Cronaca | Justiz
„Ich bleibe in Campobasso“

Foto: Suedtirolfoto.com / Othmar Seehauser
Salto.bz: Herr Oberstaatsanwalt Rispoli, ein coup de théâtre. Kehren Sie jetzt nach Südtirol zurück?
Guido Rispoli: (lacht) Nein, ich werde sicher nicht nach Südtirol zurückkehren. Es geht hier um ein Urteil des Verwaltungsgerichts Latium. Das Gericht ist der Meinung, dass es im Ernennungsverfahren des obersten Richterrates CSM für das Amt des Oberstaatsanwaltes an der Staatsanwaltschaft Campobasso einen Formfehler gegeben hat.
Es fehlt Ihnen ein Spezialisierungskurs?
Jein. Das neue Gesetz listet unter den Voraussetzungen einen Kurs für leitende Beamte auf. Aber der CSM hat einen Beschluss gefasst, dass allein die Anmeldung zu diesem Kurs als Voraussetzung anerkannt wird. Der Grund dafür ist einfach: Das neue Gesetz war eben erst in Kraft getreten und von rund 1.000 Staatsanwälten hatten zu diesem Zeitpunkt keine Handvoll diesen Spezialisierungskurs absolviert. Damit aber wären alle Ernennungen blockiert gewesen. Deshalb hat der CSM eine Art Übergangsbestimmung geschaffen. Innerhalb einer gewissen Zeit können auch jene ernannt werden, die sich erst zum Spezialisierungskurs angemeldet haben. Wobei man eines sagen muss: Es geht hier um einen Kurs, der 5 Tage dauert.
Warum haben Sie diesen Kurs nicht absolviert?
Ich habe den Kurs absolviert. Ich wurde Anfang Jänner 2016 ernannt. Und noch im selben Monat habe ich den Kurs in Scandicci bei Florenz besucht. Übrigens mit ausgezeichnetem Erfolg. Das heißt, dass ich inzwischen alle Voraussetzungen erfülle. Es stimmt aber: Als ich mich beworben habe, fehlte mir diese Voraussetzung noch. Das Verwaltungsgericht hat jetzt entschieden, dass meine Ernennung nicht rechtens ist.
Sie sind nicht der einziger Oberstaatsanwalt, dessen Ernennung vom Verwaltungsgericht Latium annulliert wurde?
Nein. Es gibt in Italien insgesamt 26 Oberstaatsanwälte. Rund zehn Ernennungen sind jetzt vom Verwaltungsgericht aus demselben Grund annulliert worden. Betroffen sind zum Beispiel die Oberstaatsanwälte von L´ Aquila, Benevento oder von Sassari.
Sie persönlich haben sich in das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht erst gar nicht eingelassen. Haben Sie das Ganze unterschätzt?
Nein. Ich habe mich nicht eingelassen, weil die Klage gegen die Ernennung durch den CSM ging. So hat sich die Staatsadvokatur für den CSM in das Verfahren eingelassen. Wobei die Staatsadvokatur jetzt auch beim Staatsrat gegen das Urteil berufen wird.
Konkret: Müssen Sie jetzt ihren Schreibtisch in Campobasso räumen?
Nein. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Das heißt ich bleibe vorerst in Campobasso im Amt.
Also ist das Ganze eher ein Sturm im Wasserglas?
Irgendwie schon. Derzeit gibt es das Urteil, das meine Ernennung annulliert. Jetzt kommt die Berufung beim Staatsrat. Sollte auch der Staatsrat dieses Urteil bestätigen, dann geht das Ganze wieder an den CSM zurück, der die Ernennungen wiederholen muss. Denn es ist nicht so, dass der Staatsrat sagen kann, anstatt Rispoli geht jetzt Tizio oder Caio nach Campobasso. Bei den Ernennungen des CSM gibt es nur einen Sieger, aber keine Rangordnung. Das heißt: Wird die Ernennung annulliert, gibt es keinen Kronprinzen, sondern das Verfahren wird neu durchgeführt.
„Sollte auch der Staatsrat dieses Urteil bestätigen, dann geht das Ganze wieder an den CSM zurück, der die Ernennungen wiederholen muss. Denn es ist nicht so, dass der Staatsrat sagen kann, anstatt Rispoli geht jetzt Tizio oder Caio nach Campobasso.“
Und Sie würden wieder teilnehmen?
Natürlich. Vor allem aber habe ich jetzt jenen Spezialsierungskurs, den das Verwaltungsgericht beanstandet hat. Deshalb glaube ich nicht, dass der CSM dann den Staatsanwalt ernennen wird, der gegen meine Ernennung geklagt hat.
Nehmen wir den Worst Case: Der Staatsanwalt bestätigt das Urteil und der CSM ernennt einen anderen Oberstaatsanwalt in Campobasso. Was tun Sie dann?
Ich habe es immer offen gesagt. Ich bin nach Campobasso gegangen, weil es ein nötiger Schritt ist, um jenes berufliche Ziel zu erreichen, das ich wirklich anstrebe. Mein Traum ist es als stellvertretender Staatsanwalt am Kassationsgericht meine Karriere zu beenden. Das völlig Paradoxe daran: Sollte dieses Urteil rechtskräftig werden, dann würde es diesen Weg noch beschleunigen. Ich habe jetzt die Funktion des Generalstaatsanwaltes und der CSM muss mich – auch bei einer Annullierung des Wettbewerbs - in dieser Rolle einsetzen. Damit bleibt fast nur mehr die Kassation. Aber um Missverständnisse vorzubeugen: Ich hoffe, dass meiner Ernennung in Campobasso bestätigt wird und ich später im normalen Verfahren ans Kassationsgericht nach Rom komme.
Seit Monaten rittern Markus Mayr und Giancarlo Bramante in Bozen um Ihre Nachfolge. Haben beide jene Voraussetzungen, die das Verwaltungsgericht Ihnen abspricht?
Nach meinem Wissen nicht. Das heißt, beiden haben den Kurs zwar absolviert, aber nachdem sie ihre Gesuch zu Ernennung des leitenden Staatsanwaltes beim CSM eingereicht haben. Demnach würde auch die Ernennung des Chefs des Bozner Staatsanwaltschaft annulliert werden.
„Mein Traum ist es als stellvertretender Staatsanwalt am Kassationsgericht meine Karriere zu beenden. Das völlig Paradoxe daran: Sollte dieses Urteil rechtskräftig werden, dann würde es diesen Weg noch beschleunigen.“
Merken Sie, dass es in Südtiroler Justizkreisen eine gewisse Schadensfreude über dieses Urteil gibt?
(lacht) Ich befürchte, dass bei jenen, die sich jetzt heimlich freuen, am Ende ein große Enttäuschung folgen wird. Nicht nur weil ich in Campobasso bleiben werde, sondern weil mir paradoxerweise eine Annullierung der Ernennung, noch bessere berufliche Perspektiven eröffnen würde. Demnach müssen diese Leute hoffen, dass das Urteil nicht bestätigt wird. Denn sonst treffen Sie mich am Kassationsgericht in Rom wieder.
Acconsenti per leggere i commenti o per commentare tu stesso. Puoi revocare il tuo consenso in qualsiasi momento.