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„Wir pfeifen nicht aus dem letzen Loch“

Es ist ein offenes Geheimnis, dass die SVP auf einem Schuldenberg sitzt. Abhilfe könnte eine öffentliche Parteienfinanzierung schaffen. Das, so Partei-Obmann Dieter Steger, würde nicht nur der Edelweiß-Partei zugute kommen, sondern der Demokratie insgesamt.
Dieter Steger
Foto: Seehauserfoto
  • SALTO: Herr Steger, Sie möchten die öffentliche Parteienfinanzierung wiedereinführen. Wie geht es der SVP finanziell?

    Dieter Steger: Momentan ist die Situation nicht mehr so bedenklich. Aber ich kenne die Zahlen und weiß, dass man als Partei auch wirtschaftlich denken muss. Wenn man seinen eigenen Laden nicht im Griff hat, braucht man nicht zu glauben, dass man anderen irgendwelche Ratschläge erteilen kann, beispielsweise wie man einen Haushalt auf die Beine stellt. Ich möchte es so weit bringen, dass meine Nachfolger ihrer politischen Arbeit nachgehen können. Heute werden sämtliche Einnahmen für die Schuldentilgung verwendet, obwohl wir diese mittlerweile senken konnten – mein Vorgänger Philipp Achammer hat hier bereits viel geleistet. Aber schuldenfrei sind wir noch nicht und ich möchte, dass wir in Zukunft deswegen keinen Druck mehr verspüren.

    Wegen der Schulden steht ja auch der Verkauf des Partei-Sitzes zur Diskussion.

    Es ist nicht so, dass wir aus dem letzten Loch pfeifen, wir werden es schaffen, aber ich möchte das Geld lieber in unsere Arbeit investieren. Natürlich wäre es eine große Entlastung, wenn wir diese Immobilie gewinnbringend verkaufen könnten, aber das ist noch nicht entschieden. Wir werden verkaufen, wenn wir jene Summe bekommen, die dem Wert der Immobilie entspricht. Aber die Situation ist nicht so, dass wir auf Druck verkaufen müssen – wir werden in den kommenden zwei Jahren halt nicht jene Arbeit machen können, die wir gerne machen würden.

  • SVP-Sitz in der Brennerstraße: Die Volkspartei möchte verkaufen, aber nur, wenn der Preis stimmt. Foto: Othmar Seehauser
  • Sehen Sie eine Möglichkeit, hinsichtlich der Parteienfinanzierung eine entsprechende Gesetzesänderung noch vor den nächsten Landtagswahlen umzusetzen?

    Das hängt im Wesentlichen davon ab, ob dieses Anliegen von den verschiedenen Fraktionen des Regionalrates geteilt wird. In Südtirol, so habe ich zumindest den Eindruck, sieht die eine oder andere Oppositionspartei das Problem ähnlich wie wir. Und zwar deshalb, weil es nicht darum geht, die Südtiroler Volkspartei zu stärken, sondern darum, die Demokratie nicht zu schwächen. Wenn die Parteitätigkeit nicht ausgeführt werden kann, weil das Geld beispielsweise für Umfragen fehlt, dann weiß man ja nicht, wo man steht. Die Parteien in Österreich und Deutschland haben hier ganz andere Möglichkeiten zur Verfügung. Wir müssen sicherstellen, dass sich die demokratischen Prozesse durchsetzen und nicht einige wenige die wichtigen Entscheidungen treffen. Insofern ist es mir lieber, wenn wir eine vernünftige öffentliche Parteienfinanzierung haben. Man muss dazu auch nichts erfinden – entsprechende Modelle gibt es bereits Tirol, Vorarlberg und anderen Ländern bzw. Regionen.

     

    „Wir müssen sicherstellen, dass sich die demokratischen Prozesse durchsetzen und nicht einige wenige die wichtigen Entscheidungen treffen.“

     

    Einmischung von außen verhindern durch öffentliche Parteienfinanzierung?

    Die einzigen Parteien, die nicht auf diese Form der Finanzierung angewiesen sind, sind die extremen. Wenn man nur einfache Antworten bietet, dann ist es sehr einfach, Zustimmung dafür zu erhalten.

    In Deutschland gibt es Parteienfinanzierung, trotzdem kommt es zu Skandalen wie Cum-Ex und den Verstrickungen von Kanzler Olaf Scholz oder Wirtschaftsminister Habecks umstrittener Staatssekretär Patrick Graichen.

    Es wird immer Leute geben, die sich nicht korrekt verhalten. Aber man kann das Risiko minimieren, wenn man die Partei in die Lage versetzt, vernünftig zu arbeiten. Wenn man aber intern nicht in der Lage ist, eine Struktur aufzubauen und Kernaufgaben nicht erfüllen kann – in unserem Kommunikationsbüro muss eine Person sämtliche Arbeiten übernehmen – dann wird es schwierig.

     

    „Ich muss als Partei kein Geld verdienen, aber ich muss sicherstellen, dass wir arbeiten können.“

     

    Soll damit auch jenen eine Kandidatur für die SVP ermöglicht werden, die es sich eigentlich nicht leisten können – Stichwort Eigenleistung?

    Natürlich geht es auch darum. Wie sollen wir sonst einen vernünftigen Wahlkampf machen bzw. junge Menschen oder auch Senioren, die die finanziellen Mittel nicht haben, dazu motivieren, bei uns mitzumachen. Für jeden Kandidaten geben wir im Durchschnitt 30.000 bis 40.000 Euro aus – das kann sich nicht jeder leisten. Wenn wir aber die Möglichkeit haben, so wie es früher war, einen Partei-Wahlkampf zu führen, dann ist dieses Problem gelöst. Es ist ein wesentlich sozialerer Wahlkampf, wenn man Kandidaten aus allen sozialen Spektren in seinen Reihen hat. Die hohe finanzielle Eigenleistung ist der wahre Grund, weshalb sich so wenige Kandidaten finden – auch wenn das kaum jemand zugeben wird. Aber auch die Partei-Struktur selbst leidet unter diesem Finanzierungs-System. Vor 20 Jahren waren wir eine schlagkräftige Truppe, heute muss Landessekretär Martin Pircher beinahe alles im Alleingang machen – bei 290 Ortsgruppen. Und natürlich sind die Funktionäre verärgert, wenn wir sie nicht unterstützen können – nicht einmal, wenn es bei Veranstaltungen um solche Sachen wie ein kleines Buffet geht: Das muss alles privat gestemmt werden. Das sind die kleinen Dinge, die es erschweren, motivierte Leute zu finden, die in die Politik einsteigen möchten. Ich muss als Partei kein Geld verdienen, aber ich muss sicherstellen, dass wir arbeiten können. Ich habe erkannt, dass wir so, wie die Situation derzeit ist, den Job nicht so machen können, wie wir ihn gerne machen würden. Und ich bin mir sicher, dass die anderen Parteien vor dem gleichen Problem stehen.    

  • Herausforderungen und Chancen im Jahr 2025

    Am Sitz der SVP fanden sich heute (17. Januar) Landeshauptmann Arno Kompatscher, Partei-Obmann Dieter Steger sowie die beiden Landeshauptmann-Stellvertreter Rosmarie Pamer und Daniel Alfreider ein, um einen Ausblick über die strategischen und politischen Prioritäten für das kommende Jahr zu geben. Landeshauptmann Arno Kompatscher blickte auf ein Jahr Landesregierung zurück. Er hob insbesondere die Fortschritte in den Autonomieverhandlungen hervor, die weiterhin von zentraler Bedeutung für Südtirol sind. „Die Autonomie ist und bleibt das Fundament unserer politischen Arbeit. Unser Ziel ist es, sie weiterzuentwickeln und an die Herausforderungen unserer Zeit anzupassen.“ Neben der Autonomiearbeit legte Kompatscher einen Schwerpunkt auf die Themen Wohnen und Löhne. „Die Sicherung von leistbarem Wohnraum und faire Löhne für die Menschen in Südtirol sind zentrale Anliegen, die wir weiterhin mit Nachdruck verfolgen.“ Obmann Dieter Steger wünschte sich mehr Südtirol und weniger Ideologie. Gleich mehrmals betonte er in seiner Rede, dass er sich Sorgen um die Demokratie mache. Grund dafür ist das derzeitige System der Parteienfinanzierung, das es zulasse, dass einzelne Personen und Personengruppen zu Entscheidungsträgern werden. Steger warnte vor einer zunehmenden Polarisierung in der politischen Landschaft und plädierte für Pragmatismus und eine gesunde „Äquidistanz“ zu den Regierungen in Rom. Der Obmann, der sich mehr Schlagkraft für seine Truppe wünschte, kündigte zudem einen internen Diskussionsprozess an, um die Kernpositionen der Partei zu schärfen.

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Peter Gasser Sab, 01/18/2025 - 08:13

Zitat: “Wenn die Parteitätigkeit nicht ausgeführt werden kann, weil das Geld beispielsweise für Umfragen fehlt, dann weiß man ja nicht, wo man steht”:

Wer die Logik dieses Satzes versteht, ist begnadet.

Vom Sinn gar nicht zu sprechen...

Sab, 01/18/2025 - 08:13 Collegamento permanente