Società | Not im Land

„Der Vermieter hat mir den Strom abgestellt“

Gerti Morandell stellt sich wieder in die Öffentlichkeit. Seit zwei Monaten lebt sie mit ihrem Sohn in einer Wohnung ohne Strom, sie kann die Miete nicht mehr bezahlen.

Gerti Morandell ist ratlos, gibt es eine Wohnung in Bozen, die sie sich leisten kann? Seit August 2014 ist ihr Mietvertrag abgelaufen, „ich hab kein Geld eine  neue Wohnung anzumieten, mehr als 200 bis 300 Euro kann ich nicht ausgeben." Seitdem lebt sie ohne Strom, der Vermieter hat ihn abgestellt.

Auf Facebook versucht Morandell der Not in ihrem Leben mit Sarkasmus zu begegnen. Sie postet, zeigt sich mutig, will ihr Beispiel unter die Leute bringen: „Spar und Wohntipps wie man in Bozen gut klarkommt: Wohnen ohne Strom mit einem Kind im Haus“, lesen sich wie folgt:
1.)Kerzenlicht. In diesen 45 Tagen ohne Strom, hab ich mehr Geld für Batterien und Gas ausgegeben, als für Essen.
2.)Campinggaskocher nur auf dem Balkon, man kriegt höllischen Kopfweh wenn er im Haus brennt.
3.) Petroleumlampe auf Balkon, machen zwar gutes Licht Abends/Nachts im Raum, stören aber die Nachbarn, stinkt.
4.) Wäsche waschen? die Münzmaschinen kosten pro Durchgang ca. 9 €. Also nur Bettwäsche waschen. Caritas erlaubt nicht das Waschen in Ihren Einrichtungen für jeden. Unsereinem z.B nicht.

Das Gespräch mit dem Landeshauptmann
Anstatt konkrete Hilfe bekommt Gerti Morandell Unterstützung, die sie aus der Abhängigkeit nicht herausbringt. Familientherapie, Pädagogen, "Tester", umkreisen die kleine Familie, "14.000 Euro" überschlägt die Frau aus Bozen die Kosten für derartige Dienste, "wir brauchen das nicht, das sind unnötige Dienste, die wir vom Sozialsprengel aufgehalst bekommen." Aber was ist mit ihrem alltäglichen Leben? Am 16. Oktober trifft Gerti Morandell Landeshauptmann Arno Kompatscher. Zufällig treffen die beiden aufeinander - auf der Straße. Morandell spricht den Landeshauptmann an, schildert ihren Fall: "Er hat zu mir gesagt: „Das ist dieser Aufbau der Regeln, die aufgestellt wurden. Jetzt aber diese zu umgehen, würde heißen das Gesetz zu brechen.“ Morandell: „Also, der Sprengel oder Assessor ist dafür da, dass solche Probleme nicht zu Stande kommen, doch tun sie es.“ Kompatscher: Wir kommen da momentan nicht mehr raus." Morandell: „Also sind die Gesetze falsch gemacht. Wenn das Amt helfen muss, es aber nicht kann.“ Kompatscher: „Ja.“

Mit einer Leintuch-Aktion ging Gerti Morandell im August dieses Jahres an die Öffentlichkeit. Was kann helfen?

Und die Hilfen?
Keine Mietbehilfe also, keine Sozialwohnung, weil die Gesetze falsch sind? „Sie haben mir gesagt“, erzählt Morandell, „mit 2015 oder 2016 habe ich vielleicht eine Chance in die Rangliste der Sozialwohnungen zu kommen, und die Mietbeihilfe: Momentan würde ich 120 € von 650 miete bekommen. Es zählt ja auch die Größe der Wohnung. Meine hat zu wenig Quadratmeter - nur 30.“ Seit acht Monaten geht Morandell zum Sprengel, zur Provinz, „ich habe versucht ihnen klarzumachen, dass der Mietvertrag im August ausläuft und ich mir keine Privatwohnung leisten kann!“ Reaktion: Null.

Reformierte Beiträge
Morandells Fall ist kein einzelner. Die seit Anfang 2013 geltende Reform des Mietbeitrages bringt viele SüdtirolerInnen finanziell ins Schlittern. Vor allem der Ablauf eines Mietvertrages hat existenzbedrohende Auswirkungen, denn der Mietbeitrag wird dann rigoros gekürzt. Obwohl sich an den Lebensumständen vieler Menschen nichts ändert - ihr Gehalt bleibt gleich, die Lebenshaltungskosten ebenso, die Kinder, die zu versorgen sind gibt es nach wie vor – will sich das Land Kosten sparen. Andrea aus Bruneck ist alleinerziehend, hat zwei Töchter im Mittelschulalter: „Ich habe 300 Euro Mietbeihilfe bekommen. Von heute auf morgen gar nichts mehr. Ich arbeite 75 Prozent, aber so eine Kürzung kann ich nicht verstehen.“  ASGB-Gewerkschafter und Mietexperte Christian Peintner sagte im Juni 2014 zur  Südtiroler Tageszeitung: „Wir hatten allein in den letzten Monaten mit rund hundert Problemfällen zu tun."

Noch mehr Spartipps
Gerti Morandell sucht in Bozen „ein Dach, ein Zimmer, eine Kochmöglichkeit, ein WC. Eine Bleibe für zwei Jahre bis ich in die Rangliste des Wobi komme." Ihre Spartipps gehen weiter:

5.) Die Kernseife geht auch bei kaltem Wasser gut, Geheimtipp: immer Abends alles am Tag Angezogene gleich waschen, sonst häuft sich der Berg schnell
6.) Kind soll/darf am wenigsten mitbekommen, Haussegen immer positiv und mit viel Lachhaften füllen! ganz wichtig!
7.) das Kind waschen: wenn man den Topf mit Warmwasser auf dem Campingkocher auf dem Balkon wärmt, nicht heiss machen! nur warm (das Kind muss sonst warten und bekommt zu kalt, immer spielen und lachen nicht vergessen!)
8.) Tagsüber immer achten das kleine Notebook mit Batterie aufzuladen (Bars und Geschäfte von Ausländern sind viel freundlicher, gestatten einem gerne aufzuladen) und irgendwo wo WLAN ist eine Sendung von "CheckerTobi" oder ähnliches runterladen. Das Kind hat irgendwann Abends die Bücher und Lego satt, und möchte mal 20 Minuten abschalten können.

Wer will glauben?
Was auf Facebook
und nicht allzu selten auch im wahren Leben passiert, ist indes die Anzweiflung der Wahrheit. „Seit wann arbeiten Sie nicht mehr?“, „Warum?“ Diese Fragen muss sich nicht nur Frau Morandell gefallen lassen, Andrea aus Bruneck sagt: „Man kommt schnell in eine Rechtfertigungsrolle rein. Alles wird angezweifelt. Ich muss in der Zwischenzeit bei allen Ansuchen auch die Sparbücher der Kinder angeben. Das Vermögen meiner Mutter. Ja, wenn ich zu ihr gar keinen Kontakt habe, was nützt mir dann, dass sie eine Eigentumswohnung hat?"

Wo sind die Parameter, die bemessen können, was ein Mensch braucht oder nicht? „In jedem anderen Land Europas werden für diese Fälle Sozialwohnungen ohne große Einwände zur Verfügung gestellt", ist sich Morandell sicher. "Wenn das Einkommen jenes ist, das vorliegt, dann ist es so. Euros aus dem Ärmel schütteln kann eine Mutter auch nicht, und sie darum zu verurteilen, ändert auch nicht viel am Resultat.“ Landeshauptmann Arno Kompatscher hat versprochen ihren Fall mit Landesrätin Waltraud Deeg zu besprechen. Morandell gibt sich nüchtern: "Passieren wird nicht viel. Die lassen uns einfach da, und hoffen, dass das Thema abflaut."

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Maria Gerstgrasser Ven, 10/17/2014 - 01:44

Wenn Frau Morandell nun seit Monaten sämtliche fb-Seiten und Gruppen mit ihren Darstellungen und Anschuldigungen flutet, so darf sie das natürlich gerne machen, sollte dann aber auch in Kauf nehmen, dass irgendwann, auch skeptisch, nachgefragt wird, vor allem in Anbetracht dessen, dass sich Frau Morandell immer wieder in Widersprüche verwickelt, auf wichtige Fragen nicht antwortet und auch Hilfeleistungen, wie Sachspenden für das Kind, nicht zu brauchen scheint. Ich denke, es geht nicht um Rechtfertigung, sondern eher um Interesse und den Wunsch nach Klarheit in dem von ihr selbst angerichteten Informationschaos. Und natürlich muss man sich auch private Fragen gefallen lassen, wenn man mit seinem Privatleben so hausieren geht, wie es Frau Morandell tut. Leider wird nie klar, wie Frau Morandell in diese prekäre Lage gekommen ist, denn auch das spielt eine Rolle, wie mit ihren Forderungen, Anschuldigungen und Schilderungen umgegangen wird. Hier möchte ich nicht zuletzt ihr Kind erwähnen, welches unter gegebenen Umständen bestimmt schon genug leidet, nun aber auch noch mit der offensiven Öffentlichkeitsarbeit der Mutter umgehe muss.

Ven, 10/17/2014 - 01:44 Collegamento permanente