Streit um Autonomie im Veneto
Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Regierungsparteien sind in Rom an der Tagesordnung. Von der Brückensanierung in Genua bis zur flat tax gibt es kaum ein Anliegen, in dem Lega und Fünf-Sterne-Bewegung einer Meinung sind. Schauplatz heftiger Auseinandersetzungen ist derzeit die Region Veneto. Dort pocht der selbsbewusste Lega-Präsident Luca Zaia auf jene Autonomie, für die sich letzten Oktober beim Referendum eine deutliche Mehrheit ausgesprochen hat. Und er besteht darauf, dass der Ministerrat den entsprechenden Beschluss innerhalb 22. Oktober fällt – dem Jahrestag der Volksabstimmung. Zaia fordert die Dezentralisierung aller 23 Sachgebiete, die von der Verfassung gestattet sind. Der Staatssekretär im Regionenministerium, Stefano Buffagni hält dieses Anliegen für unrealistisch: "La richiesta del Veneto di ottenere tutte le 23 materie trasferibili nell'ambito della trattattiva sull'autonomia risulta essere molto irrealizzabile", so der Fünf-Sterne-Vertreter, der als enger Vertrauter Di Maios gilt. Zaia solle seine Forderungen zurückschrauben und denen der Lombardei und Emiliens anpassen, die sich beide mit einer Dezentralisierung von 15 Sachbereichen begnügen
Für den stets streibaren Präsidenten Venetiens eine "unannehmbare Provokation." Im Tauziehen stärkte die aus dem Veneto stammende Lega-Ministerin Erika Stefani Zaia den Rücken: "Nella bozza di intesa stato-regione che intendo portare in consiglio dei ministri entro il 22. ottobre ci saranno tutte le 23 materie chieste dal Veneto, perchè la costituzione lo permette", so die Regionenministerin. Im Zuge der Autonomie-Regelung wird der Staat der Region in Zukunft genau jene Summen überweisen, die er bisher in Venetien ausgegeben hat. Die weitaus höchste entfällt mit 2,3 Milliarden auf das Schulwesen. Der streitbare Staatssekretär Buffagni mach seinem Ärger Luft: "Il Veneto sta forzando molto la mano. Per le grandi reti di trasporto energetico, ad esempio, non ha senso che ci stia l'esclusività della regione." Wie der Streit endet, ist absehbar: mit einem Sieg Zaias. Erika Stefani verweist darauf, dass Neuland beschritten wird: "L'autonomia non è nè facile, nè scontata. E' un processo laborioso, pionieristico. Nessuno ti dice, come si fa, non esiste un manuale d'istruzione."
Die Lombardei und die Emilia-Romagna haben es mit der Autonomie offenbar weniger eilig. Die Verhandlungen sind noch nicht ganz abgeschlossen. 15 Sachbereiche sollen an die Regionen übergehen. Dazu gehören Bildung, Verkehr, Umwelt- und Denkmalschutz, Gesundheitswesen , Aussenhandel und Sport.
Als Fazit ergibt sich ein politisches Kuriosum. Zwei von Lega-Präsidenten regierte Regionen wie Venetien und die Lombardei erhalten zwei unterschiedliche Autonomie-Modelle.
Das entspricht durchaus ihrer historischen Entwicklung. In der Lombardei, Italiens grösster und reichster Region, die über mehr Einwohner und ein höheres Sozialprodukt verfügt als Österreich, waren Sezessionsbestrebungen nie ein Gesprächsthema. Im Veneto hingegen waren sie stets turbulenter Teil der Geschichte. Suum cuique.
Es ist eine verpasste Chance.
Es ist eine verpasste Chance. Es hat wohl auch mit mangelndem Geschick und Mut zu tun, dass Südtirol im Zuge der Abstimmung in Venetien damals nicht seinerseits eine zur Vollautonomie angesetzt hat.
"di ottenere tutte le 23
"di ottenere tutte le 23 materie trasferibili nell'ambito della trattattiva sull'autonomia risulta essere molto irrealizzabile": ja wegen der Ministerien, Staats-Beamten und National-Politiker in Rom und aus keinem anderen sinnvollen Grund für Bürger außerhalb dieses Zirkels. Das auch M5S da bremst, wo fast schon der Lega-Slogan "Roma Ladrona" mit Herrn Grillo Anwendung fand, verwundert doch sehr.