Politica | Raumordnung
„Konnte nicht mitgehen“
Foto: Seehauserfoto
Am vergangenen Freitag (12. Mai) hat der Landtag den Gesetzesentwurf zu den Änderungen am Landesgesetz „Raum und Landschaft“ mehrheitlich genehmigt. Soziallandesrätin Waltraud Deeg stimmte bei der Artikeldebatte gegen einen Änderungsantrag, der im letzten Moment noch „hineingerutscht“ war und den sie, wie sie sagt, nicht mittragen konnte – auch weil er im Vorfeld nicht abgestimmt war. Dabei ging es nicht um die 20-Jahres-Frist für Wohnungen mit Preisbindung, die auf die harsche Kritik von Riccardo Dello Sbarba von den Grünen stieß, sondern um die Streichung einer Passage, die nach Meinung von Deeg von zentraler Bedeutung ist, um „leistbares Wohnen“ in Südtirol zu garantieren.
Am Vormittag hatte die Landesrätin noch über das Konzept der Wohnungen mit Preisbindung gesprochen und über den diesbezüglichen Gesetzestext, der zwischen den beiden Ressorts Raumordnung und Wohnbauförderung ausgearbeitet worden war – in Unkenntnis darüber, dass am Vorabend ein Änderungsantrag von Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer dazu eingegangen ist. Ein kleines Detail am Rande: Riccardo Dello Sbarba wies sichtlich belustigt in seiner Landtagsrede darauf hin, dass er den von Landesrätin Hochgruber Kuenzer eingereichten Änderungsantrag in einem Drucker vorgefunden habe, allerdings mit der Unterschrift von Landeshauptmann Arno Kompatscher versehen.
Wie Landesrätin Deeg auf Nachfrage von Salto.bz erklärte, habe man sich im Vorfeld in über 20 Treffen mit den verschiedenen Stakeholdern des Gemeindenverbandes und den Mitarbeitern des Ressorts Raumordnung ausgetauscht. „Das Ziel lag für mich und meine Mitarbeiter darin, einen Gesetzesartikel zu ‚Wohnung mit Preisbindung‘ zu schaffen, der Klarheit und Rechtssicherheit schaffen sollte“, so Deeg. Nicht nur die Bürger und Bürgerinnen sollten einen klar formulierten Text vor sich haben, sondern auch jene, die damit arbeiten. Genau definierte Spielregeln sollten dabei verhindern, dass Immobilienbesitzer und Gemeindeverwaltung die Preise nach Belieben gestalten können. Die Landesrätin spricht damit den abgeänderten Punkt 3 des Artikels 16 an. War im ursprünglichen Text genau definiert, wie sich der Preis für den Erst- und Weiterverkauf der Wohneinheiten, Garagen, Autoabstellplätze und sonstigem Zubehör zusammensetzt, wurde diese Passage in der neuen Fassung gestrichen. In der ursprünglichen Fassung durfte der Preis „die Immobilienrichtwerte, welche von der Beobachtungsstelle für den Immobilienmarkt der Agentur für Einnahmen (OMI) periodisch erhoben und veröffentlicht werden, nicht übersteigen. Auf diesen Werten ist in der Vereinbarung laut Absatz 4 ein Preisabschlag vorzusehen, der mindestens 10 Prozent betragen muss. Für Gemeinden mit Immobilienrichtwerten, welche mehr als 15 Prozent unter dem Landes- durchschnitt liegen, kann die Vereinbarung vorsehen, dass der Abschlag auf den Landesdurchschnitt berechnet wird. Für Gemeinden mit Immobilienrichtwerten, welche mehr als 30 Prozent über dem Landesdurchschnitt liegen, muss der vorgesehene Abschlag, für den über diesem Prozentsatz liegenden Teil, mindestens 20 Prozent betragen. Für Gemeinden mit Immobilienrichtwerten, welche mehr als 50 Prozent über dem Landesdurchschnitt liegen, muss der vorgesehene Abschlag, für den mehr als 30 Prozent über dem Landesdurchschnitt liegenden Teil, mindestens 20 Prozent betragen, und auf dem mehr als 50 Prozent über dem Landesdurchschnitt liegenden Teil, mindestens 30 Prozent betragen.“
In der neuen Fassung heißt es lediglich: „Die höchstzulässigen Preise für den Erst- und Weiterverkauf der Wohnungen, Garagen und Autoabstellplätze werden mit der von Absatz 6 vorgesehenen Verordnung unter Berücksichtigung des Grundstückswertes, des laut Artikel 19 Absatz 3 abzuziehenden Planungsmehrwertes und der Richtpreisverzeichnisse der Autonomen Provinz Bozen für die Vergabeverfahren von öffentlichen Bauarbeiten festgelegt.“
Es kann doch nicht sein, dass es hier keine Regeln gibt.
„In meiner Rede habe ich einige Beispiele genannt, wie sich die Preise für Wohnungen auf Basis der OMI-Werte zusammensetzen und ich bin überzeugt, dass man die Preisgestaltung nicht den Entscheidungen und Vereinbarungen zwischen Immobilienbesitzern und Gemeinden überlassen darf“, betont Deeg und erklärt, dass es Aufgabe des Gesetzgebers sei, eine Höchstgrenze für Wohnungen mit Preisbindung zu definieren, denn den Südtiroler Bürgern und Bürgerinnen sei nicht vermittelbar, wenn der durchschnittliche Marktpreis schlimmstenfalls sogar überschritten werden kann. Der Verweis auf die OMI-Werte minus eines Abschlages von 10 Prozent bzw. der Erwerb um die Hälfte des Marktpreises wurde vorgesehen, um sicherzustellen, dass sich dies im Preis für die „leistbare Wohnung“ für Herrn und Frau Südtiroler widerspiegelt. „Es kann doch nicht sein, dass es hier keine Regeln gibt“, kommentiert Landesrätin Deeg denn auch die Streichung der genannten Textpassage und erklärt, dass man stattdessen nun einen schwammigen Artikel im Gesetzestext habe, in welchem darauf verwiesen wird, dass die Baukosten mitberücksichtigt werden müssten. „Im Grunde ist es dem Verhandlungsgeschick der Gemeinden, die mitunter sehr hohem Druck ausgesetzt sind, und vor allem jenem der Immobilienbesitzer und Baufirmen überlassen, in der Vereinbarung die Quadratmeterpreise – Preise, die nirgendwo geregelt sind – festzulegen“, erklärt die Soziallandesrätin. Ihre Meinung dazu habe sie in der Fraktion klar deponiert wie auch die Kritik, dass diese Änderung so nicht zwischen den beiden Ressorts Raumordnung und Wohnbauförderung abgesprochen war. „Insofern habe ich erklärt, dass ich hier nicht mitgehen kann.“
Insofern habe ich erklärt, dass ich hier nicht mitgehen kann.
Laut Deeg handle es sich dabei nicht um ein Modell, mit welchem „leistbarer Wohnraum“ geschaffen wird, sondern die Grenzen seien bei der Preisgestaltung nach oben offen. Die Soziallandesrätin befürchtet dabei vor allem, dass es zu sehr unterschiedlichen Vereinbarungen kommen werde. „Natürlich könnte damit auch günstigerer Wohnraum geschaffen werden, aber für viel zu kleine Wohnungen – ein Trend, der am freien Markt zunehmend beobachtet wird“, so Deeg, welche die Bedeutung der Wohnqualität hervorhebt. So achte in den Zonen mit gefördertem Wohnbau die zuständige Abteilung für Wohnbau genau auf die Baustandards. „In Zukunft wird außer der Gemeinde jedoch niemand ein wachsames Auge darauf haben. Die gesamte Verantwortung der Gemeinde zu übertragen, halte ich für nicht zielführend“, so Landesrätin Deeg.
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