Mit der Boeing in die Klimaneutralität
Eigentlich war ich bisher immer der Überzeugung, die Energiewende, also der Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energieträger, geschehe hauptsächlich in Deutschland und einigen weiter entfernteren Staaten. Mir war nicht bewusst, dass es auch in Italien Unternehmen gibt, die ihren Beitrag für eine grünere Zukunft nicht bloß auf das Anbringen von Photovoltaikplatten auf den Dächern ihrer Firmensitze beschränken, sondern sogar neue Möglichkeiten und Wege eröffnen, eines der größten Probleme unserer Gegenwart – die Klimakrise – zu lösen. Da staunte ich nicht schlecht, als ich zum ersten Mal von FRI-EL GreenPower hörte, einem Unternehmen, das sich selbst als „the clean energy company“ betitelt. Windenergieanlagen, Biogas-Erzeugung und Wasserkraftwerke sprechen ohne Zweifel für eine nachhaltige, umwelt- und klimabewusste Haltung des Unternehmens, welches vor über 20 Jahren gegründet worden ist und sich mittlerweile sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene einen Namen gemacht hat. Als wäre diese Überraschung für mich, einen Laien auf diesem Gebiet, der zugibt, kaum Wissen zu energiepolitischen Themen und Verhältnissen in Italien zu haben, nicht schon groß genug gewesen, wurde ich von der Tatsache überrascht, dass ebendieses Unternehmen von den Brüdern Gostner aus Südtirol gegründet wurde. Ein gewisser Regionalstolz ist wohl den meisten Südtirolern zu eigen. Meiner wurde von dieser Tatsache nochmals befeuert; man kann stolz darauf sein, dass andere Südtiroler eine solche Vorreiterrolle in der Energiewende und damit zur Bekämpfung der Klimakrise einnehmen. Die Beschreibung des Leitbildes des Unternehmens beginnt mit einem Zitat Charles Darwins, der behauptet hat, dass alles, was gegen die Natur ist, auf Dauer keinen Bestand habe. Eine Aussage, die alle Menschen während der Klimakrise wachrütteln – oder zumindest warnen sollte: Wenn wir unseren Platz in der Natur nicht akzeptieren und immer weiter gegen sie vorgehen, der Maxime des ewigen Wachstums blind folgend, werden wir auf unserem Planeten nicht bestehen können; sei es auch nur, weil der Planet durch uns nicht weiter bestehen kann. Glücklicherweise gibt es solche Unternehmen, die an morgen denken und eine nachhaltige Zukunft aufbauen wollen. Die Euphorie dauerte eine Weile an, als sich irgendetwas in meinem Hinterkopf meldete und mich zur Vorsicht mahnte: Gab es einen Grund, in diesem Unternehmen etwas anderes zu sehen als das, wofür es sich ausgibt? Ich las mir nochmals die Firmengeschichte durch – nichts Auffälliges. Dann scrollte ich durch das Management-Team – und verstand: Das Unternehmen war sehr wohl das, wofür es sich ausgab; seine Ziele ehrlich, soweit ich das beurteilen konnte. Was mich aber irritiert hatte, war es, den Namen Josef Gostners zu lesen. Natürlich: Als einer der drei Brüder hat er das Unternehmen großgemacht. In den letzten Jahren und insbesondere in den vergangenen Tagen las ich seinen Namen jedoch in einem anderen Kontext. Es ging mal wieder um das leidige Thema des Bozner Flughafens, genauer: um dessen Ausbau. Zurzeit wird nämlich gerade an der Verlängerung der Landebahn gearbeitet, wofür Grünflächen, kleinere Gräben und somit tierische Lebensräume abgetragen bzw. vernichtet werden müssen mit dem Ziel, den Flugverkehr auszubauen und „sicherer“ zu machen – aha. Ein vermeintlich normales Vorgehen. Durch den beherzten Einsatz des Südtiroler Amphibien-Vereins herpeton und einen auf salto.bz veröffentlichten Artikel dazu wurde aber auch ich mir der Problematik dieses Vorgehens bewusst: Zumal es sich bei den von Wasserläufen durchzogenen Wiesen beim Bozner Flughafenareal um den wichtigsten Lebensraum der Wechselkröte in Südtirol handelt – ein Tier, welches von gemeinschaftlichem Interesse für die gesamte EU ist und dadurch streng zu schützen – dürften die momentanen Arbeiten so nicht stattfinden. Die Flughafenbetreiber, neben René Benko und Hans Peter Haselsteiner eben auch Herr Josef Gostner, bauen gerade die Landebahn aus, ohne auf eine nachhaltige Entwicklung des Ökosystems oder überhaupt auf das Klima zu achten. Abgesehen davon, dass es völlig anachronistisch ist, in einen Flughafen zu investieren, obwohl das Flugzeug eines der Transportmittel mit den größten CO2-Emissionen des Planeten ist, will mir einfach nicht einleuchten, warum ein Wirtschaftstreibender, dessen Unternehmen damit wirbt, an die Welt von morgen zu denken, derart perfide das Flughafenprojekt Bozen vorantreibt. Deshalb drängt sich mir, vor allem nach Lesen der Geschichte des Unternehmens FRI-EL GreenPower, die Frage auf: Geht es Herrn Gostner in seinem Unternehmen eigentlich weniger um Nachhaltigkeit als ums Geschäft, sodass beim Flughafen durch das Aufstocken des Flugverkehrs die Umwelt und das Klima völlig außen vor gelassen werden (ganz zu schweigen von den Auswirkungen auf die Bevölkerung)? Also mal wieder die alte, wohlbekannte Masche – Geld regiert die Welt, und leider nicht das angepriesene und beworbene Umweltbewusstsein. Mein anfänglicher Heimatstolz ist mittlerweile Enttäuschung und Zorn gewichen: Im Rahmen eines Lokalaugenscheins in den letzten Tagen erblickte ich nämlich die bereits fortgeschrittene Zerstörung der dortigen Natur. Ist das Erweitern dieses Flughafens also von solcher Wichtigkeit, dass dafür geschützte Tierarten in Südtirol für immer weichen müssen? Wo bleibt der Aufschrei der Südtiroler Bevölkerung, wenn unser Land unter politischer und finanzieller Willkür zu leiden hat? Wo bleibt das Klimaland Südtirol?
Nicht verzagen, Markus! Ein
Nicht verzagen, Markus! Ein gewaltiges Ereignis wurde uns am 23. Juli 2021 von Landeshauptmann und versammelter Landesregierung angekündigt: "Everyday for Future - Gemeinsam für die Nachhaltigkeit" - die Nachhaltigkeitsstrategie der Landesregierung, Südtirols Weg in die Nachhaltigkeit, Südtirol als Modellregion für Nachhaltigkeit in Europa!
Man will es ordentlich krachen lassen für "die Welt unserer Kinder" - ohne jemandem weh zu tun, versteht sich. Wär ja noch schöner!