Zwei Abschiede für immer?
Sie wollen nicht mehr. Ulrich Veith in Mals und Franz Kompatscher am Brenner hatten in den vergangenen Jahren beide große Herausforderungen zu meistern. Nun treten die zwei von der politischen Bühne ab und bei den Gemeinderatswahlen am 3. Mai nicht mehr als Bürgermeister an. Alle beide sind seit 2009 im Amt und sagen: Es ist genug.
“Nicht mehr 100 Prozent Power”
“Das Amt des Bürgermeisters ist nicht mehr so einfach und zum Fulltime-Job geworden, der einen an vielen Fronten voll fordert”, begründet Franz Kompatscher seine Entscheidung, nicht mehr als Bürgermeisterkandidat in der Gemeinde Brenner kandidieren zu wollen. Ihm fehle inzwischen die Kraft und die Begeisterung, das Amt zu 100 Prozent auszuführen “und halbe Sachen mache ich nicht gerne”, gesteht er. Er habe sich seine Entscheidung gut überlegt, erklärt Kompatscher auf Nachfrage von salto.bz und sagt, es sei “Betrug am Wähler, wenn ich nur noch einmal antreten würde, um noch einmal Bürgermeister zu machen”. Nichtsdestotrotz seien die elf Jahre an der Spitze der Gemeinde Brenner “eine schöne Zeit” gewesen, in der er mit seinen Kollegen im Ausschuss und Gemeinderat viel bewegen “und auch wichtige Weichen für die Zukunft” habe stellen können. “Besonders stolz bin ich darauf, dass die Flüchtlingskrise von 2015 bis 2017 keine negativen Auswirkungen in der Gemeinde hinterlassen hat und letztendlich positiv und erfolgreich bewältigt werden konnte.”
Dass er nicht mehr als Bürgermeister kandidiere, bedeute allerdings nicht, dass er nicht weiterhin politisch aktiv bleibe, betont Kompatscher. 2018 hatte er für die SVP für den Landtag kandidiert. Mit 4.655 Vorzugsstimmen war er damals auf Platz 21 der SVP-Liste gelandet. Seit November 2019 ist er Bezirksobmann der SVP im Wipptal, nachdem Karl Polig als solcher zurückgetreten war. Das Amt des SVP-Bezirksobmannes werde er “natürlich weiterhin ausüben”, verspricht Kompatscher.
Rückzug oder Umzug?
Ähnlich die Entscheidung seines Parteikollegen in der Gemeinde Mals. Schon seit einiger Zeit stand der Rückzug von Ulrich Veith im Raum. Doch selbst hochrangige Parteifunktionäre hatten nicht damit gerechnet. Anfang der Woche hingegen hat Veith seine Entscheidung, nicht mehr als Bürgermeister anzutreten, dem SVP-Koordinierungsausschuss von Mals mitgeteilt. Es sei ein totaler Rückzug, betont Veith im Gespräch mit der Tageszeitung. 2009 hatte er Sepp Noggler als Malser Bürgermeister abgelöst, nachdem dieser in den Landtag gewählt worden war. Für Schlagzeilen hat Veith vor allem wegen des 2014 in Mals abgehaltenen Anti-Pestizidreferendums und des daraufhin erlassenen Pestizidverbots gesorgt. Damit hat sich der Bürgermeister nicht nur eine Reihe von Gerichtsverfahren eingehandelt, sondern so manches Mal auch mit seiner Partei angelegt. Nun wolle er aus “persönlichen Gründen” nicht mehr für eine dritte Amtszeit zur Verfügung stehen, bestätigt er im Gespräch mit salto.bz. “Ich werde kürzer treten und mir mehr Zeit für mich nehmen.” In die Politik seines Nachfolgers werde er sich nicht einmischen, auch wenn diese nicht in seinem Sinne bzw. dem Sinne der Anti-Pestizid-Sache sein werde, betont Veith. Dennoch sieht er den “Malser Weg” als zukunftsweisend, der ihm in Summe mehr Energie gegeben als er ihn gekostet habe.
Auch wenn er sagt, dass viele Menschen seine Politik schätzen “und ich immer wieder eine Menge an positiven Rückmeldungen erhalte”, dürfte Veith bewusst sein, dass er sowohl in Mals als auch in seiner Partei gar einige vor den Kopf gestoßen hat. Zugleich dürfte er auch wissen, dass er mit der Geschichte vom “gallischen Dorf” und seinem streitbaren Bürgermeister über seine Gemeinde hinaus viele Sympathiepunkte gesammelt hat, die sich in Wählerstimmen umwandeln ließen. Zwar kehrt er der Gemeindepolitik den Rücken. Doch 2023 stehen die nächsten Landtagswahlen an. Die Chancen für Veith, in den Landtag einzuziehen, stehen gut. Nicht unbedingt als SVP-Kandidat, sondern womöglich auf der Liste der Grünen oder Team K. Auch Neuwahlen zum italienischen Parlament könnten frühzeitig anstehen. Und es darf davon ausgegangen werden, dass sich die politischen Gegner der SVP um Ulrich Veith bemühen werden.
Er sei bereits vor den Landtagswahlen 2018 in Kontakt mit anderen Parteien gestanden, verrät Veith. “Aber ich bin nicht jemand, der die Partei wechselt, nur weil es ihm gerade passt.” Seine Funktionen in den Parteigremien hat er vor Jahren zurückgelegt. Dennoch werde er SVP-Mitglied bleiben – “in der SVP braucht es andere Meinungen und kontroverse Diskussionen” – und vielleicht versuchen, die Volkspartei “nachhaltiger zu gestalten”. Ausschließen, dass er in Zukunft bei Wahlen etwa auf Landesebene antreten wird, will er heute nicht. “Bis vor 15 Jahren hätte ich nie gemeint, dass ich in die Politik gehe. Und ich bin ein ehrgeiziger Mensch.”