Politica | Salvinis Show

„Ich wäre dagegen aufgestanden“

Reinhold Messners Empörung über den Salvini-Auftritt beim Spatzenfest, die Gefahr des Populismus und sein Unverständnis, dass niemand in Kastelruth protestiert hat.
Reinhold Messner
Foto: Südtirolfoto/Othmar Seehauser
Salto.bz: Herr Messner, Ihnen hat der Auftritt von Matteo Salvini beim Spatzenfest in Kastelruth gar nicht gefallen?
 
Reinhold Messner: Ich habe das zufällig im Fernsehen gesehen und ich muss sagen, ich bin erschrocken. Dass dieser Mann sich einfach die Bühne nimmt und niemand aufsteht und widerspricht. Im Gegenteil, dass die Musikhörer und Festgäste staunend, bewundernd und gleichzeitig auch ein bisschen ängstlich auf diesen Mann blicken. Mir ist die Szene vorgekommen, wie in der Savanne, wenn der Elefant auftaucht. Dann herrscht unter den Tieren genau diese Stimmung. Nur dass hier der Elefant auf dem Spatzenfest aufgetreten ist.
 
Sie sagen damit: Salvini gehört nicht auf diese Bühne?
 
Niemals. Das war nicht seine Bühne, das war nicht sein Zelt, das waren nicht seine Zuhörer und das waren nicht seine Wähler. Sondern zum Großteil Menschen, die Interesse haben die EU und den Euro zu retten. Salvini hat noch vor wenigen Jahren gesagt, die EU und der Euro sind im scheißegal. Allein aus diesem Grund kann es nicht angehen, dass diesem Mann mitten im Wahlkampf in Kastelruth eine solche Bühne geboten wird. Wenn ich oben gewesen wäre, wäre ich auf die Bühne gesprungen. Da können Sie sicher sein.
Wenn ich oben gewesen wäre, wäre ich auf die Bühne gesprungen. Da können Sie sicher sein.
Sie wissen wie das ist: Es kommt ein VIP und die Organisatoren und die Stars müssen entscheiden, lassen wir ihn rauf oder nicht?
 
Natürlich kenne ich das. Ich weiß wie viele sich in deinem Licht sonnen wollen. Auch deshalb habe ich es mir in den vergangenen dreißig Jahren sehr gut überlegt, mit wem ich mich in der Öffentlichkeit zeige. Wem ich vertraue. Denn dadurch zeige ich ja auch Vertrauen. Deshalb habe ich mich auch ganz bewusst geweigert mit Sebastian Kurz auf den Ortler gehen. Und vieles andere mehr.
 
In Kastelruth argumentiert man so: Am Tag zuvor war auch Arno Kompatscher auf der Spatzen-Bühne?
 
Das ist der Südtiroler Landeshauptmann. Das ist seine Heimat und seine Wählerschaft. Zudem muss ich schon sagen: Arno Kompatscher hat ein ganz anderes Format als Salvini.
 
Dieser Mann reitet das Land in den Ruin.
Wir sprechen hier immerhin über den italienischen Innenminister.
 
Das mag er sein. Aber derzeit ist er auf Wahlkampftour und nimmt sich in einem fremden Haus ganz einfach die Bühne. Mit einem Outfit mit dem er sich den Südtiroler Wählern auch noch anbiedern will.
 
Bei Ihnen würde Salvini also nie auf die Bühne kommen?
 
(lacht) Bei mir würde Matteo Salvini nicht einmal in meiner Nähe stehe dürfen. Ich brauche und will das nicht. Es gibt viele Politiker, die ich respektiere. Salvini kann ich aber nicht respektieren. Meine Sorge ist, dass dieser Mann das Land in den Ruin reitet.
 
Sind Salvini und die Lega eine Gefahr für die Demokratie?
 
Das sind sie sicher auch. Salvini und die Lega, die wenn es so weiter geht, bei den nächsten Wahlen die absolute Mehrheit erreichen könnten, sind eine Gefahr für Italien und für ganz Europa. Italien steht bereits jetzt am Rande der wirtschaftlichen Überlebensfähigkeit. Und der Zusammenbruch geht viel schneller wie eine Lawine.
 
Sie haben mehrmals offen Wahlwerbung für die SVP gemacht. Die Volkspartei wird nach diesen Wahlen genau mit dieser Lega in Südtirol eine Koalition eingehen?
 
Welche Koalition nach den Wahlen zustande kommt, das ist eine ganze andere Geschichte. Das ist eine Taktiererei um die nächsten Jahre über die Runden zu bringen. So weit ich die Volkspartei von Arno Kompatscher kenne, wird sie sich aber nie in eine Position begeben, wo sie die EU und den Euro in Frage stellt. Das sind Werte, die für uns unverzichtbar sind. Die Koalition in Südtirol hängt auch eng mit der politischen Situation im Trentino zusammen. Denn wir müssen in der Region zusammenarbeiten. In Trient werden die Wahlen anders ausgehen wie in Südtirol. In Südtirol wird die Volkspartei auch weiterhin entscheiden können, mit wem sie koaliert
Bei mir würde Matteo Salvini nicht einmal in meiner Nähe stehe dürfen.
Vor diesem Hintergrund könnte man den Salvini-Auftritt am Spatzenfest aber durchaus auch als abgesprochene Charmeoffensive sehen, mit dem Ziel die Zusammenarbeit SVP-Lega den Menschen schmackhaft zu machen?
 
Das glaube ich nicht. Ich denke, dass sich das Salvini in seiner Cleverness und in seinem Populismus ausgedacht hat. Salvini befindet sich in einem populistischen Rausch. Ein Paolo Gentiloni zum Beispiel hätte das nie im Leben getan. Das war für mich ein Ministerpräsident der Charisma und Kultur hatte. Der über sich zeigte. Das sind Politiker, die ich schätze. Aber dieser Salvini? Vielleicht hat er für gewisse Leute Charisma, weil er auftritt wie ein Bauer aus der Lombardei. Was er aber sagt, wie er es sagt und wie er da auf die Bühne geht und ein paar Sätze hinschmeißt, das darf es hier bei uns nicht geben. Das war ein mieser Wahlkampfauftritt für den er diesen Ort geklaut hat. Das hätte ihm jemand am Sonntag sagen müssen: Sie sind willkommen, aber es muss klar sein, das ist unser Platz und den nehmen sie nicht, um ihrer Politik zu verkaufen.