Società | Medienförderung

Überforderte Förderer?

Mit einem neuen Passus gibt die Landesregierung dem Einwand von SALTO nach und passt die Regeln zur Medienförderung an. Ein Spießrutenlauf.
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Foto: Unsplash
  • „Das Ziel der Medienförderung ist schlicht und ergreifend die Förderung journalistischer Inhalte“, sagt der Informatiker Christoph Moar. Er ist auch Mitglied des Demos-Verwaltungsrats und verfolgt seit Beginn die Entwicklung des partizipativen SALTO-Community-Bereichs. „Kommentare sind – und das ist im Übrigen völlig legitim – kein Ziel der Förderung“, fügt der Experte hinzu.
    In den letzten Jahren und Monaten wurde häufig (und heftig) über die Daseinsberechtigung der Kommentarfunktion (nicht nur) lokaler Online-Portale diskutiert. Für die regierende Politik sind Kommentare gern ein Dorn im Auge, für die Opposition sind sie ein wichtiges Instrument, um auch einmal eine gegensätzliche Ansicht zu recherchierten Inhalten unter die Leute zu bringen. Für Journalisten und Journalistinnen sind sie mal Lob, mal Tadel, mal Ergänzung, mal Bereicherung. Leider manchmal auch Beleidigung.
    Dass die Politik aber dann darauf abzielte, die Medienförderung im kleinen Südtirol mit der Auflage zu koppeln, die Community-Beiträge auszuschließen oder nur durch Anmeldung sichtbar zu machen, widersprach dem Grundgedanken von SALTO und stellt ohne Wenn und Aber einen wesentlichen Verlust im Sinne der Meinungsfreiheit dar.
     

    Die nun präzisierten Kriterien sehen demnach vor, dass Kommentare deutlich vom journalistischen Content zu trennen sind.

  • Kommentarfunktion bleibt weiterhin wichtiges Instrument: Die Kriterien zur Medienförderung wurden nach dem Einwand von SALTO überarbeitet und nachgebessert. Foto: Seehauserfoto

    Im April 2025 hatten die Herausgeber von SALTO eine sehr klare Stellungnahme zu den neu von der Landesregierung vorgegebenen Förderkriterien abgegeben und auf die Förderungen verzichtet. Was war passiert? „Jenen – für ein partizipatives Online-Medium wie SALTO völlig ungeeigneten – Kriterien nicht entsprechen zu wollen, und die damit verbundene Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit waren schlicht notwendig, um auf die entstandene Krise aufmerksam zu machen“, betont Christoph Moar. „Community-Kommentare – ein zwar wesentliches Merkmal einer Online-Plattform, aber gewiss kein journalistischer Content – hatten dazu geführt, dass ein journalistisches Medium wie SALTO die ihm im Förderziel zugedachte öffentliche Förderung nicht wahrnehmen konnte.“ Aber damit nicht genug. Denn „im Umkehrschluss konnten auch die Förderungsgeber das selbst gesteckte Ziel – nämlich journalistische Produkte zu fördern – nicht mehr erreichen“, so Moar. Diese „Förderkrise“ setzte dann den „Startpunkt dafür, Positionen und Ziele genau unter die Lupe zu nehmen“. Wie schwierig es für SALTO war, den am Ende vorgebrachten Kompromissvorschlag vom Land zu akzeptieren ohne dabei Grundsätzliches der ursprünglichen SALTO-Idee über Bord zu werfen, kommentiert Christoph Moar folgendermaßen: „Unser Ziel war, dass Community-Kommentare frei und ohne Angabe von Login und Registrierung von Benutzerdaten lesbar bleiben müssen.“ Das Ziel des Landes ist es, so Moar weiter, „journalistischen Content“ zu „fördern und sichtbar zu machen.“ Nachdem nun diese beiden Ziele formuliert wurden, „war es nicht weiter schwierig, sie zusammenzubringen und damit auch der Intention der Förderung gerecht zu werden“.
     

    Viele – sowohl im Land als auch unter unseren Mitbewerbern – sprechen uns hier auch ganz klar eine Vorbildrolle auf dem Südtiroler Online-Medienmarkt zu.

  • Community-Kommentare: Spielen laut Landesregierung keine zu fördernde Rolle. Der scheinbare Freiraum für Meinungsvielfalt verkommt manchmal zu einem schmierigen Zankwettbewerb, die gehobene und mit Respekt geführte Debatte bleiben außen vor. Foto: Pexels

    Die nun präzisierten Kriterien sehen demnach vor, dass Kommentare deutlich vom journalistischen Content zu trennen sind – einerseits optisch und zweitens durch eine Zustimmung und Interaktion der Leser*Innen, wie es große Medienprodukte außerhalb Südtirols bereits vormachen. Welche Werte und Aspekte der Community-Führung von SALTO werden aber durch die vorgesehenen Änderungen des Landes belohnt? „Diese Frage stelle ich mir gar nicht“, kontert Moar. „Belohnt“ – im Sinne der Landesregierung – „wird vor allem journalistischer Content und die Arbeit der Journalisten und Journalistinnen“, während Community-Kommentare aus Fördersicht keine „zu belohnende“ Rolle spielen. Sehr wohl aber wird eine aktive Moderation der Kommentare auf der Plattform verlangt. Dass SALTO immer schon viel Energie in die Pflege der eigenen Community investiert – sei es durch aktive Moderation, sei es durch regelmäßige Anpassung und Weiterentwicklung der eigenen Netiquette – ist bekannt. „Viele – sowohl im Land als auch unter unseren Mitbewerbern – sprechen uns hier auch ganz klar eine Vorbildrolle auf dem Südtiroler Online-Medienmarkt zu“, gibt sich Moar zufrieden und betont, dass dies „zweifelsfrei auch ein Lorbeer für die SALTO-Community verstanden werden“ darf, insbesondere für jene „die hier jetzt gerade mitlesen.“
     

    Um dieser neuen Form zuzustimmen, müssen sich neugierige Besucher und Besucherinnen von SALTO nicht registrieren – es reicht ein einmaliger, einfacher Klick. 


    Und was ändert sich? „Für die Kommentarschreiberinnen und Kommentarschreiber ändert sich gar nichts“, so Christoph Moar. „Sie mussten sich bisher registrieren und einloggen und werden dies auch weiterhin tun müssen. Für alle Leser*innen ändert sich hingegen die optische Wahrnehmung: Sie werden in Zukunft eine stärkere Trennung zwischen journalistischem Content und Kommentarbereich feststellen, und sie werden einmalig ihre Zustimmung geben, neben dem journalistischen Content auch Kommentare zu sehen – oder sie eben nicht zu sehen. Je nach Belieben.“ Um dieser neuen Form zuzustimmen, müssen sich neugierige Besucher und Besucherinnen von SALTO nicht registrieren, nicht einloggen und auch keine persönlichen Daten angeben – es reicht ein einmaliger, einfacher Klick. „Ab diesem Zeitpunkt merkt sich das System Ihre Zustimmung, und Sie können bei jedem Artikel die Kommentare – unter dem journalistischen Content – aufklappen“, erklärt der Informatiker.

    Alles in allem ist das Ergebnis ein Erfolg – nicht nur für SALTO, sondern auch für andere lokale Portale und natürlich für jene Menschen, die weiterhin gerne kommentieren und gelesen werden wollen. „Wir konnten mit unserer Expertise dazu beitragen, dass falsche Kriterien korrigiert wurden“, gibt sich Christoph Moar zufrieden. 
    Wer die Geschichte der Kommentarfunktion auf SALTO (zurück-)verfolgt, wird feststellen, dass es im Kommentarbereich zahlreiche Höhen und Tiefen gab – von der feinformulierten Spitzenaussage bis zum abgrundtiefen Schlag(satz) in die Magengrube. Der scheinbare Freiraum für Meinungsvielfalt verkam manchmal zu einem schmierigen Zankwettbewerb, die gehobene und mit Respekt geführte Debatte blieb aus. Zum Glück nicht immer. Trotz aller „Nebenwirkungen“ wird die Kommentarfunktion also weiterhin ein wichtiges Instrument dieser Seite bleiben – wir lieben sie einfach (und hassen sie nur manchmal). 

  • Die Landesregierung hat heute (15. Juli) einen Beschluss zur Änderung der Kriterien für die Förderung lokaler Medienunternehmen gefasst. Wie Landeshauptmann Arno Kompatscher auf Nachfrage erklärte, handelt es sich dabei um geringfügige Änderungen bzw. Präzisierungen. Konkret betrifft dies die genaue Trennung zwischen veröffentlichten redaktionellen Beiträgen und Kommentaren sowie die Registrierung und Freigabe der Sichtbarkeit von Kommentaren. Laut Kompatscher habe dazu auch ein Treffen mit den betroffenen Medienunternehmen stattgefunden. Es gab unterschiedliche Auffassungen darüber, wie diese Regelung konkret auszulegen ist, so Kompatscher. Weiters wurden die einzuhaltenden Fristen präzisiert.