Società | Sanitätsbetrieb

Fabis Privacy-Albtraum

Bereitetet ausgerechnet die Privacy Andreas Fabi einen unschönen Ausklang seiner Karriere? Warum dem Generaldirektor des Sanitätsbetriebs mehrfaches Ungemach droht.

21 Jahre Generaldirektor – auf diese stolze Zahl kann Andreas Fabi blicken, wenn er wie geplant Ende April im Südtiroler Sanitätsbetrieb in die zweite Reihe zurücktritt. Doch der Abgang der fast schon historischen Führungskraft, die zuerst die Verantwortung für den Sanitätsbetrieb Meran und seit der Zusammenlegung für den gesamten Südtiroler Sanitätsbetrieb trägt, gestaltet sich nicht gerade als sanftes Ende mit Schulterklopfen von allen Seiten. „So hart wie seit dem letztem Jahr war es noch nie“, hatte Fabi bereits im Vorjahr in einem Interview mit salto.bz erklärt. In diesen Wochen würde er für diese Formulierung wohl noch einmal eine Steigerungsform finden. Denn zu alten Problemen wie dem chronischen Geldmangel in der Südtiroler Sanität haben sich in den vergangenen Monaten nicht nur die harten Kämpfe im Rahmen der Sanitätsrefom, sondern auch noch ein weiteres Problem gesellt: die Privacy.

Ein technisch-administratives Problem, von außen weit schwerer zu durchschauen als der publikumswirksame Kampf um Geburtenstationen, das  für Andreas Fabi weitreichendere Auswirkungen als viele andere Herausforderungen seiner langen Karriere haben könnte. Immerhin droht dem scheidenden Generaldirektor aufgrund der Privacy-Verletzung, die den Auftakt für die aktuellen Probleme mit dem Datenschutz in Südtirols Sanitätsbetrieb gab, nun eine Geldstrafe in Höhe von mehreren 100.000 Euro – die Fabi laut einem Bericht der Südtiroler Tageszeitung möglicherweise aus eigener Tasche bezahlen müsste. 

Der Brief des Staatswanwaltes

Darüber hinaus hat die im Juli 2014 auferlegte Verschärfung der Privacy-Bestimmungen nun aber ausgerechnet in den letzten Amtsmonaten des Generaldirektors alte Probleme ans Tageslicht gebracht, die ihm weiteres Ungemach bescheren könnten. Denn seit November müssen ÄrztInnen in den Krankenhäusern, die das Informationssystem MEDarchiver verwenden, vielfach ohne Zugriff auf die Patientenakte arbeiten. Ein Problem, das anfangs mit der fehlenden Zustimmung zur Einsicht in die elektronischen Patientenakte erklärt wurde, die laut der Datenschutz-Aufsichtsbehörde nun in Südtirol von jedem Patienten gegeben werden muss. Doch schon bald stellte sich heraus, dass der Zugang teilweise auch in jenen Fällen blockiert ist, in denen die Einwilligung bereits vorlag. „Bis heute erhalten wir von unseren Ärzten die Rückmeldung, dass  es  auch in jenen Fällen große Probleme beim Zugriff auf die bisherige Krankengeschichte, auf durchgeführte Untersuchungen und Befunde aller Art gibt“, sagt Claudio Volanti. Vorsitzender der Ärztegewerkschaft Anaao.

Ein Zustand, den – zumindest bis zur Verhängung eines Maulkorbs in der Sache – einige Ärzte öffentlich anprangerten. In der Zwischenzeit hat sich die Primarvereinigung Anpo über ihre Präsidenten Federico Martin auch über einen Brief an die Staatsanwaltschaft gegen mögliche Schäden abzusichern versucht, die in Folge von Fehlentscheidungen aufgrund fehlender Daten auftreten könnten. „Das rechtliche Gut der Gesundheit muss über jedem der Privacy stehen“, soll Staatsanwalt Guido Rispoli laut italienischen Medienberichten in einer Antwort an Martin geschrieben haben. „Doch es ist nicht meine Aufgabe, sondern vor allem jene des Sanitätsbetriebs geeignete Maßnahmen zu ergreifen und ein System zu organisieren, mit dem dies gewährleistet ist.“

Deadline 17. Jänner

Innerhalb 17. Jänner soll es dies auch tatsächlich passieren, lautet die aktuelle Deadline, die auf der Führungsebene des Sanitätsbetriebs gegeben wurde.  Sollten die Probleme auch dann nicht gelöst werden, wird wohl nicht nur Gesundheitslandesrätin Martha Stocker ungemütlich werden, die mittlerweile in den Medien auch schon offen von einer Katastrophe spricht.  Auch der Anaao-Vorstand hat am Dienstag dieser Woche beschlossen, bei einem weiteren Andauern des Problems die Staatsanwaltschaft einzuschalten. „Wir haben ganz offensichtlich ein großes technisches Problem, und für uns als Nicht-Techniker ist nicht nachvollziehbar, ob der Sanitätsbetrieb oder das Unternehmen MEDarchiver dafür die Verantwortung trägt“, sagt Anaao-Generalsekretär Volanti.  

Da sich beide Seiten gegenseitig den Schwarzen Peter zuschieben, sollte laut Vorstellung der Ärztegewerkschaft die Staatsanwaltschaft genauer untersuchen, wer die Verantwortung für den Mega-Gau trage.  Fest steht für Claudio Volanti bereits jetzt, dass es im Software-Bereich in den vergangenen Jahren schwere Versäumnisse gegeben hat. „Wir sind seit 2007 ein einheitlicher Betrieb, doch bis heute ein einziges Babylon, was die Programme betrifft.“ Das betreffe nicht nur die einzelnen Bezirke, sondern noch jede Unterabteilung, die sich ihre eigene Lösung bastelt, wie Volanti kritisiert. Der Anaao-Vorstand sieht nicht nur dafür eine Verantwortung von Andreas Fabi. Der Generaldirektor sei auch Präsident der Saim gewesen, also jener Gesellschaft, die zu 51% im Besitz des Sanitätsbetriebs steht und das System MEDarchiver verwaltet. „Das heißt, viele Jahre trug Fabi selbst die Verantwortung für die Entwicklung von MEDarchiver“, sagt Volanti.

Es gibt viele Menschen im Sanitätsbetrieb, die darauf hoffen, dass der Zugriff zu den Patientenakten innerhalb der kommenden Tage endlich wieder problemlos gewährleistet wird. Einer vor ihnen ist zweifelsohne Generaldirektor Andreas Fabi.