Politica | Auslandsreise

Durnwalder als arabischer Hoffnungsträger

Erst in der Ferne merkt man, was man zu Hause hat. Das gilt auch für die Delegation um Landeshauptmann Luis Durnwalder, die in Israel arabischen Palästinensern das Südtiroler Autonomiemodell näherbringen.

Wenn der Bürgermeister von Nazareth, Ramiz Jaraisy spricht, klingt für Südtiroler Ohren vieles vertraut: das Recht auf die Verwendung der eigenen Sprache, die Bewahrung der eigenen Kultur, die Autonomie der Schule, der fehlende Proporz bei öffentlichen Stellen in lokalen Verwaltung.

Es sind Eindrücke einer besonderen Reise, die Alberto Stenico hier mit seinen Worten beschreibt. Denn im Norden Israels, im Gebiet von Galiläa, erlebt eine Südtiroler Delegation unter Landeshauptmann Luis Durnwalder derzeit, wie luxuriös das eigene Minderheitendasein tatsächlich ist. Ihr Spiegelbild? Die arabischen  Palästinenser, die mit derzeit rund 1,3 Millionen Menschen knapp 20 Prozent der israelischen Bevölkerung ausmachen. „In dem Gebiet, in dem wir uns derzeit aufhalten, stellen sie aber vielfach bis zu 80 Prozent der Einwohner“, erklärte der Landeshauptmann heute nach seinem Treffen mit dem Bürgermeister von Nazareth. „Hier würde das Südtiroler Modell also sehr gut passen.“

Tatsächlich sind die Südtiroler derzeit gewissermaßen als arabische Hoffnungsträger unterwegs. Ziel der Reise, an der neben Durnwalder und Legacoop-Vertreter Alberto Stenico auch Eurac-Präsident Werner Stuflesser oder Heiner Nicolussi Leck vom Beirat für Entwicklungszusammenarbeit teilnehmen, ist es in diesen Tagen den Südtiroler Minderheitenschutz vorzustellen und zumindest die Hoffnung auf ein friedliches Zusammenleben der Sprachgruppen zu säen. Die Basis dafür wurde bereits 2008 und 2010 mit dem Besuch arabisch-israelischer Delegationen in Südtirol gelegt, die auf der Zusammenarbeit mit dem Centro per la Pace in Medio Oriente (CIPMO ) sowie der Europäischen Akademie beruhten. Nun, vor Ort, können sich die Südtiroler ein konkretes Bild von den Problemen der Palästinenser machen.

Viele Parallelen

So auch beim heutigen Zusammentreffen mit dem langjährigen Nazarener  Bürgermeister Ramiz Jaraisy von der säkularen Partei Al-Jabha, die sowohl Christen als auch Moslems zu ihren Mitgliedern zählt. „Ich habe den Eindruck, dass er sehr genau weiß, was er möchte“, sagt Durnwalder. Eine Anerkennung der arabischen Minderheit durch den israelischen Staat, die Schaffung einer Grundlage, die es den Palästeninensern ermöglicht, hier eine echte Heimat zu haben, die  wirtschaftliche Entwicklung ermöglicht und somit eine Abwanderung stoppt.  „Es gibt hier viele ähnliche Grundproblematiken wie in Südtirol“, so Durnwalder. „Nur dass wir sie zum Teil oder auch gänzlich gelöst haben, während die Araber hier alles noch erkämpfen müssen.“ Das sei umso schwieriger, als der Minderheitenschutz im israelische Staat angesichts der aktuellen Lagen kein Thema sei.  

Zumindest im Kleinen will die Südtiroler Delegation Unterstützung bieten. Über die Eurac soll der akademische und fachliche Austausch über Minderheitenschutz weiter am Leben erhalten werden. Erörtert wurde auch eine verstärkte Zusammenarbeit auf kultureller sowie wirtschaftlicher Ebene, bei der die Entwicklung von Genossenschaftsbanken und Sozialgenossenschaften im Vordergrund steht. Außerdem sollen über das Nazareth Academic Institute kulturelle und wissenschaftliche Projekte zwischen den beiden Regionen vorangebracht werden und eine Zusammenarbeit im Tourismus angepeilt werden.

„Natürlich kann unser Modell nicht eins zu  eins übertragen werden“, meint Durnwalder. „Aber die wichtigste Botschaft, die wir für die Araber haben, ist: Es gibt Hoffnung und es bestehen Möglichkeiten, als anderssprachige Gruppe in einem Staatsgebiet leben zu können.“