Basis für neue Perspektiven
Höhere Arbeitslosenraten, mehr Prekariat, längere Berufseinstiegsphasen, häufigerer Arbeitsplatzwechsel: Junge Menschen haben auf dem Arbeitsmarkt vielfach einen schwierigen Stand als die Generationen davor. Ein Thema, für das in Südtirol bisher keine umfassende wissenschaftliche Aufarbeitung vorliegt. Diese Lücke will nun das Arbeitsforschungsinstitut AFI/IPL mit der Studie „Jugend und Beschäftigung: Relevante Aspekte vor dem Hintergrund des Südtiroler Arbeitsmarktes und Ausbildungssystems“ schließen. Eine Grundlagenstudie, mit der die wichtigsten Einflussfaktoren auf die Beschäftigungsperspektiven von Jugendlichen aufgezeigt werden – und somit konkrete Anhaltpunkte geliefert werden, wo die Weichen gestellt werden müssen, um dieser Gruppe konkrete Beschäftigungs- und Zukunftsperspektiven zu liefern, wie AFI-Direktor Stefan Perini bei der Vorstellung am Donnerstag betonte.
Dass es hier in Südtirol noch Verbesserungspotential gibt, zeigt schon die Jugendarbeitslosigkeit. Die liegt in Südtirol mit 11,6 Prozent leicht über dem europäischen Durchschnitt – und ein Stück über den Arbeitslosenquoten einzelner Bundesländer in europäischen Vorreiterländern wie Deutschland, Österreich und Niederlanden, erklärte Studien-Koordinator Werner Pramstrahler.
Neben der Aufarbeitung und Sammlung bestehender Daten beschäftigt sich die Publikation deshalb auch mit der Situation und den Arbeitsmarktrezepten in Südtirols Nachbarregionen. Kernstück ist jedoch eine Auftragsstudie des Sozialforschungsinstitutes apollis, für das über 30 qualitative Interviews mit den wichtigsten Akteuren im Bereich Jugendbeschäftigung geführt wurden: mit Vertretern von Jugendverbänden, der Sozialpartner, der Berufsberatung, Arbeitsämtern und Arbeitsvermittlungsstellen sowie der Schulen. „Dabei ging es uns vor allem darum, die Themen herauszufiltern, die für Südtirols Jugendliche auf dem Übergang zum Arbeitsmarkt relevant sind“, so Helmuth Pörnbacher von apollis.
Vieles davon ist keine Überraschung, gibt jedoch einen Überblick über die brennendsten Themen in Bereichen wie Arbeitsmarkt, Ausbildung, Berufswahl oder Berufseinstieg. So beispielsweise das Problem eines nach wie vor verhältnismäßig geringen Bedarfs an Akademikern oder des großen Bedarfs an technischem Personal, ein zu geringer Praxisbezug der Ausbildung oder unzureichende Zweisprachigkeit. In Sachen Berufswahl hob Pörnbacher insbesondere die Problematik hervor, dass Berufsschulen weniger wegen praktischer Neigungen,, sondern vielmehr aus Aversion gegen Leistung gewählt werden. Darüber hinaus ist auch in Südtirol weiterhin ein starkes geschlechtsspezifisches und teils sprachgruppenspezifisches Berufswahlverhalten zu beobachten. Als besonderes Problem wird die vielfach fehlende Übereinstimmung von Angebot und Nachfrage hinsichtlich Qualifikationen empfunden. Allgemein problematisch wird das Thema Prekariat eingeschätzt.
Interessant sind auch einige Empfehlungen der befragten Akteure: Eine davon? Lohnzuschüsse sollten künftig nicht mehr an das Alter gekoppelt werden.