Società | Kommunikation

Weiße Stolpersteine

Eine unregelmäßige Reihe über weiß-privilegierte, rassistische Kommunikation, die man eigentlich nicht unkommentiert stehen lassen kann.
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale dell’autore e non necessariamente quella della redazione di SALTO.

Heute sind gleich zwei Angelegenheiten zu besprechen.

Vor einigen Monaten besuchte ich die Webseite eines großen Südtiroler Hotels. Ich wollte sehen, wie dieses Haus sich selbst darstellt, in dem man - dem Lockdown und geschlossenen Bars und Gaststätten zum Trotz - mit einem einfachen Trick die Gesetzeslage umgehen und im von mir und vielen meiner Freunde geschätzten Ambiente gepflegt Cocktails trinken konnte. Die Bildergalerie auf der Webseite des „kunst- und kultursinnigen Hotels“ zeigt unter anderem eine Reihe von Fotos aus dessen schönem Garten. Ein Gärtner (älterer weißer Herr, mit grüner Gärtnerschürze ausgestattet) schneidet die Rosen. Die Reste, die dabei auf den Boden fallen, darf im folgenden Bild ein junger Schwarzer Mann aufkehren. Er trägt dazu ein Pagenkostüm. Ein weiteres Bild – wäre es nicht hochauflösend und in Farbe, würde man meinen es stamme wie das Hotel selbst vom Beginn des 20. Jahrhunderts – zeigt den Mann beim Putzen eines, ja, wirklich, Elefanten.

Ich kenne die Hintergründe der Entstehung dieser Bildstrecke nicht und gehe mal wohlwollend von unsensibler oder unreflektierter Ignoranz aus. Dennoch sollte die verwendete Bildsprache auch jedem Postkolonialismus-Laien als verletzend übel ins Auge springen.

Noch schwerer nachzuvollziehen ist die ebenfalls so gar nicht zeitgenössisch anmutende Kommunikation eines Programmpunkts des zur Zeit in Südtirol stattfindenden „Festivals für zeitgenössische Kultur“. Dass keine:r im Team über die Themen- und Wortwahl gestolpert ist, ist verwunderlich, wird doch sonst im Programmheft auf gendergerechte Sprache und politische Korrektheit sehr wohl geachtet. Auch im Kampf des Festivals gegen die soeben erlittene Zensur vonseiten eines Socialmedia-Kolosses gibt man sich sehr weltoffen und modern.

Nun sollten aber in einer „Reihe von radikal-zeitgenössischen Aktionen“ die „Zuschauer*innen“ des besagten Programmpunkts als „Cowboys und Apachen“ verkleidet „rituell indianische Tänze“ aufführen und dabei ein „Konzert auf „Leben und Tod““ erfahren dürfen.

Man muss keine Rassismus-Wächterin, Political-Correctness-Polizist oder Expertin kultureller Aneignung sein, um mitbekommen zu haben, dass selbst das sogenannte Indianerkostüm bei Faschingsfeiern heutzutage zumindest kontrovers diskutiert wird (hier ein interessanter Link zum Thema). Nur kurz zur gedanklichen Auffrischung: Der Begriff Indianer beruht auf einem Irrtum Europäischer Segler und infolge der Kolonialherren. Er ist historisch untrennbar mit dem Genozid an jenen Menschen verbunden, die den von uns Amerika genannten Kontinent ursprünglich bewohnten. Die „Cowboys“ und deren Verbündete sorgten hierbei direkt und indirekt für den Tod von Millionen von Menschen.

Dies nun als lustiges Konzert bei dem „so mancher Schuss ertönen kann“ zu inszenieren, liest sich für meinen Geschmack, ja, geschmacklos. 

„Radikal-zeitgenössische“ Rassismuskenner:innen geben häufig folgenden Tipp auf die Frage ob man denn jetzt gar nichts mehr sagen und tun dürfe: Überlegen Sie sich, wie weit es Sie persönlich einschränkt, ein bestimmtes Thema einfach nicht zu besprechen oder auszuleben, wenn Sie spüren, dass dies möglicherweise Menschen verletzt oder ausschließt. Und wählen Sie dann einfach ein anderes Thema.

Im Fall des Konzerts hätte es sicher radikalere und zeitgenössischere Themen gegeben, die ohne Stereotypisierung und kolonialistische Folklorisierung ausgekommen wären.

(alle Zitate stammen von den besprochenen Webseiten)

Bild
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gorgias Sab, 09/18/2021 - 07:57

https://www.youtube.com/watch?v=kh88fVP2FWQ
https://www.youtube.com/watch?v=2ZAkzZuHR7o

Und wer dem Fasching jetzt auch noch einen Bildungsauftrag unterschieben möchte, oder zumindest politische Korrektheit erwartet, den kann man doch nur noch als Realsatire rezipieren. Es gibt auch Nonnen- und Pfarrerkostüme und dass sich die Kirche darüber laut aufgeregt hätte, kann man so auch nicht feststellen.

Am besten Fahren Sie nach Nordamerika und treiben den "native americans" den Gebrauch des Wortes Indianer aus. Das würde bestens zu Ihrer gönnerhaft-bevormundenden Attüde passen.

Man wird Sie dort sicher mit offenen Armen aufnehmen.

Sab, 09/18/2021 - 07:57 Collegamento permanente