Cultura | Ötzi

Von Südtirol nach Kuba. Über Hawaii.

Zwei originale Ötzi-Fußabdrücke werden noch bis Mitte Dezember in der kubanischen Hauptstadt Havanna gezeigt. Im Rahmen einer Ausstellung des Künstlers Hans HS Winkler.
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Foto: Privat
  • „Als die Mumie zur super-touristischen Attraktion wurde – von hunderten Augenpaaren täglich angestarrt – entwickelte ich das visionäre Konzept seines Verschwindens“, berichtete der Künstler Hans HS Winkler (so der offizielle Künstlername) gegenüber SALTO vor einigen Jahren und erzählte zu seinem Ötzi-Kunstprojekt aus dem fernen Jahr 2008, welches er zwischen Eurac-Gebäude und Talfer realisierte, indem er eine künstlich nachgestellte „Flucht“ der Gletschermumie aus dem Archäologischen Museum in Szene setzte. Sie ist immer noch erkennbar, auch wenn nicht mehr so deutlich wie vor 17 Jahren.
     

    Interessant war, dass zu dieser Zeit eine Pfeilspitze in Ötzi’s Rücken gefunden wurde...


    Der Künstler fertigte damals tatsächlich eine dem Original entsprechende Fußskulptur von Ötzi – was heutzutage wohl ein schier unmögliches Unterfangen wäre. Die künstlich nachgefertigten Kopien drückte er anschließend in die frisch geteerten Gehwegabschnitte zwischen Talferbrücke und Eurac. Die zwei kleinen Fuß-Skulpturen konnten Besucherinnen und Besucher hingegen im Rahmen der Ausstellung Hämatli & Patriae von Nicolò Degiorgis im Jahr 2017 im Museion in Bozen bestauen. Und nun sind sie sogar im fernen Kuba zu sehen. 

  • Auf der Flucht: Vorwärts in die Vergangenheit. Die Flucht des Ötzi in der Ausstellung "Inbetween. Interventions" in Havanna Foto: Privat

    Vor wenigen Tagen wurde die Einzelausstellung Winklers Inbetween. Interventions im Centro Wifredo Lam in Havanna eröffnet. In Kollaboration mit dem Museo Nacional de Bellas Artes, der Galerie Schloss Biesdorf Berlin und dem Centro de Arte Contemporaneo Wifredo Lam zeigt Winkler in der aktuellen Schau 13 künstlerische Eingriffe aus seinem Schaffenswerk, die er in den vergangenen Jahrzehnten in verschiedenen Ländern der Welt realisiert hatte. Stets greifen sie in bestehende Realitäten ein und fokussieren aktuelle oder auch historische Situationen. In einer der ausgestellten Arbeiten versenkte Winkler in un incidente in gondola (Nuova Icona, Venedig, 2002) das Symbol Venedigs, eine Gondel samt Gondoliere, als Reflexion für die komplizierte Situation Venedigs zwischen Verfall und Massentourismus. In diesem Zusammenhang ist auch die Ötzi-Flucht aus dem Jahr 2008 zu sehen. Die beiden Arbeiten, wie auch alle anderen gezeigten Werke Winklers in Havanna, wurden durch lange und intensive Recherchen vor Ort entwickelt und haben weltweit sichtbare (oder unsichtbare) Spuren hinterlassen. 
     

    In Bayern aufgewachsen verbrachte Winkler als Kind beinahe jeden Sommer in Südtirol.

  • Historische Fluchtrouten: Diskussionen vor der Ötzi-Arbeit von Hans HS Winkler in Havanna. Foto: Privat

    Winklers Inszenierungen lassen Fiktives wahr werden, indem die Realität nicht beschrieben wird, sondern verändert. Wie erinnert er sich an die Zeit, als Ötzis Füße scheinbar laufen lernten? „Interessant war, dass zu dieser Zeit eine Pfeilspitze in Ötzi’s Rücken gefunden wurde, womit jede Menge Geschichten zu seiner Person und zu seiner Flucht aus kriminalistischer Sicht entstanden“, erinnert sich Winkler. 
    In Bayern aufgewachsen verbrachte Winkler als Kind beinahe jeden Sommer in Südtirol. Zum Eismann publizierte Hans Winkler auch das kleine Handbuch “taetowierte Steine”, in welchem die Tätowierungen von Ötzi eine direkte Verbindung zu dem Phänomen der Schalensteine auf der Hawaiianischen Insel Kahoolawe herstellt, „da dort ähnliche Formen und Zeichen zu finden sind“

  • Eröffnung von Inbetween. Interventions: Mit dem Film "Brecht in Havanna" sorgte Hans Winkler bereits 2024 in Kuba für Furore. Nun tut er es u.a. mit Ötzi. Foto: Privat
  • Im Januar 2013 wurde Winkler erstmals nach Hawaii, nach Kahoolawe eingeladen. Dort stieß er auf Schalensteine, Steine und Felsen, die ähnlich wie in Südtirol, künstliche Vertiefungen in der Form von kreisrunden Schalen – Sonnensymbole – zeigen, aber auch Symbole, wie das Kreuz, Anordnungen von Schalen in Kreuzform und Strichmarkierungen oder bestimmte Gestirnkonstellationen, die zu bestimmten Jahreszeiten am Himmel beobachtbar sind. „Diese natürlichen Navigationshilfen stehen in Verbindung zu den Körpertätowierungen, die über verschiedene Ereignisse berichteten und Hilfestellung bei der Navigation leisteten“, so Winkler.