„Inklusion bleibt leeres Schlagwort“

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In einer Aussendung an die Medien bringt die Südtiroler Vertretung des Coordinamento Nazionale Famiglie con Disabilità (CONFAD Aps) ihre Sorge darüber zum Ausdruck, dass der von ihnen mehrfach genannte Vorschlag, die Vertretung von Familien und Schülern mit Behinderungen in den jeweiligen Landesbeiräten verpflichtend zu machen – der Vorschlag wurde vom Team-K-Abgeordneten Alex Ploner in den Landtag eingebracht – vom I. Gesetzgebungsausschuss abgelehnt wurde. Dies sei eine schwerwiegende Entscheidung, die die Möglichkeiten der Familien einschränke, ihre Standpunkte sowie die Rechte von Menschen mit Behinderungen innerhalb der Schulgemeinschaft zu vertreten. „Also genau dort, wo über Teilhabe, Gleichberechtigung und Integration diskutiert wird“, schreibt der Verein.
Als verletzend betitelt CONFAD außerdem die „besonders unpassenden“ Aussagen der Vorsitzenden des I. Gesetzgebungsausschusses Anna Scarafoni (Fratelli d'Italia), in der Tageszeitung, „Oft meinen Eltern [von behinderten Kindern] in arroganter Weise, mehr Rechte zu haben als andere“. Es handle sich hierbei um einen beleidigenden und menschenunwürdigen Satz einer Vertreterin der Institutionen. Scarafoni stelle die Bemühungen der Familien zur Verteidigung der Grundrechte von Menschen mit Behinderungen infrage und diskreditiere einen Kampf, der von der gesamten schulischen und politischen Gemeinschaft mit Nachdruck und unmissverständlich unterstützt werden sollte, so das Urteil von CONFAD.
„Es ist paradox, dass gerade in einer der reichsten und am weitesten entwickelten Provinzen Italiens die schulische Inklusion weiterhin auf so rückständigen und ineffizienten Kriterien und Maßnahmen basiert.“
Diese Vorfälle seien keine Einzelereignisse, sondern nur die Spitze des Eisbergs eines diskriminierenden und veralteten Schulsystems in der Provinz, das in deutlichem Gegensatz zu der verbesserten nationalen Gesetzgebung stehe. Trotz des Gesetzes 104/92 und der späteren Aktualisierungen, die einklagbare Rechte und konkrete Maßnahmen für die Inklusion garantieren würden, funktioniere das Südtiroler Schulsystem, trotz sekundärer Zuständigkeit seit mehr als zwanzig Jahren außerhalb dieses Gesetzesrahmens, auf der Grundlage eines Landesgesetzes (LG 12/2000), das einen Integrationslehrer für je 100 eingeschriebene Schüler – mit und ohne Behinderung – vorsehe. Während die nationale Gesetzgebung ein Verhältnis von eins zu zwei vorsehe, werde in Südtirol ein Verhältnis von einem Integrationslehrer für sechs bis sieben Schüler mit Behinderungen beibehalten, mit schwerwiegenden und offensichtlichen Auswirkungen auf die schulische und persönliche Entwicklung der Schüler.
Das Ergebnis sei eindeutig: Die Schulzeit von Schülern mit Behinderungen werde nur minimal durch die Anzahl der Stunden der Integrationslehrer abgedeckt, die nicht auf der Grundlage des Bedarfs zugewiesen würden – wie es das nationale Gesetz zur Gewährleistung der didaktischen Entwicklung und der Autonomie vorsehe – sondern auf der Grundlage der Personalausstattung, die den Schulen von den Behörden zur Verfügung gestellt werde. Zu dieser „chronischen“ Unterbesetzung komme noch die diskontinuierliche und unzureichende Zuteilung von Mitarbeiter für Integration, die den verbleibenden erheblichen Teil der Schulzeit abdecken sollten. Es handle sich hier um Arbeitskräfte, die unverzichtbar seien, um den Integrationslehrern zur Seite zu stehen und die Kontinuität des Schulbesuchs für Schüler mit Behinderungen und sonderpädagogischem Förderbedarf zu gewährleisten.
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Zwei weitere Mängel
Ein wesentliches Problem bestehe im fehlenden Update des Gesetzes 7/2015. Dieses Abkommen, das mit Beschluss der Landesregierung Nr. 1056/2013 genehmigt worden sei, habe eine Laufzeit von fünf Jahren mit stillschweigender Verlängerung um weitere drei Jahre gehabt – es sei somit im Jahr 2021 abgelaufen. Daraus ergäben sich sowohl Unsicherheit über seine rechtliche Gültigkeit als auch der Umstand, dass es seit 2018 nicht mehr überarbeitet worden sei – obwohl es gemeinsam vereinbarte Maßnahmen und Ressourcen zwischen Schule, Gesundheitswesen, Sozialdiensten und Gemeinden festlege, um Inklusion zu fördern und Hindernisse für die volle Entfaltung von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf zu beseitigen.
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Probleme bei Ausbildung und Einstellung
Als Problem kennzeichnet CONFAD auch eine wirksame Planung für die Aus- und Weiterbildung sowie die Rekrutierung von Unterstützungspersonal und Integrationshelfern. Diese Lücken sowie die Funktionsstörungen, die sich von Jahr zu Jahr verschärfen würden, beeinträchtigten zwangsläufig die Lernwege hunderter Südtiroler Schüler mit Behinderungen. Die Konsequenzen würden zusätzlich auf den ohnehin stark belasteten Schultern der betroffenen Familien lasten, die dadurch große Schwierigkeiten hätten, Beruf, die Pflege sowie die Betreuung ihrer Kinder zu vereinbaren – Kinder, die sich infolge unzureichender, obwohl gesetzlich vorgesehener Unterstützung, nicht so entwickeln könnten, wie es möglich wäre.
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Appell an die Politik
Angesichts dieser „anhaltenden und umfassenden Stagnation“ appelliert CONFAD Südtirol mit Nachdruck an alle politischen Kräfte, dafür zu sorgen, dass sich die Autonome Provinz Bozen umgehend an die Verfassungsprinzipien sowie an die nationale und internationale Gesetzgebung – insbesondere an die UN-Behindertenrechtskonvention – zur schulischen Inklusion anpasst. Es möge wie eine Selbstverständlichkeit klingen, aber es müsse erneut betont werden: Eine öffentliche Schule könne nur dann bestehen, wenn sie echten gleichberechtigten Zugang, Mitwirkung und Repräsentation für alle gewährleiste.
„Es ist paradox, dass gerade in einer der reichsten und am weitesten entwickelten Provinzen Italiens, in der die Autonomie oft als Modell für Exzellenz dargestellt wird, die schulische Inklusion weiterhin auf so rückständigen und ineffizienten Kriterien und Maßnahmen basiert“, erklärt Simone Abate, Mitglied des nationalen Vorstands von CONFAD und Referent für CONFAD Südtirol. „Die Inklusion von Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen und sonderpädagogischem Förderbedarf darf nicht bloß ein Begriff sein, der auf Kongressen und Tagungen der Landesregierung beschworen wird – sie muss sich in konkreten Handlungen und vollständig garantierten Rechten widerspiegeln. Gemeinsam mit den Familien, die CONFAD Südtirol angehören, werden wir weiterhin die Versäumnisse und Rückstände des Südtiroler Schulsystems anprangern und mit Entschlossenheit für die volle Anerkennung der Rechte von Menschen mit Behinderungen und ihrer Familien kämpfen.“
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