Società | Polemik

RAI: "Wo sind die 20 Millionen Euro?"

Replik auf den Frontalangriff von Landeshauptmann Luis Durnwalder auf den RAI Sender Bozen. Chefredakteur Wolfgang Mayr sieht keinerlei Grund sich zu schämen, aber viele Möglichkeiten, mit 20 Millionen Euro guten Journalismus zu machen - wenn er die Mittel zur Verfügung hätte.

Herr Mayr, bestätigt die gestrige Standpauke des Landeshauptmanns  die Befürchtungen, dass mit dem Übergang der deutschen und ladinischen RAI-Redaktion an das Land auch die politische Einflussnahme steigt?
Wolfgang Mayr: Ach, solche Vorwürfe sind im Grunde nichts Neues. Seit Durnwalder im Amt ist, hat er uns bei der RAI als grünen Haufen beschimpft. Umgekehrt werfen mir die Grünen übrigens auch vor, dass  wir viel zu schwarz, also SVP-lastig geworden wären. Aber es ist ersichtlich, dass der Landeshauptmann derzeit sehr nervös ist. Warum wir jetzt so offen angepöbelt werden, verstehe ich aber nicht.

Vor der versammelten Presse zu hören, dass das, was man mit 20 Millionen produziert, zum Schämen ist, ist ziemlich harter Tobak.
Ich selbst habe die Szene gestern nicht mitbekommen und erst heute darüber gelesen. Aber nur wenn ich mir auf unseren Sendeplänen anschaue, was wir in den vergangenen Tagen so alles produziert haben, weiß ich nicht, wie er dazukommt so ein Urteil abzugeben. Wir machen das, was wir schaffen. Und vor allem ist auch zu sagen, dass wir von den 20 Millionen Euro noch nicht viel gesehen haben.

Ist das nicht die jährliche Summe, mit der die deutschen und ladinische Redaktion nun vom Land finanziert wird, nachdem es die Zuständigkeit vom Ministerratspräsidium übernommen hat?
Es wird schon so sein, dass die Landesregierung  der RAI 20 Millionen Euro überweist. Wir hier in Bozen haben aber keine Ahnung, was die Generaldirektion in Rom mit dem Geld tut. Denn mit 20 Millionen Euro könnte man tatsächlich eine ganz andere Geschichte machen. Das zeigt zum Beispiel der rätoromanische Sender SRG, der mit 23 Millionen Franken ein vergleichbares Budget hat. Die senden 24 Stunden Radio, haben eine tolle Homepage, aber auch 120 Angestellte, darunter 90 Journalisten.

Und beim RAI Sender Bozen?
Bei uns fehlt nicht nur das Finanzierungskonzept,  was Magdalena Schwellensattl auch als Landtagskandidatin thematisiert hat. Es stellt sich vor allem die Frage, von wem die Finanzmittel am sinnvollsten verwaltet werden. Denn laut Autonomiestatut und Durchführungsbestimmungen sollte sie eigentlich der Koordinator des RAI Senders Bozen in der Hand haben.

Aber?
Eben, aber.

Wurde das in der Konvention mit dem Land nicht genau definiert?
Ja, das ist eine gewisse Schwachstelle, weil es diesbezüglich einige Interpretationsmöglichkeiten gibt.

Doch immerhin wurde nach dem Übergang die deutsche und italienische Programmschiene bereits ausgebaut, es gibt also sehr wohl Qualitätsverbesserungen.
Wir sollen auch ein neues Tagesschaustudio bekommen, auch wenn wir nicht wissen, wie schnell das geht, und als nächsten Schritt weiten die Ladiner jetzt ihr TV-Programm aus. Das ist zwar in gewisser Weise ebenfalls Wahnsinn, weil ein Ausbau des Rundfunkprogrammes einfacher und unkomplizierter wäre. Aber jetzt schauen wir mal, was kommt, dann wird auch zu sehen sein, ob tatsächlich Geld investiert oder ob wieder gespart wurde.

Das heißt, es mangelt noch immer an Geld, um tatsächlich die Qualität der Berichterstattung weiter zu verbessern?
Qualität ist nur möglich, wenn es mehr Personal gibt, und wir haben jetzt gerade einmal die Pensionierungen ersetzt. Jeder Trainer, der von der ARD zu uns nach Bozen kommt, sagt uns, dass wir eine unglaublich dünne Personaldecke haben. Denn vor allem das Fernsehen ist einfach eine aufwändige Geschichte.

Der RAI Sender Bozen kann es sich also gar nicht leisten, für einen halben Tag ein Team für drei Grüne abzustellen, wie der Landeshauptmann lästerte – oder auch über die Kindergarteneröffnungen zu berichten, die er sich in den Nachrichten wünschen würde?
Nein, das können wir sicher nicht, weil wir nicht genügend Redakteure haben. Und auch wenn ich es sehr positiv finde, dass sich der Landeshauptmann Zeit nimmt Kindergärten einzuweihen, ist das sicher kein Thema für eine öffentlich-rechtliche Berichterstattung. Es könnte aber sehr interessant sein, anlässlich eine solchen Eröffnung eine Geschichte über Kindergärten zu machen. Wenn wir die Leute dazu hätten.

Werden Sie das Durnwalder nun auch in einem persönlichen Gespräch sagen?
Ich werde sicher das Gespräch suchen. Denn solche Aussagen schädigen uns brutal, auch vor dem Hintergrund dass die Situation der RAI insgesamt derzeit nicht gut ist. Insofern sind solche öffentlichen Seitenhiebe sicherlich nicht sehr produktiv.