch sicher noch Potential. Wir haben über Feedback schon eine Schwachstelle entdeckt, das Audio im Spiel funktionierte nicht. Da gilt es eine Lösung zu finden.
Nachbesprechungen gibt es natürlich, auch wenn wir die nicht streamen: Es werden für ein Video-Coaching Szenen ausgewählt, die man sich nach dem Spiel anschaut. Man sieht dann, was man verbessern kann, oder betreibt Scouting der Gegner, um zu sehen, wie man auf ihre Set Plays reagieren kann.
Es fehlen die Möglichkeiten sich im E-Sport zu organisieren. Ich denke, es gäbe einen fruchtbaren Boden dafür, sei es von Seiten der Spieler, wie auch was das Interesse des Publikums betrifft. (Lukas Purer)
Sind Sie glücklich als einsame Wölfe in der Südtiroler E-Sports Landschaft oder wünschen Sie sich Konkurrenz?
Stoll: Konkurrenz und mehr Menschen, die sich für das Thema begeistern, sind immer willkommen. Wenn etwa das Derby zwischen HC Pustertal und Bozen auch digital ausgetragen würde, wäre das sicher spannend.
Purer: Ich glaube nicht, dass die einzelnen Spieler das Problem sind, die würden spielen wollen. Es gibt aber die Strukturen für E-Sports Mannschaften nicht, wie sie in der Schweiz, Deutschland oder besonders in Skandinavien vorhanden sind. Es fehlen die Möglichkeiten sich im E-Sport zu organisieren. Ich denke, es gäbe einen fruchtbaren Boden dafür, sei es von Seiten der Spieler, wie auch was das Interesse des Publikums betrifft. Ich kenne in Südtirol viele die „NHL“ spielen, wie professionell ist eine andere Frage. Aber ob wir uns allein fühlen ist relativ: Die Community ist recht groß, es sind mehrere tausend Personen im deutschsprachigen Raum. Allein sind wir nicht.
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