Arno denkt noch mal
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Politica | Fritto Misto

Denk nochmal, Arno!

Die Abschaffung der wöchentlichen Pressekonferenz der Landesregierung ist eine Fehlentscheidung. Bitte korrigieren, zeitnah.
  • Der Landeshauptmann versteht die Aufregung nicht: Da gehen Journalisten auf die Barrikaden, bloß weil die Pressekonferenz im Anschluss an die wöchentliche Sitzung der Landesregierung nicht mehr abgehalten werden soll. Dabei, so Kompatscher, hielt sich das Interesse daran eh in Grenzen. Sei das andernorts gar nicht üblich. Und könne man jederzeit telefonisch bei ihm oder einem anderen Mitglied der Landesregierung um ein Interview anfragen, das zeitnah gewährt würde, meistens jedenfalls. Überhaupt würde man ja in Zukunft mit Presseaussendungen, Grafiken und Videos (!) bedacht, die man stattdessen verwenden könne. Man solle sich generell nicht so anstellen, das klingt mit im Interview, das er dazu der Neuen Südtiroler Tageszeitung gegeben hat. 

    Man weiß gar nicht, wo man anfangen soll. Bei der irrigen Annahme, eine Pressekonferenz sei wie ein Rockkonzert, dessen Erfolg sich an Enthusiasmus und Anzahl des anwesenden Publikums bemesse („nicht gerade überwältigend“)? Die Pressekonferenz ist eine Dienstleistung an der Bevölkerung, die mittels der Journalistinnen und Journalisten von den gewählten Volksvertretern über Beschlüsse Auskunft erhält. Da spielt es keine Rolle, ob wenig Medienvertreter da sitzen oder viele, ob sie fröhliche Fragen stellen oder unangenehme, ob die Landesregierung die Pressekonferenz für nötig hält oder nicht. Es ist ein Dienst an den Wählerinnen und Wählern, die die Fragestunde übrigens bisher bequem per Livestream mitverfolgen konnten – auch diese Möglichkeit fällt mit der Abschaffung natürlich weg.     

     

    Den Mitgliedern der Landesregierung ist es offenbar zunehmend lästig und zur Zeitverschwendung geworden, sich den Fragen der Journalisten zu stellen.

     

    Dass es anderswo anders gehandhabt wird, mag sein. Tatsache ist aber, es wurde hier bislang auf diese Art und Weise gemacht. Und es gibt keinen ersichtlichen Grund das zu ändern, außer dem, dass es den Mitgliedern der Landesregierung offenbar zunehmend lästig und zur Zeitverschwendung geworden ist, sich den Fragen der Journalisten zu stellen. Spätestens bei der Aufregung im Medienlager nach Verkündigung des Aus hätte Kompatscher die Entscheidung zurücknehmen müssen, weil klar wurde, dass die Pressekonferenz für die andere Seite sehr wohl große Wichtigkeit hatte. Da war keine Erleichterung, von einem faden Spektakel befreit zu werden, sondern große Sorge um Transparenz und das Recht auf Information. Selbst fabrizierte Meldungen und Videoclips können ein kritisches Nachfragen niemals ersetzen. Sind die Clips zudem von Qualität und Niveau, wie man sie derzeit bei Mehrheitspolitikerinnen und -politikern in die Timeline gespült bekommt, überfällt einen das kalte Grausen. Erklärt Ulli Mair demnächst in Sketchform mit lustiger Hintergrundmusik die Wohnreform? Lässt uns dann der Landeshauptmann mit Cartoon-Filter wissen, wieso das mit der A22 nicht geklappt hat?    

     

    Es macht einen großen Unterschied, ob ich jemanden um ein Interview bitten muss oder ob dieser Jemand von sich aus bereitsteht, um gefragt zu werden.

     

    Der Verweis darauf, dass man doch jederzeit ein Interview haben könne, kann denn auch gar nicht stimmen. Zum einen haben nicht alle Journalistinnen und Journalisten telefonischen Zugang zu den Mitgliedern der Landesregierung, zum anderen hoffe ich doch sehr, dass letztere auch noch anderes zu tun haben, als laufend Auskunft zu geben. Denn wo es bei der Pressekonferenz die Gelegenheit für alle gab, nachzufragen und es genügte, Sachverhalte einmal für alle zu erklären, wird man in Zukunft gezwungen sein, durchzuklingeln und zu hoffen, dass die Angerufenen Lust und Laune haben, ein Statement, das sie zuvor schon zig anderen Anrufern gegeben haben, nochmal zu wiederholen. Muss doch um Welten lästiger sein, als sich einmal hinzustellen und die Sache abzuhaken. Vom großen Unterschied, den es macht, ob ich jemanden um ein Interview bitten muss oder ob dieser Jemand von sich aus bereitsteht, um gefragt zu werden, mal ganz abgesehen. In welchem Setting den Medien mehr Wertschätzung entgegengebracht wird, braucht man wohl nicht erklären. 

    Deshalb, verehrter Landeshauptmann, lassen Sie sich das Ganze nochmal durch den Kopf gehen. Wir schauen auch öfter mal vorbei, versprochen. Vielleicht gibt’s sogar hin und wieder eine fröhliche Frage. Aber wenn Sie Respekt für unsere Arbeit haben und sich ihrer Relevanz bewusst sind, dann geben sie uns und damit der Bevölkerung die Pressekonferenz zurück.  

    Die Clips dürft ihr ja trotzdem schicken.