Politica | Bildungssystem

Gehälter der Staatslehrpersonen

Die staatlichen Lehrpersonen in Südtirol arbeiten unter unfairen Bedingungen. Die Probleme sind strukturell, rechtlich heikel und politisch brisant – und sie gefährden die Zukunft unseres Bildungssystems
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale dell’autore e non necessariamente quella della redazione di SALTO.
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Foto: LPA
    1. Seit 1998 Reallohnverlust – ein Systemversagen

    Seit einem Vierteljahrhundert gab es für Staatslehrer:innen keine substanzielle Gehaltserhöhung. Das Streikrecht ist in Italien stark eingeschränkt (Legge 146/1990), Arbeitsniederlegungen bringen kaum Druck, weil der Gehaltsabzug jede Wirkung verpuffen lässt.
    Die Folge: Trotz mehrerer Streiks blieb die Landesregierung unbeeindruckt.
    Als Konsequenz setzen die Lehrpersonen seit September 2025 sämtliche unterrichtsbegleitenden Veranstaltungen (UBV) aus – ein rechtlich zulässiger Schritt, da UBV nicht verpflichtend im Kollektivvertrag stehen.

    2. UBV: Pädagogisch wertvoll, rechtlich riskant

    UBV wie Exkursionen sind beliebt, aber für Lehrkräfte ein Haftungsrisiko:

    • Keine Haftpflichtdeckung bei grober Fahrlässigkeit
    • Vergütung derzeit: nur ab der 4. Stunde und außerhalb der Gemeindegrenze: 2,8€/Stunde
    • Persönliche Haftung bei Unfällen – mehrere Verfahren laufen bereits
      Das widerspricht der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers (Art. 2087 c.c.) und dem Arbeitsschutzgesetz (D.lgs. 81/2008).
      Solange keine klare Absicherung besteht, ist die Aussetzung nicht nur legitim, sondern arbeitsrechtlich geboten.

    3. Der „Letter of Intent“ – verfassungsrechtlich bedenklich

    Die Landesregierung knüpft Verhandlungen an die Bedingung, dass alle Protestmaßnahmen beendet werden. Das verletzt Grundrechte:

    • Art. 39 Cost. – Gewerkschaftsfreiheit
    • Art. 40 Cost. – Streikrecht
    • Art. 28 Statuto dei Lavoratori – Verbot gewerkschaftsfeindlicher Maßnahmen
      Juristische Kommentare sehen hier sogar Nähe zu Art. 317 c.p. (concussione) – institutionalisierte Erpressung.

    4. Ungleichbehandlung: Landes- vs. Staatslehrpersonen

    Die Differenz der Abfertigung beträgt bis zu 150.000 €.
    Dabei sind Qualifikation und Verantwortung vergleichbar.
     

    Das verletzt:

    • Art. 3 Cost. – Gleichheit vor dem Gesetz
    • Art. 36 Cost. – Recht auf angemessenen Lohn
    • EU-Richtlinie 2000/78/EG – Diskriminierungsverbot
      Die Provinz hätte die Kompetenz zur Angleichung – nutzt sie aber seit 1998 nicht.