Politica | Nahostkonflikt

Brief an einen guten Freund

Israel, mein guter Freund, es fällt mir schwer, diese Zeilen an Dich zu schreiben
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Israelische Sperranlagen (Westjordanland)
Foto: Tamar Hayardeni

Israel, mein guter Freund,

es fällt mir schwer, diese Zeilen an Dich zu schreiben, denn ich sehe Dein Volk in den Schutzräumen, weinend und zitternd vor Angst; sehe die lähmende Furcht vor den Raketen der Radikalen und dem plötzlichen, willkürlichen Tod, die sich wieder in den Alltag Deiner Kinder frisst.

Ich spüre Deine Sorge, wieder Heimat zu verlieren, wieder fremd und schutzlos zu sein, so, wie tausende Jahre und über viele Generationen zuvor.

Echte Freunde sind füreinander da. Ich verspreche Dir daher, Du wirst nicht alleine sein in diesen schweren Stunden und auch morgen, übermorgen werde ich an Deiner Seite sein, denn Dein Existenzrecht ist nicht verhandelbar.

Der unschätzbare Wert echter Freundschaft zeichnet sich aber auch dadurch aus, dass man einem Freund aus Zuneigung (und nicht aus Boshaftigkeit) stets auch die ungeschminkte Wahrheit zumuten kann und muss. Zu dieser Wahrheit gehört eben auch das Leiden deiner Brüder und Schwestern jenseits der Mauern und Stacheldrahtzäune. Deine jahrzehntelange Besatzung, Rechtlosigkeit und der Verlust von Heimat haben auch dort tiefe, schmerzende Spuren hinterlassen und sind der Zündstoff, der den Konflikt mit Deinen Geschwistern immer weiter anheizen wird.

Auch Du mein Freund hast Fehler gemacht, Land enteignet, Familien vertrieben, Vereinbarungen nicht eingehalten. So kann es nicht weitergehen, auch wenn einige (und leider immer mehr) Deiner eigenen Bürgerinnen und Bürger diesen Weg für einen gottgefälligen oder gar gottgewollten halten mögen. Wir wissen beide, er ist falsch und unrecht.

Dieses geschundene, unheilige Land kann keinem alleine gehören. Es braucht einen neuen Weg der echten Hoffnung, einen Weg in die Zukunft für beide – für Dich Israel, aber auch für Palästina.

Ansonsten werden weiter Mütter und Väter ihre Kinder zu Grabe tragen müssen, dies- und jenseits der Mauern, in einer nicht endenden wollenden Spirale aus Hass und Gewalt.

Schalom Israel

Felix