Politica | Kulturgesetz

Unter Dach und Fach

Nach knapp 60 Jahren hat Südtirol ein neues Kulturgesetz. Landesrat Philipp Achammer: "Die kulturellen Ausdrucksformen sollen sich in Freiheit entwickeln."

Bis kurz vor 20 Uhr diskutierte der Landtag am Donnerstag Abend über das Landeskulturgesetz. Nach einer lebhaften Debatte wurde der Entwurf schließlich mit 16 Ja, 9 Nein und 6 Enthaltungen genehmigt.

Einige erste Male

Angenommen wurden unter anderem der Abänderungsantrag von Andreas Pöder, der vorsieht, explizit die Jugendkultur im Gesetz zu erwähnen. Der Abgeordnete der Bürgerunion zeigte sich erfreut. “Die Kinder- und Jugendkultur ist jetzt erstmals Bestandteil des Südtiroler Kulturgesetzes.” Auch einige Anträge der Grünen hieß der Landtag gut. Darunter die Präzisierung der mehrjährigen Förderung von Kulturinitiativen. Mit dem neuen Gesetz wird es nun erstmals seit knapp sechzig Jahren möglich sein, Förderungen für bis zu drei aufeinanderfolgende Jahre zu erhalten. Weiters hatten die Grünen die Liberalisierung in der Handhabung der Urheberrechte gefordert. Der Landtag sprach sich dafür aus, dass sich die Landesregierung in Rom für die Abschaffung der geltenden SIAE-Bestimmungen einsetzen wird. Darüber hinaus soll die Möglichkeit ausgelotet werden, eine Art “Landes-SIAE” zum Schutz der Urheberrechte einzuführen.

Zum ersten Mal überhaupt sieht der verabschiedete Gesetzestext vor, dass sich die drei Kulturbeiräte regelmäßig zusammen setzen. Als Landeskulturbeirat sollen die drei Organe die Landesregierung bei der gemeinsamen kulturpolitischen Ausrichtungen beraten. “Bisher gab es keinerlei Begegnungen zwischen den Kulturabteilungen”, so Landesrat Philipp Achammer im Morgengespräch der Rai Südtirol. Für ihn ist diese Neuerung eine “ganz, ganz wichtige Initiative”.


Kultur mit und für alle

Neben der Förderung der kulturellen Entwicklung aller drei Sprachgruppen soll außerdem die Vernetzung und der Austausch mit den betreffenden Kulturräumen sowie anderen europäischen Regionen gestärkt werden. Während der Erklärungen zur Sitimmabgabe bedauerte Sven Knoll, dass im neuen Kulturgesetz nie die Worte ‘Tirol’ oder ‘Europaregion Tirol’ erwähnt werden. “Die SVP ist nicht bereit, sich auf die eigene Tiroler Identität zu besinnen. Ich schäme mich für meine eigenen Landsleute”, schreibt Knoll in einer Aussendung. Dieter Steger erinnerte ihn daran, dass es zwischen den drei Ländern der Europaregion eine Kulturvereinbarung gebe. Diese enthalte sowohl Förderungen als auch die Vernetzung und Ausweitung von Initiativen und länderübergreifenden Projekten. “Der Weg in Richtung Europaregion wird die Strategie der nächsten Jahre sein”, bekräftigte der SVP-Fraktionsvorsitzende.

Kritik an der Erwähnung der “kulturellen Minderheiten” im Gesetz kam vom Freiheitlichen Pius Leitner. “Damit werden auch fremde Kulturen eingeschlossen”, so Leitners Wortmeldung. Eine Antwort kam von Martha Stocker: “Durch die Formulierung ‘kulturelle Minderheit’ ist auch das Ethnische hineingenommen worden, das für ‘sprachlich und kulturell’ steht.”


Gemeinden zukünftig autonomer, Landtag in Sommerferien

“Der Gesetzestext unterstreicht, dass sich die kulturellen Ausdrucksformen in Freiheit entwickeln sollen”, so die Worte von Landesrat Achammer. “Außerdem wird das Prinzip der Subsidiarität festgelegt. Das heißt, dass sich das Land nur in Ausnahmefällen direkt in die Kulturtätigkeit einbringen wird. Damit werden die Voraussetzungen für ein vielfältiges und reges Kulturleben geschaffen.”

Weitere wichtige Neuerungen betreffen etwa die Möglichkeit der direkten Verlagsförderung für Publikationen und Übersetzungen mit besonderem Südtirolbezug sowie die Film- und Medienförderung für Produktionen mit einem kulturellen und dokumentarischen Wert. In Zukunft werden auch Produktionsgesellschaften und junge Filmschaffende Anspruch auf Fördermittel haben.

Nachdem das Kulturgesetz am Donnerstag Abend verabschiedet wurde, starteten die Abgeordneten in die Sommerpause. Der Landtag wird erst wieder im September zusammentreten.