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Drei Filme für Aschenbrödel

Das Genre der Weihnachtsfilme weiß in erster Linie mit Gleichförmigkeit zu „glänzen“. Es folgen Filmtipps zu drei etwas anderen Vertretern.
Nightmare Before Christmas
Foto: Disney

Nightmare Before Christmas

Es soll absurd begonnen werden, denn eine gewisse Absurdität steckt bei genauerer Betrachtung doch in jedem Weihnachten, besonders im westlichen Verständnis des Festes. Basierend auf einer Geschichte von Tim Burton, der sich selbst nur zu gern in absurden Gefilden tummelt, erzählt Regisseur Henry Selick die Geschichte zweier Welten. Jack, ein Skelett aus der sogenannten Halloween-Welt, entdeckt durch Zufall die benachbarte Weihnachtswelt, und mit ihr die Harmonie, die ihr innewohnt. Verkrampft versucht Jack im Folgenden, den Zauber der Weihnacht in die Halloween-Welt zu transportieren, koste es was es wolle. Er selbst wird zu Santa Claus, oder zumindest zu einer verzerrten, albtraumhaften Version desselben. Zunächst erzählt der Film eine durch und durch amerikanische Geschichte, nämlich von der Idee, das ideale Weihnachtsfest überall zu etablieren, ja selbst an Orten, wo es gar nicht so recht hinpassen möchte. Dem zugrunde liegt der Wunsch, die eigene Kultur zu verbreiten, aufzuzwingen, aus der Sicht des Missionars also zu beglücken. Interessant ist hierbei jedoch die Perspektive, aus der sich Nightmare Before Christmas mit diesem Vorhaben beschäftigt. Der Missionar ist in diesem Fall nämlich nicht jemand aus der Weihnachtswelt, nicht jemand, der aus dem Herzen einer Ideologie heraus zu missionieren versucht. Vielmehr entdeckt Jack die faszinierende, friedliche Weihnachtswelt und entscheidet eigenständig, dass dies auch für seine Heimat ein anzustrebendes Ideal sei. Der Film ist dabei schlauer als die Absicht seiner Figuren, er weiß, mit den Klischees von sowohl Weihnachten als auch Halloween zu spielen und verfällt letztendlich nicht dem amerikanischen Wunschdenken einer globalisierten USA. Formal betrachtet sieht man sich ein hervorragend Stop-Motion-animiertes Schauermärchen an, skurril im Design, der Musik und der Figuren.

 

Black Christmas

Allzu weit scheint der Sprung von Nightmare Before Christmas hierzu nicht zu sein, würde man ja auch ersterem zumindest im Ansatz Elemente des Horrorgenres zurechnen. Vollkommen sich dem Genre unterwerfen tut sich jedoch Black Christmas von 1974, wobei das vor allem aus gegenwärtiger Sicht gilt. Im Jahr seines Erscheinens bereitete der Film den Boden für das Ende der 70er Jahre immer populärer werdende Slasher-Genre, mit Vertretern wie Halloween (1978) oder Freitag, der 13. (1980). Hier wird gemordet, was das Zeug hält, doch nicht von einem Monster, wie in früheren Zeiten, sondern vielmehr von einem psychopatischen Mörder, einem Unbekannten, einem Mysterium. Im Falle von Black Christmas setzt die Erzählung am Heiligen Abend ein. In einem Mädchenheim wird weihnachtlich gefeiert, und es dauert nicht lange, bis auch gemordet wird. Der Frieden des Weihnachtsfestes wird nach und nach dekonstruiert. In die Harmonie des (abermals) amerikanischen Heiligen Abends dringt der Wille eines kranken Geistes. Ein einzelnes Individuum möchte den Frieden stören, möchte morden und terrorisieren. Panik bricht alsbald aus im Mädchenheim, und der Kampf ums Überleben beginnt. Dabei geht es neben dem Erhalt des eigenen Lebens doch insgeheim auch um den Erhalt des weihnachtlichen Friedens. Umso bezeichnender ist es, dass nur ein einzelnes Individuum reicht, um das Konstrukt der perfekten Harmonie zu zerstören. Black Christmas ist aus heutiger Sicht gar gewöhnlich, doch führte damals zahlreiche Standards für das Genre ein, ist in seiner Einfachheit noch immer spannend inszeniert, und bietet einen interessanten Blick auf das Fest der Familie, das tief verborgen im Schatten einer von Vietnam traumatisierten Generation ums Überleben kämpft.

 

Ist das Leben nicht schön?

Dieser Vertreter des Weihnachtsfilms mag kein überraschender sein, taucht Frank Capras Film doch auf den meisten Listen der besten Filme dieses Genres auf. Dennoch, oder gerade deswegen, ist ein Blick darauf interessant. Obwohl der Film durch und durch amerikanisch ist, unterscheidet er sich doch grundlegend von heutigen Erzeugnissen der Industrie. Er zeigt gut, welche Entwicklung der amerikanische Weihnachtsfilm seit 1946 durchlaufen hat. Die Besinnlichkeit, die dem Weihnachtsfest zugeschrieben wird, und die in der heutigen Zeit unter einem Berg aus Konsum und Schnelllebigkeit begraben liegt, findet auch längst schon nicht mehr in den entsprechenden Filmen statt, und wenn der Eindruck erweckt wird, so handelt es sich doch meist um eine Pseudo-Besinnlichkeit. Ist das Leben nicht schön entstammt einer anderen Zeit. Er erzählt vom Leben eines Mannes, der mit eben dem abschließen möchte. Am scheinbaren Ende seines Daseins stehend erscheint ihm ein Engel. Er möchte George, gespielt von James Stewart vom Sterben abhalten, wird zuerst jedoch vom Leben seines „Klienten“ informiert. Wir erfahren Georges Leben vom Anfang an bis zu Jetzt, erleben seine Weggefährten und lernen die Bewohner der kleinen Stadt kennen. In der Gegenwart angelangt zeigt der Engel George eine alternative Realität, nämlich die Welt wie sie wäre, hätte es George nicht gegeben. So wird klar, es wäre vieles anders gelaufen, schlimmer zumeist, schlimmer ohne den guten Menschen George. Sicherlich ist der Film in diesem Aspekt recht sentimental und überhöht möglicherweise die Bedeutung des einzelnen Menschen. Er ist aber auch zutiefst menschlich, zeigt das Schicksal der Armen ebenso wie er den Kapitalismus kritisiert, ungewöhnlich für die Zeit und das Land der Entstehung. Als Tragikomödie mit sozialkritischen Elementen ist er der Weihnachtsfilm schlechthin, denn was ist die biblische Weihnachtsgeschichte denn anderes als eine Tragikomödie mit sozialkritischen Elementen, verkannt und fehlinterpretiert seit über zweitausend Jahren?