Ambiente | Geschlossener Hof

Ende der Spekulation

Nach 20 Jahren wilder Immobilienspekulation im landwirtschaftlichen Grün will man endlich das Höfegesetz abändern. Jetzt liegt der Gesetzentwurf vor.
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Arnold Schuler nennt eine Zahl. „Wir gehen davon aus, dass zwischen 2003 und 2015 160 neue geschlossene Hofstellen errichtet wurden“, sagt der Landesrat für Landwirtschaft gegenüber der Tageszeitung. Es ist eine Zahl, die erahnen lässt, was dahinter steckt.
Denn seit über zwei Jahrzehnten ist die Südtiroler Institution „geschlossener Hof“ zu einem Spekulationsobjekt in der Immobilienbranche geworden.
Das Höfegesetz, gemacht für die Südtiroler Bauern, damit die Höfe in der Erbfolge nicht aufgeteilt und zerstückelt werden, kann man vom Prinzip her durchaus als europäisches Vorzeigemodell sehen. In der Praxis haben aber findige Spekulanten die Regelung ad absurdum geführt und zu einem Millionengeschäft gemacht.
Vor allem in stadtnahen Gemeinden im Überetsch und Burggrafenamt wurde das Instrument des geschlossenen Hofes dazu pervertiert, honorigen Kunden eine Villa im Grünen zu bauen. Spezialisierte Makler suchten dafür Jungbauern, die nach dem Gesetz die Voraussetzungen zur Errichtung einer Hofstelle hatten. Weil diese dann offiziell ins Straucheln gerieten, mussten sie den Rohbau oder das genehmigte Projekt verkaufen. So wurden schön geplant Anwälte, Unternehmer oder Journalisten zu rechtmäßigen Besitzern von geschlossenen Höfen. Die landwirtschaftlichen Gründe wurden dann meist über findige Pachtverträge den Bauern zurückgegeben.
Diese Schiebereien entwickelten sich für einige wenige zum florierenden Geschäftsmodell. So gibt es Grundstücke, die mehrmals zur Schließung von Höfen verwendet wurden. Auch weil niemand genau nachkontrolliert hat.
 
So kaufte ein ehemaliger SVP-Asssessor und Unternehmer in Eppan von zwei Jungbauern zwei genehmigte Projekte für zwei Hofneubauten. Der Direktor der Milkon baute sich als Jungbauer einen geschlossenen Hof. Oder ein Gadertaler Hotelier ist gerade dabei eine neue Hofstelle zu errichten. Das sind nur drei Fälle von Dutzenden.
Jahrelang hat nicht nur die Politik zugeschaut, sondern auch in den Höfekommissionen hat man mehr als nur ein Auge zugedrückt. Auch weil die Schlupflöcher im Gesetz äußerst weitmaschig waren.
 

Das neue Gesetz

 
Diese Schlupflöcher will man jetzt stopfen. Am vergangenen Dienstag hat die Landesregierung den Gesetzentwurf: „Änderungen zum Höfegesetz und zum Landesraumordnungsgesetz“ verabschiedet. Das neue Gesetz soll genau diese Spekulationen rund um den geschlossenen Hof verhindern.
Dazu werden die Bedingungen für die Neubildung von geschlossenen Höfen ohne Wohn- und Wirtschaftsgebäude deutlich erschwert. Denn in Zukunft müssen alle für die Bildung eines geschlossenen Hofes geeigneten landwirtschaftlichen Nutzflächen im Eigentum der Antrag stellenden Person und deren Eltern sowie die nach Eheschließung vom Ehegatten erworbenen Liegenschaften einbezogen werden.
 
Von den Junglandwirten und Junglandwirtinnen wird nun auch verlangt, dass sie in den letzten fünf Jahren in der entsprechenden Vor- und Fürsorgeverwaltung beim NISF eingetragen waren. Ab nun dürfen nicht nur die Antragstellenden selbst oder ihre Eltern, sondern auch deren Ehegatte/Ehegattin in den letzten fünf Jahren kein Eigentum an einer Wohnung gehabt haben, die sich für die Unterbringung einer bäuerlichen Familie eignet, weder in Allein- oder Miteigentum noch als Teilhaber einer Gesellschaft. Zum Erreichen der Mindestfläche dürfen zudem keine Flächen herangezogen werden, die zuvor von anderen geschlossenen Höfen abgetrennt wurden.
Außerdem dürfen die örtlichen Höfekommissionen die Neubildung von geschlossenen Höfen von Junglandwirtinnen und Junglandwirten nur mehr unter der Bedingung genehmigen, dass ein 20jähriges Veräußerungsverbot im Grundbuch angemerkt wird. Damit ist das Geschäftsmodell der Spekulanten endgültig gestorben.
 
Der Pizzinini-Paragraph
 
Das neue Gesetz enthält aber auch eine Bestimmung, die das verhindern soll, was in der Gemeinde Abtei rund um den geschlossenen Hof „Alpenrose“ des Hoteliers Paolo Pizzinini passiert ist. Salto.bz hat diese Geschichte von Anfang an nachgezeichnet.
Denn der neue Gesetzesvorschlag enthält in Artikel 20 eine „Authentische Auslegung“ des Landesraumgesetzes. Im neuen Gesetz heißt es:
 
„9. Artikel 107 Absatz 7 erster Satz wird in dem Sinne ausgelegt, dass die vor Inkrafttreten des Landesgesetzes vom 23. Juni 1992, Nr. 21, im Rahmen eines geschlossenen Hofes errichtete nicht landwirtschaftliche Baumasse in jeder Hinsicht als Wohnvolumen zu betrachten ist, unabhängig von der Lage und der Zweckbestimmung der Zone, in der sich die Baumasse befindet, von der in der Baubewilligung oder Baukonzession festgehaltenen Zweckbestimmung und von der aktuellen Zweckbestimmung.“
 
Damit wird genau das Fenster geschlossen, dass Pizzinini die Errichtung seiner Hofstelle erlaubt. Eine juridisch-urbanistische Spitzfindigkeit, die zum gefährlichen Südtiroler Präzedenzfall hätte werden können.
Paolo Pizzininis Hofneubau wird dieser Paragraph nicht mehr stoppen können. Doch Nachahmer wird es keine mehr geben.
Der Gesetzentwurf soll 2018 im zuständigen Gesetzgebungsausschuss behandelt und noch in dieser Legislatur verabschiedet werden.
Danach wird sich zeigen, ob man der Schlauheit der Spekulanten wirklich einen Strich durch die Rechnung gemacht hat.