Gemeinschaftshäuser: Fluch oder Segen?

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Die Gemeinschaftshäuser sollen Südtirols Gesundheitssystem stärken und Wartezeiten verkürzen. Gesundheitslandesrat Hubert Messner (SVP) hat heute die Baustelle in Leifers besucht, um die neue Struktur in der Unterbergstraße der Öffentlichkeit vorzustellen. Auch der Landesrat für Hochbau, Christian Bianchi (Forza Italia), und der Bürgermeister von Leifers, Giovanni Seppi (SVP), waren vor Ort. Der Rohbau ist nun abgeschlossen und es soll im Frühling 2026 eröffnet werden.
Doch bei der Südtiroler Ärzteschaft herrscht weiterhin Skepsis gegenüber dem Vorhaben, das unter anderem mit PNRR-Geldern finanziert wird. Im Gemeinschaftshaus sollen Hausärztinnen, Fachärzte, Pflege- und Sozialdienste vernetzt arbeiten. „Keiner weiß, wie das genau aussehen soll“, erklärt Astrid Marsoner, Präsidentin der Südtiroler Ärztekammer. Die Ärzte befürchten einen Rückschritt in der wohnortnahen medizinischen Grundversorgung. „Es wird keines der Probleme lösen, sondern neue schaffen“, so Marsoner.
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Landesrat Hubert Messner erklärt beim Lokalaugenschein: „Im Leiferer Gemeinschaftshaus werden neben wichtigen sozialen und gesundheitlichen Diensten auch zwölf Palliativbetten zur Verfügung stehen, zudem soll das Haus zu einer zentralen Anlaufstelle für die wohnortnahe Versorgung der Bürgerinnen und Bürger werden.“ Ein weiteres Ziel sei es, vor allem chronisch erkrankte Menschen ohne lange Wege und mit kurzen Wartezeiten zu betreuen. „Es erfüllt uns mit Stolz, die erste Gemeinde Südtirols zu sein, in der ein solches Gemeinschaftshaus, ein innovatives Projekt im Gesundheits- und Sozialbereich, fertiggestellt wird“, so Seppi.
Insgesamt sind für Südtirol zehn Gemeinschaftshäuser vorgesehen, verteilt auf folgende Gemeinden: Bozen, Brixen, Bruneck, Klausen, Neumarkt, Leifers, Meran, Naturns, Innichen, Sterzing.
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Die Kritik der Ärztekammer
Die Präsidentin der Ärztekammer arbeitet selbst als Hausärztin in Niederdorf im Pustertal. „Mit Gemeinschaftshäusern würde das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient verloren gehen. Ich kenne die Lebensgeschichte und Vorerkrankungen meiner Patientinnen und Patienten und kann deshalb Symptome und Beschwerden besser beurteilen“, so Marsoner. Die Einsicht in die elektronische Gesundheitsakte sei leider wenig hilfreich, da die Akte meist unvollständig und wenig übersichtlich sei. „Die Einhaltung des Datenschutzes ist nachvollziehbar, aber es muss mit Hausverstand umgesetzt werden“, erklärt sie. Hausärzte sind hierzulande freiberuflich tätig und ihre Arbeitszeiten können flexibel gestaltet werden, auch Nacht- und Wochenenddienste sind Teil der Arbeit. Schichtdienst in einem Gemeinschaftshaus widerspreche deshalb dem Berufsverständnis einer Hausärztin.
Marsoner spricht sich stattdessen für mehr Gemeinschaftspraxen aus. „Da sich heute mehr Frauen für den Beruf entscheiden, ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein wichtiges Thema. In Gemeinschaftspraxen mit mehreren Hausärzten ist eine Vertretung bei Abwesenheit leichter machbar“, so Marsoner. Ein Beispiel für solche Einrichtungen ist die Gemeinschaftspraxis Medilife in Leifers, eröffnet vor zwei Jahren. „Wenn sie anfragen, können sie auch im Gemeischaftshaus als Allgemeinmediziner arbeiten; zwingen werden wir niemanden dazu. Ein Hausarzt bleibt grundsätzlich ein Hausarzt, der in einem Gemeinschaftshaus zusätzliche Stunden in einem interdisziplinären und multidisziplinären Team arbeiten kann. Wir brauchen keine Parallelstrukturen“, stellt Landesrat Messner klar.
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Aus meiner Sicht…
Aus meiner Sicht unterschätzt Marsoner das Potenzial von Gemeinschaftshäusern, allerdings ist ihre Kritik berechtigt, da auch ich die aktuellen Umsetzungspläne als kontraproduktiv bezeichnen würde.
Aktuell ist ja der Plan, die Diensträder im Gemeinschaftshaus nicht durch zusätzliche Stellen zu bespielen, sondern die Stunden bei den Hausärzten aus dem Bezirk zu rekrutieren. Da diese aber noch eine (im Regelfall ausgelastete) Hausarztordination führen müssen, ist deren Verfügbarkeit begrenzt. Das führt dazu, dass nach dem aktuellen Modell viele Ärzte dort jeweils wenige Stunden pro Woche arbeiten würden.
Dies widerspricht aber völlig dem Gedanken der Primärversorgung in einem Zentrum, denn der größte Mehrwerte dieser Zentren ist die interdisziplinäre, berufsgruppenübergreifende Arbeit. Solche Teamarbeit funktioniert am besten, wenn das Team eingespielt ist. Daher ist es z.B. in Österreich so, dass in solchen Zentren ein fixes Ärzteteam bestehend aus drei bis sieben Allgemeinmedizinern tätig ist. So können sich dann auch standardisierte Abläufe entwickeln.
Meiner Meinung nach sollte man auf die PNRR Gelder verzichten und sich dafür das Privileg herausnehmen, vernünftige, von den italienischen Vorgaben abweichende Konzepte umzusetzen, die sich an den Standards in UK, der Schweiz, Slowenien oder Österreich orientieren. Das sind alles Länder, in denen diese Konzepte gut zu funktionieren scheinen.
Bei den ALLES eher als…
Bei den ALLES eher als vernünftigen Bauten für die Sanität, wird das Geld der Landes-Regierung recht locker!
Beispiel KH-BZ:
Zimmer + Ambulatorien zu eng
dafür sehr großzügige Warteräume an der falschen Stelle (Zeitverlust Ambulatorien)
babylonische Bewegungs-Räume, die sogar bei den CORONA-Impfungen zu groß waren
+ wegen dem zuvielen Glas im Sommer (sehr teure Überhitzung ...)
stümperhafte "selber gestricke EDV-Programme, die den Ärzten + dem Sanitäts-Personal wertvolle Zeit stiehlt!",
statt ver
In risposta a Bei den ALLES eher als… di Josef Fulterer
... vernünftig laufende EDV…
... vernünftig laufende EDV-Programme zu kaufen, bei denen nur die 2. Sprache zu ergänzen wäre ...!
Und der Vinschgau wird…
Und der Vinschgau wird wieder einmal vergessen, dort werden schon zu wenig SVP (Messner)-Wähler wohnen ...